Mannheim Ehemaliger Obdachloser Richard Brox erhält Literaturpreis in Taiwan

Richard Brox’ Autobiographie zählt mittlerweile zur Pflichtlektüre für Streetworker.
Richard Brox’ Autobiographie zählt mittlerweile zur Pflichtlektüre für Streetworker.

Er ist der wohl erste Mannheimer, der in Taiwan einen Literaturpreis bekommt. „Das ist unglaublich“, freut sich Richard Brox. Der Bestsellerautor von „Kein Dach über dem Leben“ hat bis vor ein paar Jahren als Obdachloser auf der Straße gelebt. Und nun lesen Menschen in Asien seine Geschichte. Am Wochenende ist ihm der Openbook-Award für das beste fremdsprachige Sachbuch der asiatischen Insel verliehen worden. Wie es dazu kam, ist ebenso bemerkenswert wie das ganze Leben des Vagabunden.

Ein taiwanesischer Geschäftsmann war am Bücherstand des Frankfurter Flughafens zufällig über sein Buch gestolpert und habe das Buch in seiner Heimat bekannt gemacht, erzählt Richard Brox. Auch das Goethe-Institut in Taipeh habe seinen Teil zur Popularität beigetragen. Der taiwanesische Verlag Linking Publishing habe es letztlich veröffentlicht und für den Preis eingereicht, heißt es von Seiten des Rowohlt-Verlags, für den Brox in Deutschland schrieb.

Mannheim als „sozial kalte Heimat“

Die über 270 Seiten lange Abrechnung mit den Behörden seiner „sozial kalten Heimatstadt“ geißelt „Rücksichtslosigkeit und Ignoranz“ der kommunalen Ämter, die es „auch heute, Jahrzehnte späte in Mannheim noch gibt“, sagt Brox. Die Behörden hätten nach dem Tod seiner Eltern die gemeinsame Wohnung frühmorgens geräumt und wertvolle Möbel faktisch enteignet. „Um meine Mietschulden einzutreiben“, sagt er mit sarkastischem Unterton. Danach sei er von Behörde zu Behörde geschoben worden, ohne Aussicht auf Hilfe und in die Sucht abgerutscht. Anfang der Neunzigerjahre haut er ab aus der Kurpfalz und wird gesichtslos. „Ich bin auf der Straße deutschlandweit umhergezogen, habe mir ein Stück Freiheit zurückgeholt und wurde wieder clean.“ Das über 40.000-mal verkaufte Erstlingswerk gilt längst als eine Pflichtlektüre für künftige Streetworker.

Sein Appell: Hotels umfunktionieren

Heute engagiert er sich im Verein Selbstvertretung Wohnungsloser Menschen und begleitet Obdachlose in ihren letzten Stunden in Krankenhäusern und Hospizen. Er sieht wegen des Lockdowns noch härtere Zeiten auf die Wohnsitzlosen zukommen. „Dann haben wir reihenweise Suizide“, befürchtet er und fordert Soforthilfen auch für die Menschen ohne Stimme. „Wir müssen in dieser Krise leerstehende Hotels und Pensionen zu Unterkünften für Obdachlose umfunktionieren“, lautet sein Appell.

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