Ludwigshafen Orthopäde Steffen Brodt spricht über Hauptrolle in Fernseh-Doku
«Mutterstadt.» Dr. Steffen Brodt ist ein echter Pfälzer Bub. Der Mediziner stammt aus Mutterstadt, arbeitet seit vier Jahren in den Waldkliniken im thüringischen Eisenberg und lebt dort mit seiner Familie in der Region. Jüngst war der Facharzt für Orthopäde und Unfallchirurgie Protagonist einer fünfteiligen Dokumentation des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) über die Waldkliniken. Wie ihm die Dreharbeiten gefielen und wie sich sein Pfälzer Herz mit der thüringischen Seele vereint hat, erzählt der Arzt im Gespräch.
Ich habe das eher professionell und auch als Werbung für die Orthopädie beziehungsweise Endoprothetik unserer Einrichtung gesehen. Es ist ein Bereich in der Medizin, bei dem sich die Leute ja gezielt für eine Klinik oder einen Arzt entscheiden. Wir werden gegoogelt, auch von älteren Patienten. Und es gibt Bewertungsportale. Da ist es gut, wenn man den Klinikalltag zeigen kann und ein bisschen auf sich aufmerksam macht. In einem Serienteil wird ein älterer Herr von Ihnen an der Hüfte operiert, ein Kipper-Fahrer, der kurz vor seiner Pensionierung steht. Wie geht’s ihm heute? Gut, logisch. (lacht) Der hat unsere Klinik zum Beispiel gegoogelt. Ich habe ihn beim Preview der Dokumentation wiedergesehen. Da hat er mich zum Tag der offenen Tür seiner Tagebau-Firma eingeladen. Dann darf ich auch mit seinem Kipper, Dumper heißt der hier, fahren. So etwas ist natürlich schön. Ist die Endoprothetik ein Teil der Medizin, der in Zukunft mehr und mehr gebraucht wird? Ja, das ergibt sich schon aus der demografischen Entwicklung. Die Menschen werden älter und sind auch im Alter fit – werden 90 Jahre alt und wollen noch aktiv sein. Ich habe erst kürzlich einem 93-Jährigen die Hüft-Prothese gewechselt. Er ist noch 500 Kilometer mit dem Auto zu seinem eigenen Forst gefahren und hat diesen selbst bewirtschaftet. Vor allem die Anzahl der Wechselprothesen wird in den kommenden Jahren drastisch steigen. Sie waren sich seit Ihrer Ausbildung sicher, dass Sie Orthopäde werden möchten. Warum? Ich bin über den sportmedizinischen Bereich überhaupt zur Orthopädie gekommen. Und dabei hat mich immer das Handwerkliche interessiert. Ich komme ja aus einer Handwerker-Familie. Für mich war dieses Rumdoktern nichts. Es ist immer wieder schön, wenn man ein konkretes Problem mit einer konkreten Lösung wie eben mit einer Prothese, einem Nagel oder einer Platte lösen kann. Ich bin weniger der Detektiv, sondern eher der Aktionist. Wie war es, bei der Arbeit mit den Patienten gefilmt zu werden? Es war für mich wirklich kein Problem. Ich habe mich nicht gestört gefühlt. Das MDR-Team war sehr diskret. Es hatte ein feines Gespür für die Situation gehabt. Im Rampenlicht zu stehen, ist Ihnen ja nicht fremd. Sie waren ja früher in Mutterstadt Lead-Sänger einer Indie-Band, hatten Auftritte in der Region … (lacht) Ja, eine schöne Zeit! Das ist aber lange her. Spaß beiseite: Sind Sie zufrieden mit der Dokumentation? Ja, sehr. Sie zeigt wirklich den Alltag in unserer Klinik. Auch diejenigen, die das ein bisschen kritisch gesehen haben, fanden die Doku gut. Sie war überhaupt nicht reißerisch. Hat die Serie nach der Ausstrahlung Auswirkung auf Ihre Arbeit gehabt? Hin und wieder werde ich darauf angesprochen. Aber es ist jetzt nicht so, dass plötzlich wesentlich mehr Leute von mir operiert werden wollen. Das habe ich auch nicht erwartet. In den Sprechstunden kommen aber schon ein wenig mehr Patienten. So mancher Mediziner hat ja durchaus eine TV-Karriere gestartet. Wäre das was für Sie? Nein. Aber nach meinen Informationen hatte die Serie gute Einschalt-Quoten und es wird beim MDR überlegt, eine Fortsetzung zu drehen. Wie erklären Sie sich den Erfolg? Die Dokumentation war einfach sympathisch gedreht und gut gemacht. Es war realistisch und bediente eben nicht das Klischee von den Halbgöttern in Weiß. Und, ich glaube, das Thema Krankenhaus kommt immer noch bei den Zuschauern gut an. Sie haben nach dem Abitur 1996 die Pfalz für ihr Medizinstudium verlassen – und sind eigentlich nie mehr richtig zurückgekehrt. Vermissen Sie die Pfalz? Ich habe schon Phasen, da vermisse ich meine Heimat sehr. Ich hatte auch schon vorgehabt, mich in der Südpfalz zu bewerben. Letztlich habe aber ich den Rückzieher gemacht. Es wäre beruflich wahrscheinlich eine Sackgasse geworden. Eine orthopädische Universitätsklinik, an der ich ja jetzt arbeite, bietet ein bisschen mehr Karrieremöglichkeiten. Ihre Frau stammt aus dem Erzgebirge. Aber wie lebt es sich als Pfälzer in Thüringen? Super. (lacht) Ich mache es mir schön und genieße das Beste aus beiden Welten: Thüringer Bratwurst und Pfälzer Weinschorle sozusagen. Und Thüringen und die Pfalz haben einiges gemeinsam: Das Klima ist ähnlich, die Region heißt hier „Toskana des Ostens“ so wie die Pfalz ja als „Toskana Deutschlands“ bezeichnet wird. Es gibt auch hier viel Natur. Und die Thüringer sind extrem freundlich und aufgeschlossen, was man den Pfälzern ja auch nachsagt. Wir haben uns hier schnell eingelebt. Aber manchmal vermisse ich schon die leichte Pfälzer Lebensart und das südliche Flair der Region. Und die Schorle im Dubbeglas. Ich war hier mal auf einem Weinfest, da gab es doch tatsächlich Weinschorle im 0,2-Liter-Glas – für fünf Euro. Als Pfälzer war das ein Schock … (lacht)
Zur Person Dr. Steffen Brodt ist 42 Jahre alt, stammt aus Mutterstadt und hat sein Abitur am Ludwigshafener Geschwister-Scholl-Gymnasium gemacht. Danach absolvierte er seinen Zivildienst als Rettungssanitäter beim DRK in Mutterstadt. 2004 beendete er sein Medizinstudium in Marburg mit Stationen in Leipzig und Curitiba (Brasilien). Bis 2006 war er Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter beim AO-Forschungsinstitut in Davos. Danach arbeitete der Mediziner als Assistenz- und Facharzt in Halle, Oschatz und Leipzig. 2014 wechselte er an die Waldkliniken, wo er seit 2015 Oberarzt und seit zwei Jahren Leiter des Departments Hüfte ist. Steffen Brodt ist verheiratet und Vater von drei Kindern.
Zur Serie Die Dokusoap „Die Waldklinik“ wurde 2017 gedreht. Ein halbes Jahr war das Kamerateam Dauergast in der Klinik und filmte verschiedene Bereiche: von der Küche bis zum OP, vom Kneipp-Kindergarten bis zum Prothesenbau. Es sollte dabei der echte Klinikalltag gezeigt werden.