Ludwigshafen Stilvoll geht die Welt zugrunde

Sollte dieser Text die eine oder andere Gemeinheit enthalten, möchte ich mich schon im Voraus entschuldigen. Meine Zurechnungsfähigkeit ist gerade etwas eingeschränkt. Ich leide unter einer schweren Beziehungskrise.

Das Verhältnis zu meinem Auto ist gestört. Seit Wochen. Wir sind auf dem absteigenden Ast und ich fürchte, bald kommt es zum endgültigen Bruch. Es ist nicht so, als ob ich nicht gewarnt worden wäre. „Kind“, sagte Vaddern, als ich ihm vor etwa einem Jahr eröffnete, dass ich der italienischen Winzmarke meines Vertrauens weiter die Stange halten will, „lass das sein. Das mit den Italienern hat keinen Sinn. Die muss man nur anhusten und sie fallen auseinander. Kauf lieber einen Volvo, davon hast du länger etwas.“ Natürlich habe ich ihn ausgelacht, ihm einen Vortag über hässliche, kastenförmige Trümmer gehalten, die auf der Straße liegen wie Containerschiffe. Und über die Vorzüge der schnieken kleinen italienischen Designerperlen. Und darüber, dass mein letzter Italiener so zuverlässig war wie ein Schweizer Uhrwerk. Darauf lächelte er nur milde und ließ mich machen. Leider. Denn dass der neue Wagen weniger Uhrwerk und mehr Chaos ist, hat er bereits auf der Jungfernfahrt bewiesen. Ich war noch nicht mal bis nach Darmstadt gekommen, als die erste Warnleuchte ansprang, die Servolenkung ausfiel und der Motor anfing zu motzen. Legendär das Notfall-Telefonat, das ich von unterwegs mit dem Autohaus im heimischen Mannheim führte: „Wie? Sie sagen, das Batteriesymbol leuchtet? Aber Sie haben den Wagen doch eben erst abgeholt. Ja Familie und Freunden erstattete ich damals noch getreulich Bericht – sehr zur allgemeinen Erheiterung. Als mir die ersten Plastikkleinteile um die Ohren flogen, habe ich das aber lieber sein lassen und stattdessen heimlich, still und leise mit Superkleber und Spucke Meisterstücke des Flickwerks vollbracht. Um der Häme zu entgehen. Die ertrage ich nämlich nur in Maßen. Leider ist das letzte Malheur vor Zeugen geschehen. Vor Vaddern und Muddern. Ausgerechnet. Ich wollte aus dem Weihnachtsurlaub nach Hause zurück, hatte die Windschutzscheibe gerade fertig freigekratzt – von innen, wohlgemerkt – und Hand an den Rückspiegel gelegt. Da brach das dumme Ding einfach ab. Fiel mitsamt einem winzigen Fitzel Glas von der Scheibe und legte den Blick auf eine lächerlich kleine Klebestelle frei, bei der man sich fragen muss, wie sie überhaupt je irgendetwas tragen konnte. Ich weigere mich, an dieser Stelle wiederzugeben, was meinem alten Herrn zu dem Thema einfiel. Ich möchte auch nicht darüber reden, was ich gesagt – oder vielmehr: gebrüllt – habe. Viel interessanter ist eh die freundliche Reaktion des Herstellers. Man würde ja meinen, der müsste Kummer gewohnt und mehr als kulant sein. Stattdessen versicherte er mir, dass das kein Garantiefall sei. Darauf ich so: „Was? Aber ich habe doch nicht mal gehustet! Also wenn das kein Produktionsfehler ist Logisch, oder? Technisch gesehen gehören Windschutzscheiben ja gar nicht zum Auto. Sind nicht so wichtig. Die Italiener wissen schon, was sie tun. Und ich will jetzt bitte doch so einen kantigen Schweden haben, ja? Trümmer hin oder her.

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