Ludwigshafen „Fußballer verweichlichen immer mehr“

Herr Arens, mögen Sie Pep Guardiola, den Trainer des Fußball-Bundesligisten FC Bayern München?

Nein, eher nicht. Warum? Weil die Geschichte mit dem damaligen Mannschaftsarzt Müller-Wohlfahrt nicht in Ordnung war. Und das ist noch milde ausgedrückt. Herr Wohlfahrt ist ein Arzt mit einer ungemeinen Reputation. Er übt über 40 Jahre seinen Beruf aus und genießt höchstes Ansehen weltweit. So geht man mit so einer honorigen Person nicht um. Herr Guardiola soll sich auf seine Arbeit konzentrieren. Wir Ärzte kritisieren ja öffentlich auch nicht die Taktik oder das System des Trainers. Also hätte Guardiola diesen Konflikt intern lösen sollen, wenn man das nun einmal Monate danach mit genügend Abstand betrachtet? In der Form jedenfalls nicht. Hier war es aber wohl eine Machtfrage. Denn es gab und gibt Spieler in München, für die ist Herr Müller-Wohlfahrt eine Vertrauensperson. Für sie ist manchmal der Arzt wichtiger als der Trainer. Da fühlte sich ein stolzer Spanier sicherlich an der Ehre gepackt. In diesem Fall trafen außerdem zwei extrovertierte Menschen aufeinander. Jetzt gehen aber viele Spieler weiter zu Müller-Wohlfahrt. Beschädigt das nicht das Ansehen des neuen Mannschaftsarztes? So etwas kann zu einer Missstimmung führen. Aber generell finde ich es als Mediziner gut, wenn man sich eine zweite Meinung einholt. Nun, einige Ärzte, ich betone nicht alle, mögen es auch nicht gerne, wenn ihnen widersprochen wird. Treffen da Welten aufeinander, wenn unter Druck stehende Trainer auf Ärzte treffen? Es geht ja um viel Geld. Ärzte sind auch ein besonderes Völkchen. Sie wollen sich aber auf ihre medizinischen Dinge konzentrieren, wie die Trainer sich eben mit ihrer Taktik, ihrem System auseinandersetzen. In meiner Zeit beim FSV Oggersheim hatten wir uns oft zusammengesetzt, Trainer, Arzt und Physiotherapeut. Das lief unkompliziert ab. Beim FC Arminia jetzt ist alles ganz familiär. Das kann man nicht mit dem Profifußball vergleichen. Warum haben es Mannschaftsärzte manchmal so schwer? Nun, das kommt auf den Trainertyp an. Ich hatte bislang unter zehn Trainern gearbeitet und nie große Probleme mit ihnen. Mein Vater war einmal Mannschaftsarzt beim MSV Duisburg. Gyula Lorant war Trainer. Der war sehr autoritär und sagte: Er als Trainer bestimmt, welcher Spieler verletzt ist. Mein Vater hatte große Auseinandersetzungen mit ihm. Heute wäre das bei dem medialen Aufkommen gar nicht mehr groß möglich. Das hat man ja vor Monaten beim FC Bayern München gesehen. Stehen Trainer heute auch nicht zu sehr unter Druck? Nun, das kommt auf den Status des Trainers im Verein an. In manchen Klubs haben Trainer viel zu sagen, in anderen wiederum ganz wenig bis gar nichts. In beiden Fällen ist es ja dann für den Arzt auch nicht gerade leicht… Der Körper ist doch das Kapital eines Sportlers und des Vereins. So gesehen müssen doch alle Parteien ein klares Ziel haben, dass der Spieler alle Zeit der Welt bekommt, wieder komplett gesund zu werden. Den Eindruck gewinnt man manchmal nicht. Wird da mit der eigenen Gesundheit zu fahrlässig umgegangen? Bei gewissen Verletzungen dauert ein Heilungsprozess eben. Nehmen wir die Beispiele von Daniel Eppel und Jens Leithmann beim FC Arminia. Bei Leithmann und seinem Kreuzbandriss dauert es nun mal Monate, bis er wieder spielen kann. Auch ein Schlüsselbeinbruch wie bei Eppel heilt nicht in acht Tagen. Anders ist es bei muskulären Verletzungen. Diese sind manchmal schwer zu diagnostizieren. Da spielen dann auch versicherungstechnische Gründe, wie die private Unfallversicherung oder die Berufsgenossenschaft mit der entsprechenden lebenslangen Rente eine nicht zu unterschätzende Rolle. Mit anderen Worten ein Spieler simuliert, weil er von der BG dann seine garantiertes Gehalt bekommt, solange er verletzt ist? Das könnte durchaus in gewissen Fällen so der Fall sein, ohne dass ich dafür Beweise habe. Neben den Simulanten gibt es aber auch die Spieler, die es nicht mehr erwarten können, wieder auf dem Platz zu stehen und grenzwertig früh zurückkehren auf das Spielfeld. Das hängt vom Spielertyp ab. Manche Akteure sind sehr robust und können Schmerzen ertragen und mit ihnen gut umgehen. Andere dagegen sind sehr empfindlich. Als Arzt muss man seine Spieler kennen und wissen, ob es echt ist, wenn sich ein Akteur auf dem Boden wälzt. Allgemein gesprochen aber geht die Tendenz eher da hin, dass die Spieler verweichlichen. Da spielt manchmal die Farbe der Fußballschuhe eine wichtigere Rolle als der eigene Fitnesszustand.

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