Ludwigshafen Ein Schatz der Musikgeschichte
Eine Rarität ist jetzt in der Mannheimer Christuskirche zu hören gewesen. Das Ensemble Mannheim Vokal hat gemeinsam mit dem Concerto Mannheim unter der Leitung von Johannes Michel Salomone Rossis „Psalmen Salomos“ eindrucksvoll wiederaufleben lassen.
Musikalische Schätze gibt es immer wieder einmal zu entdecken. Dazu zählt auch Salomone Rossi, ein italienischer Barockkomponist jüdischer Herkunft, der zwar im geläufigen Musikbetrieb nur spärlich zu finden ist, jedoch zu Beginn des 17. Jahrhunderts Beachtliches zur Etablierung der hebräischen Synagogenmusik beigetragen hat. Rossi wuchs in einer Zeit auf, als der Herzog von Mantua sich von der päpstlichen Judenfeindschaft abkehrte und die Stadt zahlreichen Geflüchteten öffnete. Dort wirkte er zunächst als Violaspieler am Hof und veröffentlichte bald erste Canzonetten. Eine enge Zusammenarbeit mit Claudio Monteverdi begleitete sein musikalisches Schaffen genauso wie die Gönnerschaft des Herzogs, der den Komponisten sehr schätzte und förderte. So war er beispielsweise von der Pflicht befreit, das Judenabzeichen zu tragen. Insbesondere in seinen Instrumentalwerken zeigte Rossi eine große Experimentierfreude. Aus Sicht der jüdischen Musikgeschichtsschreibung sind jedoch seine hebräischen Vokalkompositionen weitaus interessanter. 1623 veröffentlichte er die Sammlung Hashirim Asher li-Shlomo (Die Gesänge Salomons) und schuf damit die ersten gedruckten Originalkompositionen hebräischer Psalmen und Gebete. Rossi war ein überaus versierter Komponist weltlicher Musik, und so wundert es nicht, dass er diese Elemente auch in die liturgischen Vertonungen übernahm. Als Vorbild diente ihm die katholische Kirchenmusik: Deren Kunstfertigkeit übertrug er auf die jüdische Liturgie, indem er die weltliche Musikpraxis mit hebräischen Liedern kombinierte. Entstanden ist eine Publikation zahlreicher mehrstimmiger Synagogalgesänge für drei bis acht Stimmen sowie instrumentale Zwischenspiele, als „Sinfonia“ oder „Sonata“ bezeichnet. Ergänzt werden die Lieder von zwei Vertonungen aus der jüdischen Liturgie, die von Amnon Seelig, Kantor der Jüdischen Gemeinde Mannheim, virtuos vorgetragen wurden. Musikalisch zeigen die Werke typische Merkmale der Schnittstelle von später Renaissance und frühem Barock: kontrastierende Besetzungen, Wechsel zwischen Polyphonie und Homophonie, Imitation sowie ein Basso continuo. Besonders die Instrumentalspiele zeigen eine von der Vokalform sich lösende Virtuosität. Historische Aufführungen sind eine große Herausforderung, die das neugegründete Ensemble Mannheim Vokal bravourös meisterte. Ausdrucksstark im Klang und mit klaren Linien präsentierten sie eine ehrfürchtige Interpretation der Gesänge. Unterstützt wurden sie vom Concerto Mannheim, das mit seinem zarten Klang die andächtige Stimmung auf höchstem Niveau umrahmte. Die stilgerechte Interpretation Alter Musik erfordert nicht nur eine intensive Auseinandersetzung der historischen Stilmittel, sondern auch eine hingebungsvolle Leidenschaft, die alten Meister neu erklingen zu lassen. Die „Gesänge Salomons“ ließen diese Ehrerbietung deutlich spüren und haben die Zuhörer um einen wertvollen musikalischen Schatz bereichert.