Ludwigshafen FWG gegen AfD: Schlagabtausch vor der Kommunalwahl

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Timo Weber (41, links) ist seit 2016 bei der AfD und seit rund fünf Monaten Kreisvorsitzender. Rainer Metz (60, rechts), 1994 FWG-Gründungsmitglied, ist seither mit kurzer Unterbrechung Chef der aktuell zweiköpfigen Fraktion.

Meinung am Montag: Die Kommunalpolitik steht vor großen Herausforderungen. Was die Spitzenkandidaten anpacken möchten, ist das Thema in vier Rededuellen. Rainer Metz (FWG) und Timo Weber (AfD) haben sich ordentlich die Meinung gegeigt. Ihre Positionen liegen meilenweit auseinander, aber eines eint sie: die Kritik an der „Groko“.

Herr Metz, Sie haben lange gezögert vor der Teilnahme am Rededuell.Metz:

Das war sogar ein großes Zögern. Das wurde auch FWG-intern heftig diskutiert. Warum? Metz: Weil es in der AfD rechtsradikale Tendenzen und Ideen gibt. Diese Partei ist im Visier des Verfassungsschutzes. Wir wollen nichts mit ihr zu tun haben. Mit Blick auf die Wahl haben wir dann aber entschieden, uns zu stellen, wenn auch mit erheblichen Bauchschmerzen. Klar ist: Eine Zusammenarbeit mit der AfD wird es nicht geben. Herr Weber, gibt es Rechtsradikale in der AfD? Weber: Es laufen Ausschlussverfahren gegen Leute, die sich entsprechend verhalten oder äußern. Die AfD wehrt sich gegen sie. Da stehe ich voll dahinter. Solche Personen haben bei uns nichts zu suchen. Metz: In der Ludwigshafener AfD gibt es also keine Rechtsextremen? Weber: In meinem Kreisverband kenne ich keinen einzigen. Metz: Aber Sie stehen ja auch für die Bundes-Partei. Weber: So wie Sie für die FWG in Ludwigshafen antreten, trete ich für die AfD in Ludwigshafen an. Metz: Aber Sie vertreten doch auch Positionen der Bundes-AfD wie den Dexit, also den Austritt aus der EU. Das wäre für Ludwigshafen eine Katastrophe und für die Region ein wirtschaftliches Fiasko. Wir leben hier vom Export. Damit gefährden Sie die Sicherheit in der Region. Weber: Das Programm für die Europawahl hat mit dem Stadtrat wenig zu tun. Und was Sie sagen, ist nicht ganz richtig. Wir wollen eine Reform der EU, die ein bürokratisches Monster ist, und keinen Dexit. Metz: Die Reform wünscht sich jeder, aber Sie wollen einen Dexit. Weber: Nur als letzte Lösung. Metz: Den Klimawandel leugnen Sie doch auch. Weber: Den Klimawandel gibt es, dazu stehe ich. Aber was das mit rechtsextremen Tendenzen zu tun hat, kann ich jetzt nicht erkennen. Herr Metz, der AfD werden sechs bis neun Sitze im Stadtrat zugetraut. Damit wäre die AfD weitaus stärker als die FWG. Gruselt Ihnen davor? Metz: Ich sitze schon 20 Jahre im Stadtrat. Die rechten Parteien, die dort eingezogen sind, haben sich immer schnell zerstritten und wenig Konstruktives beigetragen. Wie das bei der AfD ist, weiß ich nicht. Vielleicht wechseln ja wieder viele zur FDP. Wir werden das kritisch beobachten, schauen aber erst mal auf uns. Das Ziel sind drei Mandate. Weber: Sie haben mal gesagt, dass sie eine Allparteien-Koalition gegen die AfD anstreben. Das zeigt doch, dass es Ihnen gar nicht um eine inhaltliche Debatte geht, sondern vor allem darum, gegen die AfD zu sein. Metz: In Ihrem Programm steht ja auch nichts über Ludwigshafen drin, da muss man lange suchen. Weber: Wir sitzen ja auch noch nicht im Stadtrat. Uns