Ludwigshafen Notwende: Nadelöhr ins Wohngebiet

Lassen nicht locker: Martin Krumhaar, Birgit Rohr, Matthias Meier und Robert Sasse (von links) vor einer der gefährlichen Kurven
Lassen nicht locker: Martin Krumhaar, Birgit Rohr, Matthias Meier und Robert Sasse (von links) vor einer der gefährlichen Kurven an der Mittelpart-/Sudetenstraße.

Es ist so ein schönes Fleckchen Natur: die Grünfläche zwischen Großparthweiher und der Notwende. Wenn sie nicht durchschnitten würde von einer Behelfsstraße, die über die Jahre zu einer veritablen Verbindungsstraße zwischen Oggersheim und der Melm mutiert ist. Dass sie ausgebaut werden muss, ist unstrittig – aber es tut sich quasi nichts.

„Wir wollen doch nur unsere Kinder unbesorgt auf den Weg nach Oggersheim schicken können“, meinen die Vorstandsmitglieder der Siedlergemeinschaft BASF-Notwende/Melm beim Ortstermin. „Und von auswärtigen Besuchern nicht zu hören bekommen, dass sie umgekehrt seien, weil sie nicht mehr daran geglaubt haben, dass sie auf diesem Pfad noch bewohntes Gebiet erreichen würden.“ Vorsitzender Matthias Meier, sein Vize Robert Sasse, Birgit Rohr, Kim Rileit und Martin Krumhaar sind nicht aufmüpfig, sie sind auch nicht bockig. Sie können einfach nicht nachvollziehen, dass ihnen – und allen Anwohnern der Notwende – seit Jahren jeder Gesprächspartner beipflichtet, aber keiner das Geld locker machen kann, um die Mittelpartstraße adäquat auf 6,50 Meter auszubauen und damit eine ordentliche und vor allem verkehrssichere Verbindung zwischen zwei Ballungsgebieten zu schaffen.

Die jüngste Volte: In der Nachberechnung haben sich satte Mehrkosten ergeben. Wegen dieser Kostenexplosion, die sich etwa aus neuen Auflagen und allgemeinen Preissteigerungen ergeben hat, hat das Land seine Zusage eingefroren, zwei Drittel der ursprünglich ermittelten Kosten zu übernehmen. Die sprunghafte Erhöhung der Ausgaben um immerhin 1,825 Millionen auf neu 4,765 Millionen Euro hat im Sommer 2021 eine Neubewertung in Gang gesetzt, die Wirtschaftlichkeit muss neu belegt werden, ehe das Land mehr zu zahlen bereit ist.

Da war die Hoffnung auf einen Ausbau noch groß: gerodete Fläche entlang der Mittelpartstraße.
Da war die Hoffnung auf einen Ausbau noch groß: gerodete Fläche entlang der Mittelpartstraße.

Gelände umsonst gerodet

Dabei hatten vorbereitende Rodungsarbeiten bereits begonnen, Bewohner der Notwende und der Melm wähnten eine breitere und damit sicherere Mittelpartstraße zum Greifen nah. Zumal Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) bereits 2018 in einer Bürgerversammlung das Projekt befürwortet und der Stadtrat am Ende eines langen Planungsprozesses final seinen Segen zur Co-Finanzierung gegeben hatte.

Im vorigen Sommer dann die Vollbremsung – und seitdem kein Anhaltspunkt dafür, wann aus Mainz mit weißem Rauch gerechnet werden kann. In diesem Vakuum wollen die Anwohner aber nicht verharren. Im April hat die Siedlergemeinschaft, mitgliederstärkster Verein in dem Oggersheimer Ortsteil, den Anstoß zur Gründung einer Bürgerinitiative „Melm Zufahrt – Ausbau jetzt“ gegeben. Eine Online-Petition zählt nach wenigen Wochen über 400 Unterzeichner.

Zentrale Forderung der BI: Wort zu halten und den nördlichen Ausläufer endlich verkehrssicher an den größten Stadtteil anzubinden. Immerhin ist die Notwende längst kein überschaubares Neubaugebiet mehr, sondern ein gewachsenes Quartier mit über 5000 Bewohnern, Kindergärten, Schulen, Seniorenheimen, Nahversorgung.

Unübersichtlich: Kurve in die Mittelpartstraße.
Unübersichtlich: Kurve in die Mittelpartstraße.

Wenige Zentimeter Spielraum

Momentaufnahme an der östlichen Zufahrt zur Notwende: Von der Sudetenstraße kommend biegt ein Kleintransporter nach rechts ab. Dass ihm auf der Mittelpartstraße ein Lkw entgegenkommt, sehen beide Fahrer im zugewachsenen Gelände erst in der Kurve. Und dann zählt jeder Zentimeter, um gerade so aneinander vorbeizukommen. Das junge Bäumchen auf dem Seitenstreifen touchiert der eine Fahrer mit dem Außenspiegel, es fehlt nicht viel und er fährt sich auf einem der überwucherten Sandsteinblöcke am Wegesrand fest. Die haben schon so manchen ordentlichen Lackschaden verursacht.

Und solche Szenen wiederholen sich regelmäßig, in Stoßzeiten alle paar Minuten, wissen die SG-Vorstandsmitglieder aus täglicher Beobachtung. Ganz zu schweigen von der fehlenden Beleuchtung, was Fahrten im Dunkeln noch riskanter macht. Und von den Parcours und Slaloms, die Radfahrer hinlegen müssen. Wie die Frau, die sich am unteren Part der Mittelpartstraße robust gegen den Autoverkehr behaupten müssen, wenn sie von der Buschwegbrücke kommend über die abknickende Vorfahrt in Richtung Melm kommen wollen.

38 Unfälle in vier Jahren

Es hat seinen Grund, warum auf der kurvigen, unübersichtlichen und nicht kanalisierten Strecke dieser Verbindungsstraße Tempo 30 ausgewiesen ist. Die wenigsten Autofahrer halten sich aber daran – oder erst dann, wenn sie hinter der Kurve zum Abbremsen gezwungen werden. Zwischen 2018 und 2021 hat die Polizei in der Mittelpartstraße 38 Unfälle genommen. Dass Verkehrsteilnehmer dabei nicht ernsthaft verletzt worden sind, grenzt für die BI an ein Wunder.

„Seit rund 20 Jahren sind sich alle einig, dass der Zustand unhaltbar ist, aber wir kommen nicht voran“, stellen SG-Vorsitzender Matthias Meier und Beisitzer Martin Krumhaar fest. Wie gesagt: nicht aufrührerisch, aber fest entschlossen, diesen antiquierten Zustand nicht länger hinzunehmen und Politiker beim Wort zu nehmen. Und es nicht bei Rodungen zu belassen. Ein Teil der Vegetation ist schon wieder nachgewachsen.

Noch Fragen?

Die von der BI online gestartete Petition „Melm Zufahrt – Ausbau jetzt“ findet sich hier.

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