Ludwigshafen Heino sagt „...und Tschüss“

Blond und mit tiefschwarzer Sonnenbrille: Der wahre und echte Heino bei seinem Auftritt in Mannheim.
Blond und mit tiefschwarzer Sonnenbrille: Der wahre und echte Heino bei seinem Auftritt in Mannheim.

Jede Musik hat ihre Zeit, und jede Zeit hat ihren Heino. In über einem halben Jahrhundert hat Heino immer wieder von sich reden gemacht. Kein anderer Künstler aus der Schlagerbranche hat sich mit seiner auffälligen Erscheinung derart tief ins kollektive Gedächtnis der Deutschen eingebrannt. Und der knorrige Haselnussknacker mit der Blondscheitelfrisur und der Ghetto-Sonnenbrille denkt selbst mit 80 Jahren noch nicht ans Seniorenheim. Im Gegenteil! Seine Mutation vom Fahrtenlieder-Zombie zum Altersrocker überbrückt alle Generationen und Geschmäcker. Was die unzähligen Käufer von gelben Billigperücken am Merchandising-Stand in dem Konzert an Entertainment geboten bekamen, da wurde selbst die „Schwarze Barbara“ kreidebleich. Seit seinem vorletzten Album „Mit freundlichen Grüßen“, auf dem er Bands wie Rammstein, Sportfreunde Stiller oder Die Ärzte auf seine typische Art covert, sind die Rollatoren im Publikum verschwunden. Die Platte ist übrigens bisher seine einzige Nummer eins in der deutschen Hitparade gewesen. Nun ist der „Unkaputtbare“ mit dem Nachfolgewerk „... und Tschüss“ auf Tournee. Über 50 Millionen Platten hat der gelernte Bäcker verkauft, doch der Weg bis zur Kultfigur für alle war kein leichter, der Kurs umstritten. Sein Liedgut galt stets als deutschtümelnd, besonders seit er auf einem Tonträger „Das Lied der Deutschen“ sang, und zwar alle drei Strophen. Darauf folgte eine mehrjährige Umsatzpause, erst im Jahr der Wende ging es wieder bergauf, als Heino seinen „Blauen Enzian“ als Dancefloor-Version auf den Markt brachte und erstmals bei der Jugend ankam. Vor sechs Jahren hat er endgültig sein Image neu poliert und mit seinen Coverversionen bekannter Hits sogar von eingefleischten Rockfans akzeptiert wurde. Diese Welle reitet er bis heute. In schwarzer Lederkluft mit dem Buchstaben „H“ aus silbernen Pailletten auf dem Rücken schmettert er nun im MS Connexion Titel wie „Das Model“ von Kraftwerk oder „An Tagen wie diesen“ von den Toten Hosen. „Das ist doch auch alles Volksmusik, eben Volksmusik von heute“, begründet Heino seine Metamorphose. Das Jackett sitzt. „Genau wie der Schneider, der es genäht hat“, kalauert er mit sichtlichem Spaß. Der Saal röhrt bei allen Songs kräftig mit. In der Halle herrscht bald eine ausgelassene Stimmung. Ob er jetzt als Rockstar auch kiffe, hat ihn unlängst ein Fernsehmoderator gefragt. „Nein, ein Volksmusiker kifft nicht, er singt den Schneewalzer“, konterte er. Bodenhaftung, die man Heino abnimmt. Auch der Umgang mit dem Publikum, das fast jeden Titel mitsingt, ist vorbildlich. „Es kommt mir vor, als ob ich alle von euch persönlich kennen würde. Wie eine Familienfeier vor 60 Jahren“, plaudert er leutselig und hat die Menge sofort auf seiner Seite. Die sieht dem Altmeister auch nach, dass er seinen Enkel Basti mit zwei Solostücken ins Programm schmuggelt. Eine zehnköpfige Band mit Chor unterstützte den lange Totgesagten nach Kräften. Ein Teleprompter mit etwas größeren Buchstaben half durch den Abend. Bei seinen Klassikern aber benötigt Heinz Georg Kramm – so sein bürgerlicher Name – kein Backup. Den Text kennt er im Schlaf. Die „Schwarzbraune Haselnuss“ , „Sierra Madre“, „Rosamunde“ oder wie die Dauerbrenner bei Veteranentreffen sonst noch so heißen. Nicht alle Lieder sind, trotz neuem Arrangement, leichte Kost für Hitparadenfreunde. Und gelegentlich bedient er noch die nationale Marschmusikfraktion. Aber nur gelegentlich, dann versöhnen wieder rockige Nummern wie „Willenlos“ oder „Augen auf“ die jüngeren Zuhörer. „Jahrelang hat man mit meiner Person Schabernack getrieben. Heute zeige ich dem Nachwuchs, was man aus ihren Liedern auch machen kann“, bedankt sich der glücklich lächelnde Künstler für den tosenden Applaus. „...und Tschüss“ soll sein letztes Album sein, die aktuelle Deutschlandtour sein Abschied von der Bühne. Wer jedoch den agilen Herrn im MS Connexion erlebt hat, glaubt diesen Ankündigungen nicht. Seine Stimme reicht immer noch locker, um Ferngespräche auch ohne Telefon zu führen. Und ein Hintertürchen lässt sich der Interpret mit dem extrem rollenden „R“ offen. Er möchte vielleicht doch noch einmal „Am Brunnen vor dem Tore“, „Sah ein Knab ein Röslein steh´n“ und seine besten Schlager mit Karamba und Karacho präsentieren, sagte er unlängst in einem Interview.

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