vorzuverurteilen, ist nicht ganz fair. Herr Weber, wie wollen Sie sich von den etablierten Parteien abgrenzen? Weber: Wir fordern mehr Transparenz. Bei den Hochstraßenprojekten sieht man, dass es da Klüngeleien und Geheimabsprachen gibt. Durch Anfragen wollen wir in der Opposition den Finger in Wunden legen. Da sind Sie ja gar nicht so weit auseinander. Mangelnde Transparenz ist ja auch ein Kritikpunkt der FWG. Metz: Ich glaube angesichts der vielen gewaltigen Themen ist die Stadtverwaltung momentan überfordert. Es gibt aber schon eine gewisse Transparenz. Anfragen werden beantwortet, vieles wird ins Internet gestellt, und es gibt Bürgerforen. Die Verwaltung muss allerdings endlich mal Konzepte vorlegen. Es geht hier eher um Konzeptlosigkeit als um mangelnde Transparenz. Nennen Sie mal ein Beispiel. Metz: Das Rathaus steht seit zwei Jahren leer. Keiner weiß, wie es weitergeht. Die Hochstraßensituation ist völlig verfahren. Was mit der Südtrasse passiert, weiß keiner. Dieser Frust treibt Wähler zur AfD. Das überrascht Sie nicht, oder? Metz: Nein, zumal die große Koalition in vielen Bereichen versagt hat. Schauen Sie sich nur mal die Finanzsituation der Stadt an. Zu den Schulden von 1,4 Milliarden Euro kommt ja noch der Sanierungsstau an Schulen von 290 Millionen Euro. Dass die „Groko“ keine breite Mehrheit gesucht hat, die sich das nicht mehr gefallen lässt, verstehe ich nicht. Bund und Land erzielen Überschüsse und sparen auf Kosten der Stadt. Hätte der Stadtrat einstimmig gesagt, stinkende Schultoiletten nehmen wir nicht mehr hin, dann hätte sich die Finanzaufsicht zweimal überlegt, ob sie das ablehnt. Da fehlt der Widerstand über Parteigrenzen hinweg. Im künftigen Stadtrat darf es keine große Koalition mehr geben, damit sich endlich was ändert. Weber: Herr Metz kritisiert sich und die Kollegen ja selbst, weil die Opposition nicht funktioniert. Die große Koalition kann schalten und walten, wie sie will. Unsere Aufgabe wird es sein, das besser zu machen. Wir sind keine reine Protestpartei. Wir wollen auch gestalten, etwa bei der Innenstadtentwicklung. Die Geschäfte stehen leer, es gibt nur noch Ein-Euro-Shops und Handyläden. Wie wollen Sie das ändern? Weber: Da muss man neues Leben reinbringen, etwa mit Coworking-Spaces, also flexiblen Arbeitsplätzen in offen gestalteten Büros. Damit könnte man Existenzgründer ködern. In Mannheim fand neulich die erste bundesweite Konferenz dazu statt. Da frage ich mich, warum die nicht nach Ludwigshafen geholt wurde. Und warum senkt man nicht die Gewerbesteuer, um Betriebe anzulocken? Ludwigshafen hat viel Potenzial. Es wird einfach nicht genutzt. Da fehlen kreative Lösungen. Metz: Für die Innenstadt gibt’s keine einfachen Lösungen. Die Welt ändert sich, der Online-Handel boomt. Die Forderung, die Gewerbesteuer zu senken, ist lächerlich. Die zahlen vor allem Großunternehmen. Damit locken Sie keinen einzigen kleineren Betrieb an. Die Aufsichtsbehörde hat die Stadt quasi gezwungen, die Gewerbesteuer zu erhöhen. Die aktuelle Entwicklung, Dienstleister im Zentrum anzusiedeln, macht Ludwigshafen zu einer Bürostadt. Das ist auch nicht das Gelbe vom Ei. Einen Hochschul-Campus hat das Land leider abgelehnt. Aber warum kein Fachschul-Campus? Das bringt uns junge Leute. Wir brauchen dringend Erzieher