Ludwigshafen Edigheim: Stadt übernimmt einen Teil des Niemandslands

Ungepflegte städtische Grünfläche an der Kranichstraße in Edigheim.
Ungepflegte städtische Grünfläche an der Kranichstraße in Edigheim.

In Edigheim hat die BASF Bauen und Wohnen auf Grundstücke verzichtet. Deswegen waren einige Grünflächen herrenlos. Die Stadt hat sie übernommen. Doch bei der Grünpflege ist das bisher nicht zu sehen. Dies soll sich bald ändern. Aber ein Problem bleibt.

Wer von der B 9 nach Edigheim abfährt, muss eine Ampelanlage überqueren, um auf die Oppauer Straße zu kommen. Wenn die Ampel Rotlicht zeigt, können die Autofahrer den Blick schweifen lassen. Auf der anderen Seite der Kreuzung fällt üppig wucherndes Grün ins Auge. Ungepflegte Grünflächen sind in Ludwigshafen keine Seltenheit, doch diese Grundstücke haben eine Geschichte, denn sie waren eine ganze Weile „herrenloses“ Niemandsland.

Die ganze Sache begann Ende der 1950er-, Anfang der 1960er-Jahre. Die BASF Wohnbaugesellschaft Gewoge baute ein neues Viertel mit Einfamilienhäusern in Edigheim. Ein neuer Ansatz der Planer: Die „Siedlung“ war autofrei. Nur kleine Stichstraßen wie die Bannwasserstraße führten in das Viertel. Für die Anwohner wurden von der Gewoge Garagenkomplexe am Rand des Viertels gebaut, mit Zufahrt, Kanalisation und Gehwegen. Bäume, Büsche und Rasen umrahmen in der Bannwasserstraße 76 Garagen. Während die Stellplätze im Besitz der Hauseigentümer sind, gehörte das Grün der Gewoge, die sich jahrzehntelang um die Pflege kümmerte. Die Eigentümer zahlten dafür eine geringe Jahrespauschale.

BASF Wohnen und Bauen verzichtet auf Eigentum

Die Gewoge-Nachfolgegesellschaft Luwoge versuchte 2007, den Anwohnern das Areal zu schenken. Doch die winkten ab. Denn mit der Schenkung wären auch die Kosten für Reparaturen und Pflege verbunden gewesen. Im Mai 2014 verzichtete die Luwoge-Nachfolgerin BASF Bauen und Wohnen aus „wirtschaftlichen Gründen“ auf das Eigentum. Doch die Anwohner wurden nicht darüber informiert. Zunächst fiel dies keinem auf. Doch als die Grünanlage verwilderte, das Unkraut brusthoch wuchs und Gras die Wege zuwucherte, fragten Anwohner bei der BASF nach. Schließlich rückte der Konzern damit heraus, dass er auf die Grundstücke verzichtet hatte und somit nicht mehr für die Grünpflege zuständig war.

„Das war nicht die feine englische Art, sich so der Pflegekosten zu entledigen“, meinte der frühere Ortsvorsteher Udo Scheuermann (SPD), als im Sommer 2016 die Sache herauskam. Auch der damalige städtische Immobiliendezernent Dieter Feid (SPD) konnte nur den Kopf schütteln: „Das ist schon kurios, und so ein Fall ist mir bisher nicht untergekommen.“ Die Stadtverwaltung habe keine Kenntnis vom Grundstücksverzicht gehabt.

Vertrackte Rechtslage

Juristisch war die Sache zunächst vertrackt. Das Gesetz sieht laut Stadt zwar die Aufgabe von Eigentum vor, doch der frühere Eigentümer haftet laut Feid weiterhin, wenn Gefahren von dem Grundstück ausgehen. Nachdem die Stadt Gespräche mit der BASF aufgenommen hatte, wurde der Wildwuchs vom Wohnungsunternehmen noch einmal zurückgeschnitten. Es gab eine Entschuldigung und die Willensbekundung, mit den Anwohnern eine Lösung zu finden. Die Idee: Eine Eigentümergemeinschaft der Garagenbesitzer sollte gegründet werden, die sich künftig um die Pflege des dortigen Areals kümmert. Doch daraus wurde nichts.

