Ludwigshafen „Mindestlohn darf kein Flickenteppich werden“

Es sah gestern ganz so aus, als sei der, der fürs Wetter zuständig ist, auf der Arbeitgeberseite. Gewerkschafter und alle anderen Besucher der Maikundgebung im Ebertpark ließen sich vom strömenden Regen aber nicht abhalten, ihre Forderungen für „gute Arbeit“ zu formulieren.

Von einer „neue Ordnung der Arbeit“ war gestern bei den Kundgebungen des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) überall im Land die Rede. Florian Haggenmiller, Bundesjugendsekretär des DGB und Hauptredner in Ludwigshafen, sprach sich in dem Zusammenhang gegen Beschäftigungsverhältnisse zweiter oder gar dritter Klasse aus. Der Mindestlohn von 8,50 Euro sei ein Schritt in die richtige Richtung, um das Geschäft mit Dumpinglöhnen zu beenden. Haggenmiller warnte die Politik zugleich vor Ausnahmeregelungen beim Mindestlohn. Die Argumentation in der Diskussion um Lockerungen bei jüngeren Arbeitnehmern, die noch keine Ausbildung haben, bezeichnete der Gewerkschafter als diskriminierend und verfassungswidrig. An die Gewerkschaftskollegen und alle Besucher gewandt versprach Haggenmiller, der DGB werde weiterhin Druck machen, „damit der Mindestlohn kein Flickenteppich wird“. Gleichzeitig ermahnte der Bundesjugendsekretär die Unternehmen, mehr Jugendliche auszubilden. Denn dass Jugendliche häufig eine Hilfstätigkeit annehmen würden, liege nicht daran, dass ihnen schnell verdientes Geld wichtiger sei als eine Ausbildung, sondern daran, dass es nach wie vor zu wenige Ausbildungsplätze gibt. Zum Beleg dessen machte der DGB-Mann deutlich, dass in Deutschland aktuell lediglich noch gut 21 Prozent der Betriebe überhaupt ausbildeten. Haggenmiller bezeichnete das als „historischen Tiefstand“. Daneben verteidigte der Redner den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Rente mit 63. Dass dieser allerdings von manchen Politikern kritisiert werde mit dem Hinweis, die Rente mit 63 gehe auf Kosten der jüngerer Generationen, bezeichnete Haggenmiller als unerträglich. Vielmehr müsse sich die Politik Gedanken machen bezüglich einer Umverteilung von oben nach unten anstatt um eine Umverteilung zwischen verschiedenen Altersgruppen. In einem Grußwort hatte Bürgermeister Wolfgang van Vliet (SPD) zuvor der Gewerkschaft Verdi zum Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst gratuliert. Zwar sei dieser für die Stadt schlecht, „aber dafür können die Kollegen nichts“, sagte van Vliet. Und es sei nun mal richtig, dass es für gute Arbeit auch gutes Geld geben müsse. Wer das nicht kapiere, dürfe sich nicht wundern, wenn die Gesellschaft ihre Aufgaben nicht so erfüllen kann, wie es nötig wäre, sagte van Vliet. An Bund und Länder appellierte er deshalb, die Finanzausstattung der Kommunen nicht zu vergessen. (mko)

x