und Pflegekräfte. Glauben Sie noch an die „Metropol“-Hochhauspläne am Berliner Platz, jetzt, da Investor Günther Tetzner einen neuen Kapitalpartner hat? Weber: Nein. Das ist schon der dritte Geschäftspartner, bisher hat das nie funktioniert. Die Opposition hat auch nicht funktioniert. Ich schlage einen Grundstücktausch vor. Metz: Welches Grundstück wollen Sie Herrn Tetzner denn anbieten? Weber: Da müsste man die Stadtverwaltung fragen, welches dafür in Frage kommt. Metz: Das ist ein Privatgelände, und Tetzner hat schon elf Millionen Euro reingesteckt. Den kann man nicht einfach zu einem Tausch zwingen. Ich sehe das Projekt auch sehr kritisch. Aber so einfach geht’s nicht. Und der Hochstraßenschlamassel? Weber: Für die Südtrasse fehlen Alternativen. Es fehlt die Offenlage der Kosten, der Bauzeit und der Risiken. Metz: Das ist eine hochkomplexe Geschichte. Die Stadt hat die Problematik unterschätzt. Ob die Hochstraße Süd noch drei Wochen oder zehn Jahre hält, weiß niemand. In ihrer aktuellen Aufstellung kann die Verwaltung das jedenfalls nicht stemmen. Da muss ein Lenkungskreis mit Experten, Firmen und Politikern einberufen werden. Wird die „Groko“ Bestand haben? Weber: Ich rechne nicht damit. Ich befürchte, dass es ein rot-rot-grünes Bündnis gibt, und ich hoffe auf eine bürgerliche Koalition. Mit wem können Sie sich eine Zusammenarbeit vorstellen? Weber: Ich habe von einzelnen Mitgliedern anderer Parteien gehört, dass es bereits Versuche gab, mit uns Kontakt aufzunehmen. Und von wem? Weber: Das verrate ich nicht. Aber es gibt diese Gespräche. Ist es die FDP? Weber: (grinst) Herr Metz ist es jedenfalls nicht. Wir reden mit allen Parteien, außer der SPD und den Grünen, wegen deren Ideologie. Metz: Gegen Umweltschutz gibt es doch nichts einzuwenden. Weber: Wenn man in einem Café zu einem Latte Macchiato keine Plastikstrohhalme mehr bekommt und in anderen Ländern der Müll einfach in den Fluss gekippt wird, dann stimmt die Relation nicht mehr. Diese Ideologie meine ich. Damit wird den Bürgern Angst gemacht. Ihre Partei schürt dafür Angst vor Überfremdung. Weber: Mir persönlich können Sie das nicht vorwerfen. Tue ich auch nicht. Herr Metz, wofür würden Sie sich entscheiden: drei zusätzliche Stadtratssitze oder das Scheitern der AfD am 26. Mai? Metz: (lacht) Das ist eine unrealistische Frage. Und Sie Herr Weber, würden Sie auf fünf Sitze verzichten, wenn Sie dafür von allen Parteien im Stadtrat als politische Kraft akzeptiert würden? Weber: Dann lieber die fünf Sitze. Die Reihe Zur Kommunalwahl bitten wir acht Spitzenkandidaten zum Rededuell. Wer dabei diskutiert, haben wir ausgelost. Die Reihe begann mit Peter Uebel (CDU) und Andreas Kühner (LKR). Zuletzt diskutierten Thomas Schell (FDP) und Liborio Ciccarello. Abschließend folgen Monika Kleinschnitger (Grüne) und David Guthier (SPD). Am Rededuell nehmen die sieben Ratsfraktionen sowie die AfD teil.

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Eins der Themen, die die Stadtgesellschaft aufwühlen: das geplante »Metropol«-Hochhaus am Berliner Platz.
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Zwei weitere Themen, die die Stadtgesellschaft aufwühlen: die ungewisse Zukunft des Rathauses und der Abriss der Hochstraße Nord.
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