Ludwigshafen „Kultur darf keine Ware werden“

Das Verhältnis zwischen Ökonomie und Kunst hat im Vordergrund der Jahrestagung des Deutschen Bühnenvereins gestanden, die der Verband zum fünften Mal seit seinem Bestehen in Mannheim abgehalten hat. Insbesondere ging es um das Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA, nach dem Kunst und Kultur künftig als Dienstleistung eingestuft werden soll.

„Man kann nicht gerade sagen, dass die Verhandlungen transparent geführt werden“, stimmte der Präsident des Bühnenvereins, Klaus Zehelein, in eine häufig zu hörende Kritik an den Verhandlungen zur Angleichung von Regeln ein. „Es kommt einem vor wie Geheimdiplomatie.“ Solche Vorstöße habe es auch schon 1993 und 2003 während der Gatt-Verhandlungen, der transatlantischen Zoll- und Handelsvereinbarungen, gegeben. 2003 habe die Unesco daraufhin eine Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt verabschiedet. Diese Konvention hätten 130 Länder, darunter auch Deutschland, unterschrieben, betonte Zehelein. Die transatlantischen Verhandlungen jetzt seien aber erst nach dem Einspruch Frankreichs vorläufig eingestellt worden. Erst solle geklärt werde, ob die Kultur von dem Freihandelsabkommen ausgenommen werde. Zehelein forderte dazu auf, hellhörig zu werden, wenn in Deutschland jetzt vermehrt von „neuen Geschäftsmodellen“ oder „Anpassung an die Marktentwicklung“ geredet werde. Frankreich gehe es vor allem um den Schutz seines Filmgeschäfts, in Deutschland gehe es vor allem um die Unabhängigkeit von Theater und Musik, sagte Zehelein, der frühere Dramaturg und Opernintendant. Und der Direktor des Bühnenvereins Rolf Bolwin brachte ein Beispiel. Wenn bei einem Festival ein deutsches Orchester vor einem amerikanischen den Vorzug erhält, weil es wegen fehlender öffentlicher Förderung eine bedeutend höhere Gage verlangt, kann das amerikanische Orchester wegen Wettbewerbsverzerrung klagen. „Dass Kultur als Ware behandelt wird, muss ausgeschlossen werden“, betonte Zehelein und forderte „ein breites Bündnis aller ideellen Kräfte“ auch bei Fragen der Buchpreisbindung und Filmförderung, bei Umwelt- und Verbraucherschutz. Vor der Tagung im Mannheimer Nationaltheater mit etwa 250 Teilnehmern von Theatern und Orchestern aus ganz Deutschland hatte er bereits davor gewarnt, den Theaterbesucher als bloßen Konsumenten zu betrachten. Ebenso entschieden wie gegen marktwirtschaftliche Tendenzen in der Kulturpolitik sprach sich der Bühnenverein gegen drastische Kürzungen von Fördermitteln wie in Sachsen-Anhalt aus. „Wenn es in Eisleben am Ende des Lutherjahres kein Theater mehr gibt, dann war das Lutherjahr vergebens“, meinte Zehelein. Dabei habe das Land Sachsen-Anhalt den Kulturetat sogar angehoben, fördere aber vornehmlich eine touristische Eventkultur. Und Bühnenvereinsdirektor Rolf Bolwin nannte es nicht zutreffend, dass die Kultur die einzige Möglichkeit biete, Geld einzusparen. „Die öffentliche Hand hat viel Geld“, sagte er. „Die Steuerprognosen sind außerordentlich positiv.“ Den Theatern in Deutschland gehe es aber bis auf Ausnahmen „nicht schlecht“. Mannheims Schauspielintendant Burkhard C. Kosminski , der mit seinem Vorschlag, den Solidaritätszuschlag für die Kulturförderung zu verwenden, eine Diskussion ausgelöst hat, sagte, Ministerin Theresia Bauer wolle mit ihm ins Gespräch kommen.

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