Ludwigshafen Lieber zur Hochzeit als zum Zahnarzt

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Vor wenigen Wochen war der Ludwigshafener Zahnarzt Thomas Lautenschläger zu einem Hilfseinsatz in Nepal. Ziel der Reise war es, notleidenden Menschen mit schweren Zahnproblemen zu helfen. Denn zahnärztliche Versorgung ist in der schwer zugänglichen Bergregion so gut wie unbekannt. Nach seiner Rückkehr zeigt sich Lautenschläger tief beeindruckt von seinen Erlebnissen in einer anderen Welt.

Zusammen mit einer Zahnarztkollegin aus Bremen führte der Weg des Ludwigshafeners in eine über 8000 Kilometer entfernte Bergregion am Fuße des Himalayas. Die entlegene Gegend war besonders von dem verheerenden Erdbeben im April 2015 getroffen worden. „Wo keine Touristen hinkommen, ist noch nicht viel wieder aufgebaut worden“, konnte Lautenschläger beobachten. Von seiner Reise bringe er ambivalente Eindrücke mit nach Hause, erzählt der 29-Jährige offen. Auf der einen Seite die großartige Kulisse der Landschaft. „Man fühlt sich ganz klein beim Anblick der Sechstausender“, schildert er seine Gefühle. Auf der anderen Seite die medizinische Versorgung. „Für einen Arzt wäre so viel zu tun, dass man nicht weiß, wo man anfangen soll“, stellt er fest. Mit Unterstützung durch den Verein „Desoca“ (Dental and Social Care for Nepal), der von ein paar deutschen Zahnärzten gegründet worden ist, ging die Fahrt vom Flughafen Kathmandu aus mit dem Jeep rund 250 Kilometer in die abgelegene Bergregion. Verstreut um die Dörfer Deusa und Waku leben etwa 11.500 Menschen. Fast alle einheimischen Ärzte in Nepal zieht es in die Städte. Auf dem Land habe die Regierung zwar Gesundheitsstationen gebaut, es mangele dort aber an medizinischem Personal. „In einer Gesundheitsstation sahen wir Medikamente offen herumliegen, daneben Mäusekot“, sagt Lautenschläger, der dort schlimme hygienische Verhältnisse beobachtet hat. Zusammen mit zwei nepalesischen Zahnärzten und Helfern machte die Gruppe in den Dörfern Station. Nur in einem Ort gab es abends etwas Strom, im anderen nicht. Das Behandlungszimmer war ein Raum ohne festen Boden. „Überraschenderweise war der Zulauf an Patienten weniger groß als erwartet, es kamen nur rund 300 Patienten an sieben Tagen“, berichtet Lautenschläger. Dass der Zulauf so gering war, könne aber auf kuriose Art und Weise erklärt werden. Ein Hindupriester, der nur selten in diese Gegend kommt, habe zur selben Zeit eine Reihe von Verheiratungen vorgenommen. Viele Bewohner waren zu einer Hochzeit eingeladen und wollten dieses Ereignis nicht verpassen. Also lieber Hochzeit als Zahnarzt. Andere Patienten nahmen dafür ganze Tagesmärsche auf sich. Wie ein siebenjähriges Mädchen mit einem Abszess im Gesicht wegen eines vereiterten Backenzahns, das an drei Tagen hintereinander jeweils über 500 Höhenmeter zur Behandlung laufen musste. „Das Kind wäre sonst an einer Blutvergiftung gestorben“, ist sich der Zahnarzt sicher. Mit seiner sonst gewohnten Routine in der Ludwigshafener Zahnklinik hatten die Behandlungen wenig gemein. „Füllungen und Kronen waren nicht machbar. Hier ging es nur um Schmerzbehandlung und die Entfernung kranker Zähne“, so der 29-Jährige. Neben der medizinischen Versorgung verschenkten die Ärzte viele Zahnbürsten an Kinder und Erwachsene. Diese gebe es in den Dörfern ebenso wenig wie Grundlagenwissen um Zahnpflege, betont Lautenschläger. Nach seinem nun zu Ende gegangenen Hilfseinsatz zieht er ein positives Fazit. „Die Menschen hier sind dankbar, und mir selbst hat es viel gegeben zu helfen“, sagt Lautenschläger. Diese Zahnarzt-Reise soll für ihn nicht die letzte gewesen sein. Im Netz Mehr Informationen über den Arzt und seine Arbeit unter www.desoca-nepal.de.

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