Ludwigshafen „Für mich ist die Kabine nicht der heilige Ort“

Jürgen Ehrhardt (links) arbeitet erfolgreich mit seinen Mannschaften. Rechts: RHEINPFALZ-Mitarbeiter Jochen Willner.
Jürgen Ehrhardt (links) arbeitet erfolgreich mit seinen Mannschaften. Rechts: RHEINPFALZ-Mitarbeiter Jochen Willner.

«LUDWIGSHAFEN.» Jürgen Ehrhardt ist ein pragmatischer Mensch. Für den Handball-Trainer ist die Kabine ein Nutzraum. Dennoch sagt er, dass es Trainer weiblicher Mannschaften durchaus schwer haben. Denn sie stehen unter Beobachtung.

Herr Ehrhardt, seit wenigen Wochen trainieren Sie die weibliche C-Jugend der JSG Mundenheim/Rheingönheim. Gleich im ersten Anlauf qualifizierte sich der Klub für die Oberliga. Haben Sie mit den Mädchen gefeiert?

Nein, wir haben nicht großartig gefeiert. Es ist ja nur ein Etappenziel, das wir uns als Mannschaft vorgenommen haben und keine Meisterschaft. Ich denke, die Mädchen haben diesen Erfolg unter sich genossen. Wann gab es denn dann das letzte Kabinenfest? Ich habe noch kein Kabinenfest mit den Mädchen bei den VTV gefeiert. Um feiern zu können, muss man sich nicht in der Kabine verstecken. Das können wir im Schulzentrum auch im Foyer machen. Da macht das einfach mehr Spaß. Wenn meine Mädchen ein Fest in der Kabine organisieren und mich einladen, dann würde ich sicherlich mal vorbei schauen. Dabei hätten Sie es nach der Oberliga-Qualifikation organisieren können? Ich werde es nicht machen. Für mich ist die Kabine nicht der heilige Ort, wie es so manche Kollegen sehen. Meine Vorbereitung für das Spiel treffe ich zu Hause und lediglich kurz vor einer Partie komme ich für fünf bis zehn Minuten zur Besprechung in die Kabine. Sonst habe ich dort nichts verloren. Die Kabine hat für mich keine besondere Bedeutung, da hat auch nichts mit dem Geschlecht zu tun. Auch nicht nach dem Spiel, wenn Sie den Mädchen etwas sagen wollen? Nach dem Spiel ist die Kabine für mich erst Recht eine Tabuzone. Ich habe auch ganz bewusst eine weibliche Co-Trainerin, die mir mitteilen kann, wenn es in der Kabine etwas Wichtiges gibt. Ich habe zu Hanna Weingarte, die ich schon sehr lange kenne, eine ganz besondere Beziehung und vertraue ihr auch. Für manche Trainer ist die Kabine ein Rückzugsort. Empfinden Sie dies nicht? Definitiv nicht. Ich habe schon immer Mädchen und Frauen trainiert und deshalb ist es für mich als Mann auch völlig normal, dass die Kabine der Ort meiner Spielerinnen ist und nicht mehr. Daran halte ich fest. Haben Sie die Möglichkeit, für sich eine Kabine in Anspruch zu nehmen? Irgendeine Kabine wäre bestimmt frei, aber ich lege da keinen besonderen Wert darauf. Ich bin da vielleicht anders als andere Trainer. Es gibt für mich schönere Orte als die Kabinen, die in den Hallen zum Teil nicht besonders einladend wirken. Haben Sie persönlich den Eindruck, dass man bei weiblichen Mannschaften als Trainer ein wenig unter Beobachtung steht? Ich denke schon, dass das Umfeld oder auch die Gesellschaft bei diesem Thema sensibler geworden. Herr Ehrhardt, Hand aufs Herz. Wann werden Sie für ihre Mädchen ein Kabinenfest organisieren? (lacht). Warten wir es doch einmal ab. Ich werde mir da noch was Passendes einfallen lassen. .

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