Ludwigshafen Forschungserfolg in LU: Raupen statt Mäuse

Radiologe Frank Müller.
Radiologe Frank Müller.

Es sei nicht weniger als ein Durchbruch beim Tierschutz gelungen, teilt die Praxis für Radiologie und Nuklearmedizin von Frank Müller mit und verweist auf herausragende Forschung, an der sie beteiligt sei. „Wir können zeigen, dass Mäuse in Versuchen zu Darmentzündungen durch Schädlingsraupen ersetzt werden können“, freuen sich die Ludwigshafener.

Weil der Tabakschwärmer – eine Falterart aus Amerika, die als Schädling bekämpft wird – an den gleichen oder ähnlichen Erkrankungen leiden kann wie der Mensch, können dessen Larven als Modellorganismus für menschliche Erkrankungen genutzt werden. „So können Erkrankungen besser verstanden und neue Therapien sowie Diagnosemethoden entwickelt werden“, erläutert Frank Müller. Im Vergleich zu traditionellen Labortieren wie etwa Ratten oder Mäusen böten Insekten wie der Tabakschwärmer aber auch noch andere Vorteile: „Ihr Einsatz in der Forschung ist schneller und kosteneffizienter als Tierversuche mit Säugetieren und mit weniger Belastungen für die Tiere verbunden.“

Konkret habe das Team seiner Ludwigshafener Praxis gemeinsam mit Gießener Forschern zeigen können, dass Mäuse in Versuchen zu Darmentzündungen durch Schädlingsraupen ersetzt werden können. „Die Raupen des Tabakschwärmers können genutzt werden, um chronisch entzündliche Darmerkrankungen zu erforschen und neue dringend benötigte Therapien zu entwickeln und zu testen“, lautet entsprechend das Fazit eines internationalen Wissenschaftlerteams um den Gießener Forscher Anton Windfelder. Die Methode biete dabei auch den Vorteil, dass viele Tiere innerhalb kurzer Zeit untersucht werden können. „In der Computertomographie lassen sich bis zu 100 Tiere in wenigen Sekunden untersuchen. Im Unterschied zu traditionellen molekularbiologischen oder histologischen Methoden überstehen die Tiere die Narkose und Bildgebung sehr gut und leben danach unversehrt weiter“, so die Wissenschaftler.

Chronische Darmentzündungen auf Vormarsch

Bedeutsam ist dieser Fortschritt in Sachen Tierschutz insbesondere auch deshalb, weil Entzündungen des Magen-Darmtrakts zu den häufigsten menschlichen Erkrankungen weltweit gehören „und chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie beispielsweise Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa global auf dem Vormarsch sind“, wie Windfelder betont.

„Wir nutzen bildgebende Verfahren aus der Radiologie und Nuklearmedizin und können mittels Computertomographie (CT) oder auch Magnetresonanztomographie (MRT) eine Entzündung im Darm der Tiere zielgenau diagnostizieren“ – und zwar in Analogie zu einer Darmentzündung beim Menschen mit Kontrastmitteln und speziellen Markern, erklärt der Wissenschaftler. Medikamente wie beispielsweise Cortison, die bei akuten Schüben von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt werden, zeigen demzufolge auch bei den Larven des Tabakschwärmers eine deutliche Reduzierung der Entzündung.

„Natürlich können Insekten Mäuse und Ratten nicht vollständig ersetzen“, ergänzt der ebenfalls an der Studie beteiligte Zoologe Andreas Vilcinskas, Leiter des Instituts für Insektenbiotechnologie an der Universität Gießen. Versuche mit Insekten wie dem Tabakschwärmer könnten jedoch weiterhelfen, um vielversprechende neue Wirkstoffe und Therapien auszuwählen, die dann in traditionellen Modellen weiter evaluiert werden. Die Forschung würde den Wissenschaftlern zufolge dadurch erheblich beschleunigt und wäre kostengünstiger.

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