Ludwigshafen Folkrock mit Wucht

Wallis Bird wuselte über die Seebühne des Mannheimer Luisenparks als hätte sie in eine Starkstromleitung gebissen. Sie sang, schrie, tanzte und riss das Publikum mit. Gleich zum Auftakt der Konzertreihe „Seebühnenzauber“ hatten es die Organisatoren geschafft, ein junges Publikum anzusprechen.

Es war einmal ein kleines - das darf man bei 1,60 Metern Größe sagen – Mädchen aus Irland, das auf seiner Gitarre schrammelte, ganz flotten Folk sang und dabei immer auch putzig wirkte. Vielleicht erinnerte sich jemand im Publikum noch an die Zeit, als Wallis Bird gerade in Mannheim angekommen war. Das ist etwa zehn Jahre her. Und seither ist sie zu einer sehr eigenständigen und erfolgreichen Musikerin geworden. Auf der Seebühne fängt sie mit einer E-Gitarre an. Unterstützt wird sie von einer Band, die ordentlich Wurms hat. Den benötigen die Kollegen auch, sonst werden sie von Wallis Wucht einfach weggeblasen. Die Gitarre klingt roh und angezerrt, die Sängerin schreit erst mal los. Dann klingt es rockig, und die Musik haut den Hörern auf Ohren und Gemüt. Es folgen einige Stücke aus dem gerade erschienenen Album „Architect“. Da hört man, dass Wallis Bird sich, ausgehend von den früheren Folk-Wurzeln, viel weiteres musikalisches Gelände erkundet und erobert hat. Der Folk-Bezug steckt heute noch am ehesten im Sound: Wallis spielt meist auf der akustischen Gitarre, Aoife O’Sullivan steuert Trompete, Aiden Klarinette bei, die beiden greifen auch zu Gitarren und Melodica. Schlagzeuger Christian Vinne ist genau der Richtige, um die Hochspannung aus dem Wallis-Kraftwerk in mitreißende Grooves umzusetzen, sein Bruder Michael Vinne unterstützt ihn dabei am Bass. Von den Brüdern kommen die harten Beats, die den Stücken die besondere raue Kante geben. Während der durchschnittliche Folksong harmonisch eher schlicht ist, und auch Mainstream Pop und Rock nicht kompliziert sind, ist die Musik von Wallis Bird erstaunlich komplex, ohne dass deswegen die Breitenwirkung ausbleibt. Die Arrangements sind abwechslungsreich und gehen oft über einfache Liedformen hinaus. Man hört Einflüsse von Dancefloor, Rhythm ’n’ Blues, Britpop und einiges aus der Progressive-Ecke, etwa ausgefallene harmonische Wendungen, die man im Standard Pop vergeblich suchen würde. All das bekommt durch Wallis Bird eine eigene Prägung und schafft einen sehr eigenständigen Sound. Dass die überschäumende Energie der Irin die Zuhörer mitreißt, ist unvermeidlich. Man hat selten gesehen, dass das ganze Seebühnen-Publikum steht und mitgroovt. Stimmung und Atmosphäre waren fantastisch. Natürlich spielt auch das besondere Verhältnis zu Mannheim eine Rolle. „Monnem!“ ruft Wallis und beweist mit „Hajo!“ und „Isch weeß net...“, dass sie es auch sprachlich drauf hat. Die Sängerin hat einige Jahre hier gelebt und an der Popakademie studiert. Hier lernte sie Christian Vinne kennen, der mit seinem Bruder seither fest zur Band gehört.

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