Quintessenz Mit Tom Cruise auf die Piazza LU

Eva Briechle
Eva Briechle

Es gibt Tage, da diskutieren wir in der Lokalredaktion den ganzen Tag und bis zur allerletzten Minute über die Überschrift des Aufmachers. So wie letzte Woche, als der Text zur „Ugliest City Tour“ auf dem Programm stand. „Hässlich, aber sexy“: Diese Idee stand kurz vor meinem Feierabend im Raum. „In der Innenstadt ist nichts sexy“, habe ich noch zu bedenken gegeben, bevor ich gut gelaunt losstiefelte, um an diesem Abend meine ganz eigene City-Tour zu machen.

Es ging Richtung Kino und vor allem Richtung „Top Gun“. Die Vorfreude auf „Maverick“ und „Iceman“ war riesig, als ich mit einer Freundin den Berliner Platz passierte. Auch dort herrschte an diesem Abend tolle Stimmung, denn bei strahlendem Sonnenschein und begleitet von lauter Musik startete die Skatenight. „Es kann auch richtig schön sein in der Innenstadt“, dachte ich 300 Meter lang. Denn natürlich gehört es zu Ludwigshafen, dass solch zarte Hochgefühle innerhalb kürzester Zeit auch wieder pulverisiert werden können.

Düsteres Kino, sehenswerter Maverick

„Das ist, glaube ich, das düsterste und uneinladenste Kino, in dem ich seit Langem war“, sagte ich jedenfalls zu meiner Freundin, nachdem ich ehrlich staunend durch den tiefblau gehaltenen und unendlich langen Flur des Cine Stars Richtung Kino 7 unterwegs war. Doch wie sagte Helmut van der Buchholz während seiner „Ugliest City Tour“ in der Fußgängerzone so schön: „Wenden Sie den Blick mal nach oben.“ Was sich auf der Leinwand abspielte, war jedenfalls absolut sehenswert.

Wenn Maverick zum guten alten Top Gun-Soundtrack im Hangar vor einem Flugzeug sitzt, kurz darauf seine Sonnenbrille aufsetzt, aufs Motorrad steigt und mit Vollgas die „Restricted Area“ verlässt, bedient das zwar sämtliche Klischees, mit denen die United States Navy gerne punkten will. Aber es ist eben auch richtig gute Unterhaltung. Zumal Tom Cruise einfach immer noch so aussieht wie damals, als ich in der Grundschule und Top Gun der allererste Hollywood-Blockbuster meines Lebens war.

Unbebauter Berliner Platz

Beseelt vom Kinoerlebnis verlasse ich also die Walzmühle, begegne in der lauwarmen Ludwigshafener Sommernacht noch den letzten Teilnehmern der Skatenight, die auf ihrem Weg nach Hause sind. „Die Stimmung ist toll heute in der Stadt“, denke ich, als vor mir das Bauloch am Berliner Platz auftaucht. Was wäre es so schön, wenn Ludwigshafen sich hier einfach eine große Piazza leisten könnte – ein Zentrum des öffentlichen Lebens, mit Brunnen, Grünflächen und schönen Bars und Restaurants. Um genau diese Art von Lebensgefühl zu spüren, fahren wir doch alle liebend gerne nach Italien. Aber zu Hause wollen wir solche Plätze mit hohen Betonklötzen zubauen.

„Ist LU wirklich so hässlich?“ Das wurde am Ende die Überschrift unseres Aufmachers. Persönlich würde ich sagen: „An manchen Stellen ganz sicher.“ Mitten im Zentrum ist zum Beispiel der Weg vom Bürgerhof durch ein schmales Gässchen zur Kaiser-Wilhelm-Straße wirklich gruselig. Genauso sicher laufe ich aber auch immer wieder durch die Innenstadt und denke: „Mein Gott, was es hier für ein Potenzial gibt.“

Hotel neben dem Pfalzbau

Bald zieht zum Beispiel die Hochschule aus dem Gebäude direkt neben dem Pfalzbau aus. Warum nicht dort ein Hotel in direkter Nachbarschaft zum Hack-Museum und der Staatsphilharmonie bauen? Warum nicht mutig sein und den Berliner Platz einfach zur Piazza für Fußgänger machen? Alles daran setzen, dass die Achse Berliner Platz/Rhein-Galerie über die Ludwigstraße funktioniert und Menschen in der Innenstadt hält? Verrückt, was man sich alles vorstellen kann, während man mit Tom Cruise im Kopf auf ein Ludwigshafener Bauloch trifft.

Die Kolumne

Fünf Redakteure berichten für die RHEINPFALZ über Ludwigshafen. Ihre Erlebnisse aus dem (Arbeits-)Alltag nehmen die Redakteure in der Kolumne „Quintessenz“ wöchentlich aufs Korn.

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