Für die „herrenlosen“ Grundstücke entlang der Bannwasserstraße und der Kranichstraße fand sich eine Lösung. Laut Gesetz hätte das Land das Recht gehabt, sich die aufgegebenen Flurstücke anzueignen. Doch in Mainz bestand kein Interesse an den Grundstücksstreifen. So übernahm die Stadt im Frühjahr 2018 die beiden Flächen. Auch dieser Eigentümerwechsel blieb in Edigheim lange Zeit unbemerkt.

Ortsvorsteher fordert Grünpflege ein

„Ich dachte bis vor Kurzem, dass der ganze Bereich noch Niemandsland ist. Das sieht ja dort aus wie Harry“, sagt Ortsvorsteher Frank Meier (SPD). Er hakte wegen eines Grünschnitts bei der Stadtverwaltung nach und erfuhr so durch Zufall, dass die beiden Flächen entlang der Bannwasser- und der Kranichstraße mittlerweile der Stadt gehören. Doch das Areal der Garagenanlage habe die Stadt nicht übernommen, sagt der Ortsvorsteher.

Kurioserweise ist dieses Niemandsland jedoch gepflegter als der städtische Grund. Um die Garagen herum ist der Rasen gemäht. Grund: Zwei Anwohner kümmern sich um das Areal, das an ihre Grundstücke grenzt. Andere Garagenbesitzer pflegen den Bereich vor ihren Abstellplätzen, andere nicht, erzählt Anwohnerin Renate Norheimer (81). Dass die Stadt einige Flurstücke übernommen hat, wüssten die Anwohner nicht, sagt Norheimer.

Stadt will im Herbst roden

Auf den Zustand dieses städtischen Grüns angesprochen, teilt ein Verwaltungssprecher mit: „Zur Gewährleistung der Verkehrssicherungspflicht wurde am 22. Juni der WBL mit den notwendigen Rückschnittmaßnahmen bereits beauftragt. Die Grundstücke in der Bannwasserstraße und Kranichstraße wurden am Rand etwa einen Meter breit gemäht beziehungsweise zurückgeschnitten. Einige Meter konnten wegen geparkter Autos nicht gemäht werden. Dies wird nachgeholt. Die innenliegenden Flächen bleiben aus ökologischen Gründen bis zum Herbst stehen.“

Ortsvorsteher Meier begrüßt zwar, dass die Stadt das Niemandsland übernommen hat. Doch er hält mehr Engagement bei der Grünpflege für angebracht: „Wer von der B 9 zu uns fährt, sieht erst einmal ein Stück zugewuchertes Ludwigshafen, das ist kein guter erster Eindruck.“ Der Wildwuchs sei auch für die Anwohner nur schwer nachvollziehbar. Der Gehsteig in der Bannwasserstraße sei teils kaum begehbar. „Für mich ist das ein Unding. Eigentum verpflichtet – das gilt auch für die Stadt“, meint Meier. Die Anwohner hat er hinter sich. „Es wäre schön, wenn wir endlich wieder mal eine gepflegte Straße hätten“, sagt Renate Norheimer. Wünschenswert wäre, dass sich die Stadt auch um die Zufahrten und das Grün der Garagenanlage kümmert. Doch die bleibt Niemandsland.

Bannwasserstraße: Auch dieser Streifen gehört der Stadt.
Bannwasserstraße: Auch dieser Streifen gehört der Stadt.
Gepflegter sieht es an der Garagenanlage aus, doch dieses Land ist herrenlos.
Gepflegter sieht es an der Garagenanlage aus, doch dieses Land ist herrenlos.
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