Ludwigshafen „Keiner verbrennt Geld in einem Fonds“

Seit Jahren eine Wunde im Zentrum: die „Metropol“-Baugrube auf dem Berliner Platz.
Seit Jahren eine Wunde im Zentrum: die »Metropol«-Baugrube auf dem Berliner Platz.
Herr Heller, Sie führen einen Malerbetrieb, sind Stadtrat, Ortsvorsteher, bei zwei Karnevalsvereinen aktiv, seit sechs Monaten stolzer Opa und nun als Präsident der Dachorganisation Großer Rat auch noch der Obernarr der Stadt. Warum binden Sie sich dieses Ehrenamt zusätzlich ans Bein? Sind Sie unterfordert?

(lacht) An chronischer Langeweile leide ich nicht. Meine Frau sagt immer, ich wäre hyperaktiv wie ein unbehandeltes ADS-Kind, aber auch dagegen wehre ich mich. Und ernsthaft? Ich hänge einfach an der Fasnacht und bin der Meinung, dass das, was zuletzt im Großen Rat gelaufen ist, in die falsche Richtung ging. Was ist denn schiefgelaufen? Ihr Vorgänger Sven Marcus Zill spricht von Anfeindungen gegen seine Person und hat das Narrenzepter nach acht Monaten wieder abgegeben. Auch da gilt: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Das eine hat immer zu tun mit dem anderen. Das heißt: Wenn ich häufiger mit den Menschen als über sie rede, kann ich auch mehr bewegen. Es gab also lediglich ein Kommunikationsdefizit? Alle Beteiligten haben zu wenig mit- und zu viel übereinander geredet. Und dann hört auch in der Fasnacht der Spaß auf. In jeder Ehe hört der Spaß auf, wenn man nicht mehr miteinander spricht. In der Fasnacht läuft das genauso. An diesem Punkt hat man mich gebeten, das Präsidentenamt zu übernehmen. Ja, das ist eine hohe Belastung. Ich mache es aber trotzdem, weil ich der Meinung bin, dass ich das kann, was mein Vorgänger vielleicht nicht so konnte. Klingt ganz so, als ob Sie mit der Fasnacht verheiratet sind? Auch (schmunzelt). Wie wollen Sie die Querelen, die immer mal wieder den Großen Rat beschäftigen, im Keim ersticken? Da gibt’s mehrere Ansätze. Erstens: Der Große Rat ist kein eigener Verein und erfüllt damit keinen Selbstzweck. Zweitens: Er bündelt die Interessen von zwölf Vereinen und 3000 Karnevalisten unter einem Dach. Das bedeutet: Es muss ein regelmäßiger Kontakt gepflegt werden. Probleme müssen gemeinsam angesprochen und gemeinsam angegangen werden. Es gibt viele Garden und Vereine, die Zulauf verzeichnen. Das ist eine solide Basis. Und wenn jemand erst mal mit dem Fasnachtsvirus infiziert ist, hält das über Jahrzehnte hinweg. Das Präsidentenamt zu übernehmen ist auch keine schlechte Eigenwerbung vor der Ortsvorsteherwahl. Wenn ich das, als jemand, der die Straßenfasnacht mit ins Leben gerufen und auch ansonsten viel für den Karneval getan hat, notwendig hätte, dann hätte ich die vergangenen 15 Jahre alles falsch gemacht. Und das glaube ich einfach nicht. Falsch gemacht ist ein gutes Stichwort: Wenn die Sache nicht zu ernst wäre, könnte man auch salopp sagen, die Baugrube auf dem Berliner Platz und die „Metropol“-Hochhauspläne sind ein schlechter Faschingsscherz. Liegt ja in Ihrem Revier. Es gibt schon Momente im Leben, in denen es selbst mir schwerfällt, noch ein Quäntchen Humor zusammenzukratzen. Das heißt, Sie sind – wie viele Ludwigshafener – mit der Entwicklung alles andere als einverstanden? Mit der Gesamtentwicklung kann keiner zufrieden sein. Stehen Sie noch in Kontakt mit „Metropol“ Investor Günther Tetzner? Ich halte vor allem Kontakt zu seinem neuen Geschäftsführer. Ist der Mann sich dessen bewusst, dass Herr Tetzner der Stadt mit seinem Projekt in gewisser Weise die Narrenkappe aufsetzt? Eine Narrenkappe aufsetzen bedeutet in der Fasnacht, jemanden einen Spiegel vorhalten. Das hat Tetzner nicht wirklich getan. Aber … … natürlich hat er uns vor Aufgaben gestellt, die wir allein nicht lösen können. „Das bleibt kein ewiges Loch“, sagte Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) im RHEINPFALZ-Interview. Sind Sie ähnlich zuversichtlich? Ja. Was stimmt Sie optimistisch? Der neue Kapitalpartner, die TE-Gruppe aus München. Aber auch die exponierte Lage des Berliner Platzes. Da geht was am Ende des Tages. Die Frage ist doch, was geht? Ein weiterer Aufreger sind die Pläne am Platanenhain nebenan. Der Protest gegen ein Parkhaus fürs „Metropol“ wächst. Würden Sie sich auch – wie die Grünen aus Süd – an einen der Bäume ketten? Ach Gott, ich habe schon viel gemacht in meinem Leben. Wir haben auch schon morgens um 2.30 Uhr Ortsbeiratssitzungen auf dem Berliner Platz abgehalten. Aber ich kette mich aus einem ganz einfachen Grund nicht an Platanen: Weil ich der Ansicht bin, dass das der Stadt nicht weiterhilft. Um eine Lösung zu finden, helfen nur Gespräche weiter. Sie wissen aber schon, dass die Menschen weder den 67 Meter hoch geplanten „Metropol“-Komplex noch das Parkhaus gegenüber wollen, das 18 Meter hoch werden soll. Das weiß ich. Aber ich wage derzeit keine Prognose, wie das ausgeht, bevor nicht alle Alternativen auf dem Tisch liegen und geprüft sind. Apropos Alternativen: Unternehmer Peter Görtz hat einen Fonds ins Spiel gebracht, um das Areal zurückzukaufen, und findet den Bau einer Markthalle charmant. Edmund Keller könnte sich als Sprecher des Einzelhandels ein neues Rathaus als Frequenzbringer auf dem Platz vorstellen. Was wäre Ihr Wunsch? Gespräche mit allen Parteien, auf deren Basis eine gemeinsame Lösung gesucht wird, die realistisch und nachvollziehbar ist und von einer breiten Mehrheit getragen wird. Klingt ziemlich unkonkret. Die Idee mit der Markthalle hat Charme. Ich sehe aber niemanden, der bereit ist, die Millionen, die schon vor Ort verbuddelt worden sind, aufzubringen, um lediglich ein Loch zu kaufen. Denn es bedarf weiterer Millionen, um gewisse Vorhaben möglich zu machen. Ich schätze Herrn Görtz sehr, aber ich weiß auch, dass er rechnen kann. Und dann dürfte ihm bewusst sein, dass keiner der Akteure sein Geld in einem Fonds verbrennen wird. Wir reden von zehn bis elf Millionen Euro, richtig? Das reicht für das Loch, aber dann steht noch nichts drauf.

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