Ludwigshafen Gnadengesuch als letzter Strohhalm

Das wegen einer üblen Massenschlägerei abgebrochene Fußballspiel der C-Klasse Rhein-Pfalz Süd zwischen dem ESV und der FG Nord Ludwigshafen (Bericht gestern) hat ein juristisches Nachspiel. Aber auch die Sportgerichtsbarkeit wird sich mit dem Fall intensiv befassen. Ein Überblick.

Spielabbrüche wegen tätlichen Auseinandersetzungen oder Attacken gegen Schiedsrichter kommen immer wieder vor. Wie viele es aber pro Spielzeit sind, darüber konnte der Südwestdeutsche Fußballverband (SWFV) gestern keine Angaben machen. Solche Fälle setzen einen immer gleichen Ablauf in Gang. „Der Klassenleiter fordert von den beteiligten Vereinen eine Stellungnahme zu den Vorfällen an“, erklärt Jürgen Veth, der Vorsitzende des Spielausschusses des SWFV. Liegen die Unterlagen vor, leitet er sie zusammen mit dem Bericht des Schiedsrichters an die Gebietsspruchkammer weiter. Deren Vorsitzender ist Stefan Schulz, ein Rechtsanwalt aus Speyer. Im nächsten Schritt wird möglichst rasch eine mündliche Verhandlung terminiert, zu der neben den Angeklagten auch Zeugen geladen werden, die die Vereine benennen können. „Über deren Vernehmung entscheidet die Kammer“, informiert Veth. Mitunter kann man sich den vierten und fünften Zeugen eines Klubs schenken, weil die Aussagen oft abgesprochen sind, was der Vernehmung mitunter kabarettistische Züge verleiht. Deshalb ist es ganz gut, dass eine Vereidigung vor dem Sportgericht unterbleibt. Nach der Zeugenvernehmung fällt die Kammer, der neben dem Vorsitzenden auch zwei bis drei Beisitzer angehören, das Urteil. Dabei werden die Spielwertung festgelegt, die persönlichen Strafen für Spieler in Form von Sperren sowie Geldstrafen für die Vereine, etwa wenn die Platzaufsicht vernachlässigt wurde oder für das Vergehen einer ihrer Akteure. „Wir können nur den Verein, keine Spieler in Regress nehmen“, verdeutlicht Veth. Rechtskräftig ist das Urteil jedoch noch nicht, denn die beteiligten Vereine haben die Möglichkeit, Berufung einzulegen, was nicht ganz billig ist. Verbands- und Landesligisten müssen 110 Euro berappen, Bezirksligisten 80 und alle anderen 60. Da hat schon mancher Verein verzichtet, weil er seine Erfolgschancen nicht allzu hoch eingeschätzt hat. Zweite und letzte Instanz ist das Verbandsgericht mit Thomas Bergmann aus Alzey als Vorsitzendem. Der Richter ist Direktor des Amtsgerichts Worms. Dessen Urteil ist bindend. Ein kleines Schlupfloch haben die Vereine noch. „Man kann beim Präsidium des SWFV einen Antrag auf Überprüfung des Urteils stellen. Für ein Wiederaufnahmeverfahren müssen aber Verstöße gegen die Rechts- und Verfahrensordnung nachgewiesen werden“, sagt Veth. Hilft alles nichts, ist ein Gnadengesuch an den Präsidenten so etwas wie der letzte Strohhalm. (thl)

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