Mannheim Theaterfestival „Schwindelfrei“: Facettenreicher Mix

Initiatoren, Regisseure und Darsteller unter sich: die Macher des Theaterfestivals „Schwindelfrei“ freuen sich auf die Inszenier
Initiatoren, Regisseure und Darsteller unter sich: die Macher des Theaterfestivals »Schwindelfrei« freuen sich auf die Inszenierungen und Begegnungen mit dem Publikum.

Ein ausdruckstarker Tanz zum Klimawandel, ein Grimm’sches Märchen als Theater für Erwachsene, ein Audio-Walk mit akrobatischen Klettereinlagen zur Neuentdeckung des öffentlichen Raums. Vom 7. bis 10. Juli lädt das Theaterfestival „Schwindelfrei“ zu insgesamt 26 Veranstaltungen an sechs verschiedenen Orten ein.

Geboten wird ein facettenreicher Mix aus Tanz, Sprechtheater, Musik, Performance und Neuem Zirkus. Vor allem aber der Dialog, der Austausch zwischen Künstlern und Publikum, steht nach den Erfahrungen von zwei Jahren Pandemie im Vordergrund.

„Es wird keine Kunst um der Kunst Willen“, verspricht Kurator Dirk Förster. Erst seit einem dreiviertel Jahr weilt der Leipziger Theaterwissenschaftler in Mannheim – und zeigt sich von der freien Künstlerszene der Quadratestadt und der Region sehr angetan. Die „kleinen Häuser“, wie das Theaterhaus G7, das Eintanzhaus, das Theater Felina-Areal oder das Zeitraumexit ziehen bei dem biennal im Zwei-Jahres-Turnus stattfindenden Festival an einem Strang. 2009 vom Kulturamt zur Förderung der freien Theaterszene ins Leben gerufen, steht das „Schwindelfrei“-Festival für Freiräume und Experimentierfreude, für das Zusammenspiel kreativer Künstler und Kultureinrichtungen, verbunden mit dem entsprechenden Mut zum Risiko.

Alte Inszenierungen im neuen Gewand

Doch das „Berufsrisiko“ haben die Künstler in den vergangene zwei Jahren mit Lockdown und Co. sehr deutlich am eigenen Leib erfahren müssen. „Daher geht das Konzept diesmal stark auf die Bedarfe der Künstler aus der freien Szene ein. Ihre Stärke, Lebendigkeit und Vielfalt soll zum Ausdruck gebracht werden“, erklärt Kulturbürgermeister Michael Grötsch. Nicole Libnau, die Leiterin des Theaterfestivals, versteht die nunmehr achte Auflage als „Präsentationsplattform“, die Genres und Handschriften sichtbar - und auch Wiederholungen zulässt. Mit „Re-Cover“ (eine intensive und individuell zu gestaltende Begegnung zwischen Tänzern und Zuhörern) und „Lautsprecher*innen“ (eine audiovisuelle Suche nach der eigenen Stimme) werden Inszenierungen aus vergangenen Schwindelfrei-Tagen im neuen Gewand präsentiert.

Auch in der Kunstwelt eine gewisse Nachhaltigkeit schaffen, sodass Stücke nicht wieder spurlos verschwinden, ist eines der Anliegen. Aber auch, die Zugänge zu erleichtern. Mit der Gründung eines Beirates hat sich das Schwindelfrei-Team selbst gescannt und Strukturen hinterfragt. „Wir wollen Barrieren abbauen, zum Beispiel haben wir die Website nun auch in ,leichter Sprache’ verfasst“, erläutert Libnau. Die Eröffnung am Donnerstag, 7. Juli, auf dem Vorplatz des Eintanzhauses wird in Gebärdensprache übersetzt, im G7-Theaterhaus eine induktive Höranlage aufgebaut.

Einblicke hinter die Kulissen

Auch ein Einblick in die künstlerische Arbeit, in die Prozesse hinter der Bühne soll gegeben werden. „Sodass der Zuschauer nicht nur eine abgeschlossene Zaubermaschine sieht, sondern auch die Arbeit, die dahinter steckt. Wie kommt es von der Idee zur Umsetzung?“, verrät Förster. Im Corona-Sommer 2020 war das so eine Sache. Gefühlt eine Handvoll Festivalformate mussten geplant und wieder verworfen werden. „Auch jetzt sind wir in einer Phase der Unsicherheit gestartet, nun aber steht die Lust und Begeisterung im Vordergrund, ein gemeinsames Festivalerlebnis zu feiern und zu teilen. Das ist schließlich eine Erfahrung, die in der Pandemie gefehlt hat“, betont der Kurator. Ein geteiltes Miteinander von Publikum, Künstlern und Festivalteam streben die Schwindelfrei-Macher an, und laden deshalb zu Tischgesprächen, kostenlosen Konzerten, Filmvorführungen, Ortsbegegnungen und Partys als Rahmenprogramm ein.

Und doch taucht auch die Pandemie in den Werken auf: Die Heidelberger Tänzerin Lisa Bless entwarf während der Lockdowns mit einem indischen Tänzer das post-apokalyptische Stück „Oxy-Gen“. Nun wird es vom virtuellen Raum auf die reale Bühne gehoben. Das Heidelberger Wandertheater „Carnivore“ nähert sich mit der Inszenierung des Märchens „Von einem der auszog, das Fürchten zu lernen“ der Angst, während sich die Akrobatin Eliska Brtnicka aus Prag ganz angst- beziehungsweise schwindelfrei dem Thema Sicherheit nähert, und die Zuschauer beim Audio-Walk „Hang Out“ mit auf eine zirkusreife Reise durch Mannheim nimmt.

Austausch zwischen Künstlern und Publikum

Es kommt also fast zwangsläufig zu vielen Begegnungen, zum Austausch zwischen Künstlern und Publikum, die den Darstellern gerade auf den kleinen Bühnen oftmals sehr nahe kommen. Genau das macht für Kurator Dirk Förster den Reiz der kleinen Spielstätten aus. „Das Theater ist ein Ort des Dialogs. Gerade die kleinen Häuser sind wichtig. Sie sind wandlungsfähig, offen, man muss sich nicht extra schick anziehen. Jeder ist willkommen“, betont er. Das macht sich auch im solidarischen Preissystem (ab 5 Euro) bemerkbar.

Info:

Weitere Infos gibt es unter www.theaterfestival-schwindelfrei.de

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