Ludwigshafen Im Zweifel für den Angeklagten

Mit einem Freispruch für einen 40-jährigen Angeklagten ist gestern ein Vergewaltigungsprozess am Landgericht Frankenthal zu Ende gegangen. Dem Mann, der früher in Ludwigshafen lebte, war die zweimalige Vergewaltigung seiner damaligen Freundin vorgeworfen worden. Im Prozess stand Aussage gegen Aussage. „Wir konnten uns nicht von Restzweifeln freimachen“, erklärte der Vorsitzende Richter Alexander Schräder. Im Zweifel müsse für den Angeklagten entschieden werden.

Mit einem Lächeln quittierte der Mann den Freispruch. Er hatte bereits in der Vergangenheit eine dreijährige Haftstrafe wegen Vergewaltigung absitzen müssen. In diesem Fall war er verurteilt worden. Seine ehemalige Freundin hatte er während dieser Zeit kennengelernt. Die heute 52-Jährige, die gegen ihren Ex-Freund ausgesagt hatte und gestern zur Urteilsverkündung wieder im Gerichtssaal erschien, wurde in Tränen aufgelöst von Freunden nach draußen geführt. Dabei hatte Richter Schräder keinen Zweifel daran gelassen, dass er das mutmaßliche Opfer für glaubwürdig hielt. Dennoch war die Kammer nicht restlos von der Schuld des Mannes überzeugt. Unter anderem, weil medizinische Gutachten zu beiden Vorfällen fehlten, die Frau nicht zur gynäkologischen Untersuchung beim Arzt war. Die 52-Jährige hatte ausgesagt, der Angeklagte habe sie zunächst im Oktober 2009 zum Geschlechtsverkehr gezwungen und im April 2010 ein weiteres Mal. Allerdings hatte die Frau beide Vorfälle erst im Jahr 2015 angezeigt. „Zwischen den Taten und der Verhandlung liegt ein erheblicher Zeitraum“, sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung. Das hatte sich in vielen Zeugenaussagen gezeigt. Letztlich standen sich im Prozess die Aussage der Frau und die des Mannes gegenüber, der die Vergewaltigungsvorwürfe abstritt. Während der rund sechsmonatigen Beziehung habe es „ausschließlich einvernehmlichen Geschlechtsverkehr“ gegeben, sagte er. Die Verteidigung stellte die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers in Frage. So habe die Frau zwar von Anfang an eine gewisse Konstanz in ihrer Aussage gehabt, „aber das muss nicht unbedingt die Wahrheit sein“, so der Verteidiger. So könne sich mit der Zeit in ihrem Gedächtnis etwas eingebrannt haben, was sie selbst als Wahrheit annehme. Immerhin habe die Frau eingeräumt, bereits in früheren Partnerschaften Gewalterfahrungen gemacht zu haben. „Und es könnte sein, dass sie diese nun alle auf meinen Mandanten projiziert.“ Der Verteidiger wies zudem darauf hin, dass die Frau vor Gericht eingeräumt hatte, bereits vor den beiden von ihr angezeigten Vorfällen einen Selbstmordversuch unternommen zu haben. Damit war für den Verteidiger klar, dass die angeblichen Vergewaltigungen nicht die Auslöser für die psychischen Probleme der Frau gewesen sein könnten, wie von der Staatsanwaltschaft angeführt. Die Verteidigung verwies außerdem auf die Aussage einer Frau, die nach der Trennung des Mannes von dem vermeintlichen Opfer für einige Monate mit dem heute 40-Jährigen zusammenlebte. Diese Zeugin berichtete von Telefonanrufen, in denen die Frau nach dem Vorfall im Oktober 2009 ihren Ex-Freund dazu bewegen wollte, in die ehemals gemeinsame Wohnung zurückzukehren. „Sie hat gedroht, dass sie sich etwas antut. Nicht etwa damit, dass sie zur Polizei geht“, argumentierte der Verteidiger. Außerdem gebe es Zeugenaussagen, die dem Angeklagten für den angeblichen zweiten Vorfall ein Alibi gegeben hätten. Der Verteidiger forderte daher Freispruch. Die Staatsanwaltschaft folgte hingegen der Aussage der Frau und hatte eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren gefordert, und auch ihre Anwältin sah in der späten Anzeige eher einen Grund für die Glaubwürdigkeit der Frau. „Sie hat lange gebraucht, bis sie soweit war, sich zu offenbaren.“ Dem Gericht genügte das nicht für einen Schuldspruch. |env

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