Ludwigshafen Letzter Vorhang für junge Schauspieler
Zum letzten Mal hat sich gestern der Vorhang für das Theaterprojekt Ludwigshafen im Pfalzbau gehoben. Weil die Finanzierung ausläuft, wird das Projekt, bei dem Jugendliche ein Theaterstück auf die Bühne bringen, eingestellt. Das letzte Stück „Der Taucher“ war eine Hommage an die Freiheit. Es handelt von den ganz großen Themen: Liebe, Wahrheit, Schönheit und der Frage nach dem Guten.
„Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp, zu tauchen in diesen Schlund? Einen goldnen Becher werf ich hinab, verschlungen schon hat ihn der schwarze Mund. Wer mir den Becher kann wieder zeigen, er mag ihn behalten, er ist sein Eigen“, flüstert es aus dem Off. Der Vorhang hebt sich und gibt den Blick auf eine dunkle, in blaues Licht getauchte Bühne frei. David Bresson singt von zerplatzten Träumen. Weiße Gestalten laufen um ihn herum. Auf einer großen Leinwand sind Aufnahmen von Wellen zu sehen, die an Felsen brechen. Diesen melancholischen Einstieg wählten die jugendlichen Theaterschaffenden für ihr Stück „Der Taucher“, das auf der gleichnamigen Ballade von Friedrich Schiller basiert. Ein Knappe taucht ins Meer, um einen vom König hineingeworfenen Becher zurückzubringen. Er berichtet dem König, wie er nur knapp dem Tod entkam, woraufhin dieser den Becher ein zweites Mal in die Fluten wirft. In Schillers Ballade ertrinkt der Taucher beim zweiten Versuch, in der Produktion des Theaterprojekts hingegen findet er sich in einer anderen Welt wieder. Die Bewohner wundern sich kurz über den Fremdling, der nicht im „System“ registriert ist, verlieren jedoch schnell wieder das Interesse an ihm. Zusammen mit einer Begleiterin stolpert der Taucher durch die für ihn fremde Welt, die in überzeichneter Weise die heutige Jugendkultur widerspiegelt. Konsum und die Dominanz sozialer Netzwerke sind die bestimmenden Themen. Während der Shopping-Szene ist im Hintergrund ein Video zu sehen, in dem sich eine junge Frau über ihre neueste Ausbeute beim Klamottenkauf auslässt. Bei der Wahl des geeigneten Partners sind Profilfoto und äußere Schönheit ausschlaggebend, außerdem soll eine „Geruchs-App“ dabei helfen, den Partner fürs Leben zu finden. Wahre Liebe könne man nur finden, wenn man bereit ist, zu warten, widerspricht der Taucher. Im Stück werden Fragen aufgeworfen, etwa nach der Definition von Wahrheit, Liebe oder Schönheit. „Was ist das Gute, gibt es das überhaupt?“, fragt der Taucher an einer Stelle. „Mit allem, was wir tun, machen wir uns schuldig“, entgegnet ihm seine Begleiterin. Das gelte bereits beim Kauf von Kleidung, da man dadurch oft unmenschliche Produktionsbedingungen unterstütze. Viel lernt der Taucher über diese Werte sowie über die wahre Liebe, bevor er wieder in seine Welt gelangt. Viel haben auch die Jugendlichen während der einjährigen Vorbereitungsphase gelernt. Nicht nur, was das Schreiben von Texten oder das Sprechen auf der Bühne betrifft. „Man hat eine Gruppe, die einen akzeptiert, mit allen Stärken und Schwächen, und die einen auffängt“, sagt die 23-jährige Désirée Blank. Die 20-jährige Linda Libori, die vier Jahre lang dabei war, hofft auf eine Neuauflage. „Wir brauchen hier viel mehr Angebote für Jugendliche, bei denen sie selbst etwas auf die Beine stellen können.“