Ludwigshafen Kein Laub, kein Efeu

91-86068033.jpg

Über 80 jüdische Friedhöfe gibt es in der Pfalz. Bei vielen gibt es Probleme mit der Pflege. Das beklagt der Neustadter Eberhard Dittus, der von der Jüdischen Kultusgemeinde Pfalz beauftragt wurde, sich ein Bild über den Zustand der Ruhestätten zu machen. Den jüdischen Friedhof in Ludwigshafen hat er noch nicht gecheckt. Wir haben für ihn auf dem Hauptfriedhof nachgeschaut.

Man übersieht ihn leicht, den Eingang zum jüdischen Friedhof. „Die Lebenden wissen, dass sie sterben müssen“, lautet übersetzt die hebräische Inschrift über dem Tor. Es befindet sich direkt am Eingang des Hauptfriedhofs an der Frankenthaler Straße und ist stets verschlossen. Die Schlüssel, so informiert ein Schild, können während der Öffnungszeiten der Trauerhalle dort abgeholt werden. Ein erster Blick durch die Gitter des Tors zeigt eine frisch gemähte Rasenfläche. Die Anlage macht einen gepflegten Eindruck. Kein Laub liegt auf der Fläche, die Grabsteine sind frei von Unkraut und Efeu. „Der Friedhof wird im Rahmen der Routinepflege auf dem Hauptfriedhof regelmäßig von den Mitarbeitern des Friedhofbetriebs gepflegt“, informiert Horst Senk, stellvertretender Leiter des Bereiches Grünflächen und Friedhöfe. Da die Stadt die Eigentümerin des Friedhofs ist, kümmert sie sich auch um die Pflege. Konkret heißt dies, dass der Rasen in Abhängigkeit von der Witterung bis zu achtmal pro Saison gemäht wird. Im Herbst wird das Laub entfernt. „Zusätzlich werden die Sträucher zurückgeschnitten und die vorhandenen Bäume einmal jährlich kontrolliert und bei Bedarf ebenfalls geschnitten“, zählt Horst Senk die Pflegemaßnahmen auf. Dies ist nicht auf allen 80 jüdischen Friedhöfen in der Pfalz so, wie Eberhard Dittus weiß. Der pensionierte Gemeindediakon und Vorsitzende des Fördervereins der Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt erhielt im vergangenen Herbst von der Jüdischen Kultusgemeinde Pfalz den Auftrag, nach den Friedhöfen zu schauen. „Ich kenne noch nicht alle“, räumt Dittus ein. Doch wenn er feststellt, dass die Ruhestätten vernachlässigt sind, nimmt er Kontakt mit den Ortsgemeinden auf. „Wenn jahrelang nichts gemacht wird, verkommt ein Friedhof schnell“, sagt er. Ein großes Problem sei der Efeu. Wenn dieser die Grabsteine überwuchert, zerstört das auf Dauer die Inschriften. „Das Land bezahlt für die Pflege der Friedhöfe, denn diese sind als Kulturdenkmäler geschützt“, erläutert er. Doch betrage die Pauschale 1,20 Euro pro Quadratmeter. Dass man damit nicht weit kommt, liegt auf der Hand. Daher initiierte er in Neustadt beispielsweise eine Pflegeaktion durch ein benachbartes Gymnasium, die in eine Patenschaft münden soll. Beisetzungen finden nur noch auf wenigen jüdischen Friedhöfen statt. Der in Ludwigshafen zählt dazu. Russischstämmige Juden haben sich in der Stadt seit den 90er-Jahren angesiedelt. Ein bis zwei Bestattungen sind es im Jahr, 2015 war es eine. Die Gräber müssen in Handarbeit ausgehoben werden, da der Bagger nicht durch das Eingangstor passt. Auf dem rund 3000 Quadratmeter großen Areal mit einem kleinen Forum mit Brunnen in der Mitte befinden sich knapp 170 Gräber. Das von einer Mauer umgebene jüdische Gräberfeld ist genauso alt wie der Friedhof, der am 23. November 1856 für die neu entstehende Gemeinde eingerichtet wurde. 1933 schlossen die Nationalsozialisten den jüdischen Friedhof. Bis 1939 wurden hier jedoch noch Verstorbene beigesetzt. Nach der Deportation der Ludwigshafener Juden nach Gurs im Jahre 1940 löschten die Nazis die Erinnerungen an die Juden aus, indem sie den jüdischen Friedhof zerstörten und schändeten. Die Grabsteine wurden verkauft. Nach dem Krieg wurde auf dem früheren jüdischen Gräberfeld Müll entsorgt, ein Trampelpfad führte mitten hindurch. Erst knapp zehn Jahre nach Kriegsende sorgte Oberbürgermeister Valentin Bauer ab 1954 dafür, dass der jüdische Friedhof wiederhergestellt wurde. 39 Grabsteine fand man wieder, zum Teil lagerten sie im Odenwald bei Steinmetzen. Vorhandene Pläne und die Erinnerung der Angehörigen halfen dabei, die Standorte der Gräber zu rekonstruieren.

x