Ludwigshafen Starker Samson
Der Ludwigshafener Chor für Geistliche Musik hat in der Kirche St. Sebastian ein jeder Bewunderung würdiges Gipfelwerk der Oratorienliteratur zur Aufführung gebracht: Händels „Samson“. Am Dirigierpult stand Chorleiterin Christiane Michel-Ostertun, Solisten waren Sabine Götz (Sopran), Alexandra Paulmichl (Alt), Johannes Kaleschke (Tenor) Markus Lemke (Bass). Es spielte das Kantatenorchester Heidelberg.
In einem Klanggemälde von grandioser Ausdrucksgewalt schildert Händels Oratorium Drama, Leiden und finale Erhebung des alttestamentarischen israelitischen Helden Samson, der, von den verfeindeten Philistern geblendet, deren Tempel in einem letzten Kraftakt zum Einstürzen bringt, wie es im Buch der Richter berichtet wird. Literarische Vorlage zu Newburgh Hamiltons Libretto war John Miltons Tragödie „Samson Agonistes“. Der Erfolg von Händels im Februar 1743 in Londons Königlichem Theater Covent Garden uraufgeführtem Werk übertraf zeitweise sogar den seines ein knappes Jahr zuvor entstandenen „Messias“. Die beiden Meisterwerke in einem Konkurrenzverhältnis miteinander zu vergleichen wäre ebenso müßig wie sinnlos. Es geht hier allein um den kompositorischen Anspruch des „Samson“, bei dem man es mit großer Musik zu tun hat. Händels schöpferische Fantasie ist in diesem Oratorium schlicht phänomenal. Dafür spricht zunächst die atemraubende Spannung der monumentalen Chortableaus im Zeichen ungemein virtuoser mehrstimmiger Satzkunst. So etwa im aufgewühlten, aufregend dramatischen Gebet der um Samsons Rettung flehenden Israeliten, stellenweise mit düsteren chromatischen Gängen, oder im Doppelchor von Dalilas Jungfrauen und den heidnischen Dagonpriestern sowie im monumentalen Finale. Den Gegenpol bilden beklemmende Töne des Schmerzes und der abgrundtiefen Trauer. Dafür stehen ganz besonders die erschütternde Klagearie des geblendeten Samson und vor dem Ende der ungemein suggestive, beklommene Gesang der um ihren Helden trauernden Israeliten. In der Kirche St. Sebastian erklang also ein absolutes Gipfelwerk seiner Gattung. Höchst erfreuliches lässt sich auch über die Aufführung des Chors für Geistliche Musik berichten, die sich als der Komposition eindeutig adäquat erwies. Der Vokal-Ensembleklang war durchweg ausgewogen, abgerundet und stets durchsichtig, auch und gerade an komplexen mehrstimmigen Stellen. Dafür sorgte die den musikalischen Ablauf überlegen koordinierende, den Apparat unermüdlich zu intensivem, ausdrucksbetontem Musizieren anregende Dirigentin Christiane Michel-Ostertun. Differenzierung stand in dieser Aufführung immer groß geschrieben, wobei namentlich die fein ausgehörten dynamischen Abstufungen beredt für den Anspruch von Michel-Ostertuns Einstudierung sprachen. Einige Pianissimo-Passagen waren von feinster Wirkung. Bestens klappte auch die Verbindung mit dem konzentriert, gepflegt und flexibel spielenden Kantatenorchester Heidelberg. Von den Gesangssolisten nahm besonders der Tenor Johannes Kaleschke durch seine bedingungslose Identifikation mit der Titelfigur, durch kultivierte Linienführung und gestalterische Präsenz für sich ein. Ebenfalls ausdrucksvoll und sensibel sang die Altistin Alexandra Paulmichl, und durch feine Soprantöne gefiel Sabine Götz. Einwandfrei agierte auch der Bassist Markus Lemke.