Ludwigshafen Erfahrungen mit dem E-Bike sammeln

Im Aktionsmonat können E-Bikes getestet werden.
Im Aktionsmonat können E-Bikes getestet werden.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Weniger Flächenverbrauch durch Straßen, weniger Lärm, weniger Schadstoffe – es gibt gute Gründe das Auto stehen zu lassen und stattdessen mit dem Fahrrad zur Arbeit zu pendeln. Professorin Jana Heimel von der Initiative „PendlerRatD“ wusste bei der Informationsveranstaltung des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) noch mehr.

„Wir wollen mit PendlerRatD einen Bewusstseinswandel herbeiführen“, nannte sie das Ziel der Initiative, die seit 2019 in zwei Pilotphasen immer mehr Berufspendler auf das Fahrrad setzen möchte. Denn auch Elektroautos änderten nicht die grundsätzlichen Probleme, benötigten die gleiche Stell- und Fahrfläche wie Verbrenner. „Wir wollen Autofahrer zum Umsteigen motivieren und Hemmnisse abbauen.“ Deshalb verleiht ihre Initiative E-Bikes für einen Monat zum „Probependeln“. Der Ansatz ist dabei ganz einfach: „Wer es einmal ausprobiert hat, der bleibt auch dabei.“

Erleichtert werden soll der Umstieg durch die „mitgelieferte“ App, die nicht nur die Vorteile in Form von Einsparungen oder gesteigerter Fitness auflistet, sondern auch die optimale Strecke, auf Wunsch aber auch landschaftlich schönere Wege aufzeigt – denn, so die Erfahrung, „mit dem E-Bike sind die Leute sogar bereit Umwege zu fahren“. Die App soll für Pendler den gesamten Prozess bündeln, fasste Heimel zusammen. „Motivieren, Planen, Radeln, Melden, Belohnen“ – diese Schritte bilden die Säulen von PendlerRatD und der zugehörigen Smartphone-Bedienersoftware.

Aktionsmonat läuft

Die von der Professorin und ihrem Projektteam in den bisherigen Pilotphasen zusammengetragenen Zahlen aus dem Ballungsräumen Stuttgart und Heilbronn seien „gigantisch“: „Wir hatten 278 Testradler. Von denen wollen 85 Prozent weiter mit dem Fahrrad pendeln.“ Ein Drittel davon habe sich bereits ein eigenes E-Bike zugelegt, der Rest liebäugelt mit einer großen Anschaffung. Bei der die Kosten eine gewichtige Rolle spielen. Heimel baut deshalb auf Unterstützung durch Arbeitgeber, die durch Finanzierungsmodelle, etwa Leasing, die Arbeitnehmer bei der Anschaffung unterstützen könnten. Mit dem bis Mitte 2024 laufenden Folgeprojekt, zu dem auch Ludwigshafen gehört, will PendlerRatD weitere 200 Fahrradpendler aufsatteln.

Die Voraussetzungen dafür seien positiv, wie eine Befragung ergeben hat. Die Daten unter den 576 Teilnehmern seien zwar noch nicht endgültig wissenschaftlich ausgewertet und mit 52 Prozent ist auch in dieser Kohorte das Auto weiterhin das Hauptverkehrsmittel. Aber direkt dahinter findet sich mit 21 Prozent auch schon das Fahrrad. „Das ist eine erstaunlich hohe Anzahl, die bislang noch nirgendwo erreicht wurde“, freute sich die Fahrrad-Aktivistin.

Die Gründe dafür könnten im Zeitpunkt der Umfrage liegen – Corona und Spritpreise haben bereits zu einem Umdenken geführt. Es könnten aber auch die Auswirkungen der aktiven Ansprache durch BASF und Stadtverwaltung als große Arbeitgeber sein, die die Mitarbeiter dazu bewegt haben, das Verkehrsmittel zu wechseln. Deshalb hoffen Jana Heimel und der VCD, im Aktionsmonat in Ludwigshafen noch mehr Pendler zum Umsteigen bewegen zu können. Denn eine weitere Erkenntnis ziehe sich durch alle Befragungen: „Fahrradfahrer sind die zufriedensten Pendler.“

Animation zum Testradeln

Arbeitnehmer, die täglich von ihrem Wohnorte zu ihrem Arbeitsplatz in einer Stadt pendeln, sind dabei überwiegend mit dem Auto unterwegs. Verkehrsdezernent Alexander Thewalt (parteilos) will Berufspendler zum Umstieg aufs Rad bewegen. Den Anteil der Pkw-Pendler bezifferte er bei der Auftaktveranstaltung fürs Testradeln am Freitagabend in der Stadtbücherei auf 65 bis 70 Prozent. Das will der Ludwigshafener Dezernent für Bau, Umwelt, Verkehr und Abfall in der Chemiestadt ändern.

Thewalt ist nach eigenen Angaben seit knapp 40 Jahren Mitglied im Verkehrsclub Deutschland (VCD), der sich für eine Verkehrswende im Sinne einer sozial- und umweltverträglichen Mobilität aller Verkehrsteilnehmer einsetzt und das Testradeln in Ludwigshafen initiiert hat. Im Juni wandert das Projekt weiter nach Neustadt an die Weinstraße.

Passionierter Radfahrer: Verkehrsdezernent Alexander Thewalt.
Passionierter Radfahrer: Verkehrsdezernent Alexander Thewalt.

In der Universitätsstadt Heidelberg, wo der Verkehrsdezernent mit seiner Familie lebt, liegt der Fahrradanteil bei den Wegen, die die Heidelberger in ihrem Stadtgebiet zurücklegen, bei 33 Prozent. Auf nur zwölf Prozent komme Ludwigshafen, informierte der passionierte Radfahrer. Aber mit Blick auf die Einpendler unterscheiden sich die Nachbarstädte kaum. Die Berufspendler seien bisher überall überwiegend mit dem Pkw unterwegs. Für Thewalt ist das ein Ansporn, sich dieser Gruppe besonders zu widmen, um den Autoverkehr in den Städten deutlich zu reduzieren. Das Testradeln biete dafür viel Potenzial. Zumal drei Viertel der Projektteilnehmer BASF-Mitarbeiter seien, so der Dezernent.

Thewalt ist der Ansicht, dass nicht nur die Städte davon profitieren würden, wenn weniger Autos auf den Straßen wären. Denn das würde weniger Lärm und weniger Luftverschmutzung bedeuten. Auch den Arbeitgebern würde das mehr Spielraum und weniger Kosten bescheren. Denn diese müssten weniger Parkplätze anbieten, wenn ein großer Teil ihrer Beschäftigten mit dem Rad zur Arbeit kommen würde. Zudem könnten die so frei werdenden Flächen zum Beispiel für notwendige Erweiterungen genutzt werden. Viele Firmen seien auf der Suche nach Grundstücken, um sich zu vergrößern.

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