Ludwigshafen Ein Viertel, 70 Nationen

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Beim Stadtteilfest im Westend haben gestern die Menschen ihr Viertel gefeiert: ausgelassen, spielerisch und vor allem gemeinsam.

Kinder aus 30 bis 40 Nationen an einer Schule? „Das macht es spannend“, sagt Stefanie Reinhold und meint das positiv. Seit 2001 arbeitet die Lehrerin an der Erich-Kästner-Schule, auf deren Hof das Stadtteilfest steigt. Sie erzählt dann noch von Familien aus anderen Ländern, die sich sehr engagieren, als einer ihrer Schützlinge angelaufen kommt und der Grundschullehrerin strahlend die Hand schüttelt. „Ein syrischer Flüchtlingsjunge, der seit sechs Wochen bei uns ist“, sagt Reinhold. Ein lebendiges Viertel, das Westend. „Bunt“ hört man heute immer wieder. Es ist ein viel bemühtes Wort in Integrationsdiskussionen, das hier aber zu passen scheint, im Gewusel auf dem mehr als vollen Hof. Kinder spielen, basteln. Es gibt natürlich eine Hüpfburg, und eine Tombola. Ohne Nieten. Das Schöne hier im Westendviertel sei, so erklärt es der Ortsvorsteher der Südlichen Innenstadt, Christoph Heller (CDU), dass es „für Kinder keine Rolle spielt“, aus welchem Land die Freunde kommen. „Wir haben immer mehr Leute, die hier auf Dauer wohnen.“ Ein gutes Zeichen, so sagt er. Für das gesamte Viertel spricht er von bis zu 70 Nationen bei rund 5000 Einwohnern. Der GAG gehören hier zwei Drittel der Wohnungen, 30 Millionen Euro hat die Immobiliengesellschaft in der Vergangenheit in die Aufwertung des Quartiers investiert. Bewohner treffen auf bekannte Gesichter. Schnell kommen die Menschen ins Gespräch. Manche haben Essen von zu Hause mitgebracht, so dass trotz Bänken Picknick-Atmosphäre herrscht. Die Menschen, so scheint es, leben gerne hier, wie zum Beispiel Mukerren Korknaz. Bereits vor zehn Jahren hat sich die junge Frau für das Westend entschieden und hier inzwischen viele Freunde. Sie spricht von „freundlichen Leuten“. Ruhig sei es hier, sagen andere. Dabei gab es monatelang ein Ärgernis im Viertel: die Diskothek „London Underground“, die im November 2014 nach einer Drogenrazzia geschlossen wurde. Immer wieder hatten sich Anwohner über Lärm und Randale mitten in der Nacht beschwert. Inzwischen sind neue Betreiber in das Gebäude eingezogen. Es heißt nun „Homebase“. Auf dem Stadtteilfest ist zu hören, dass das Thema inzwischen wohl nur noch direkte Anwohner bewegt. Auch Heller bestätigt, dass sich die neuen Betreiber „viel Mühe“ gäben, Lärm und andere Belästigung zu vermeiden. „Jeder kleinste Verstoß wir direkt angezeigt“, verspricht der Ortsvorsteher. Er berate sich regelmäßig mit den Betreibern und auch mit der Polizei. „Es ist hier ein wunderschönes Quartier“, sagt Heller und ergänzt: „das meine ich ernst.“ Weil eben doch nicht immer alles einfach und problemlos lief. Das Westend war deshalb mehrere Jahre lang im Programm „Soziale Stadt“, das offiziell zunächst 2011 auslief. Doch, wie Heller sagt, konnte der Arbeitskreis aufrecht erhalten werden, mit den Menschen, die sich fürs Viertel engagieren. Menschen, wie Carmen Betzgen. Sie ist Straßensozialarbeiterin der Stadt für Mitte und Süd und hat das Fest organisiert. Als sie hier angefangen habe, sei sie offenen Menschen begegnet. „Man kommt hier sehr gut ins Gespräch“, sagt Betzgen, die stolz klingt, wenn sie spricht und nebenbei das Festgeschehen beobachtet. Es geht ihr auch darum, zu zeigen, was es im Westend alles gibt. Beim Stadtteilfest hat der Kinderschutzbund seinen Stand aufgebaut, der Jugendtreff Westend, auch der Förderverein der Erich-Kästner-Schule ist dabei. Und viele andere. Auf der Bühne tanzen die Schüler, junge Zuschauer haben sich die besten Sichtplätze auf der großen Kletterspinne gesichert. Katharina Gramzi wohnt seit drei Jahren im Viertel und ist zufrieden. Wie viele andere Besucherinnen auch, ist sie mit Kinderwagen unterwegs. Das Stadtteilfest ist vor allem auch Kinderfest. Viele Besucher sind hier, weil ihr Nachwuchs die Grundschule besucht, auch wenn sie selbst nicht direkt im Westend wohnen. Macht nichts, denn Kinder aus vielen Nationen und aus unterschiedlichen Stadtteilen sind kein Problem.

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