Ludwigshafen Die Stadt unter dem Himmel

Ein soeben erschienenes Lesebuch über Ludwigshafen mit vielen Fotos lädt ein zum Blättern, Schmökern und Träumen. „LU – 29 Blicke auf Ludwigshafen“ fügt unterschiedliche Facetten der Stadt in Wort und Bild zusammen. Vom Autokennzeichen LU für Ludwigshafen bis zum Himmel über der Stadt.

Den Betrachter des Einbands strahlt ein hellblauer Himmel mit weißen Wolken an. In der linken unteren Ecke ragt die Pfeilerspitze der Pylonbrücke ins Bild. Und rechts oben steht schlicht und einfach in Großbuchstaben und so weiß wie die Wolken: „LU“. Das Bild vermittelt eine Unbeschwertheit und verheißt ein Glück, das die Industriestadt selbst, glaubt man ihrem Ruf grauer Betonhässlichkeit, kaum halten kann. Gegen diesen schlechten Ruf anzugehen, die Stadt dabei aber ungeschminkt in ihren vielen Facetten zu zeigen, ohne Hochglanzwerbung zu treiben, hat sich die Stadt mit dem Band „LU“ vorgenommen. Die Herausgeberin Julia Kronberg, bis vor kurzem Beauftragte für kulturelle Stadtentwicklung, hat in dem Buch 29 Texte versammelt, die sich direkt oder indirekt, in enger oder lockerer Verbindung mit der Stadt beschäftigen. Der vorherrschende Eindruck ist Vielfalt. Es sind Ludwigshafener und Ortsfremde, Prominente und Unbekannte, die in dem Band zu Wort kommen. Ihre Beiträge sind melancholisch oder optimistisch, heiter oder nachdenklich, poetisch oder prosaisch. Selbstverständlich darf Ernst Bloch nicht fehlen mit seinem Aufsatz über Mannheim und Ludwigshafen, in dem der Philosoph seine Heimatstadt als eine der „ersten Seestädte auf dem Land“ bezeichnet hat. Blochs Repetitor, Klaus Kufeld vom Ernst-Bloch-Zentrum, hat diese inzwischen etwas abgegriffene Floskel seinen Überlegungen zu Ludwigshafen beim Blick über die Rheinebene auf die Stadt vorangestellt. In welcher Beziehung aber zu Ludwigshafen ein Fragebogen von Max Frisch zum Begriff „Hoffnung“ steht, wird wohl nur dem Träger einer Blochschen Brille verständlich. Das gilt auch für die in dem Buch abgedruckten Eindrücke von einem Londonaufenthalt Theodor Fontanes. Ein anonymer Autor und kurzzeitiger Gast, der sich intensiv mit Habermas beschäftigt haben muss, gibt dagegen seine Eindrücke von Ludwigshafen wieder. Statt Habermas kommt ihm beim nächtlichen Blick über den Rhein auf die Stadt gegenüber jedoch Vergils „Aeneis“ in den Sinn. Hasan Özdemir, der Ludwigshafener Poet mit anatolischen Wurzeln, hat einige Gedichte zu dem Band beigesteuert. Helmut van der Buchholz vom Buero für angewandten Realismus erklärt die Kunstweltmeisterschaft, die zuletzt 2011 im Wilhelm-Hack-Museum ausgetragen wurde. Jan Philipp Possmann, Dramaturg am Mannheimer Nationaltheater, berichtet von der Klapprad-Weltmeisterschaft im Stadtteil Friesenheim. Unter den Autoren sind auch mehrere Journalisten der RHEINPFALZ. Feuilleton-Redakteurin Dagmar Gilcher macht sich Gedanken über Autokennzeichen im Allgemeinen und das Kennzeichen LU im Besonderen, um mit einem „Good LUck, Ludwigshafen!“ zu schließen. Angesichts des ramponierten US-Imports Hochstraßensystem kann die Stadt den frommen Wunsch sicher gut brauchen. Markus Clauer, ebenfalls Redakteur in der Feuilleton-Redaktion, nimmt sich der ältesten Werkssiedlung der Stadt im Hemshof an. Er hat mit den Bewohnern gesprochen und gegrillt und blickt in die Geschichte der Siedlung zurück. Norbert Schick, Mitarbeiter der Sportredaktion, hat mit zwei Vätern bekannter Sportler aus Ludwigshafen gesprochen: mit Markus Scherer, selbst Olympia-Silbermedaillengewinner im Ringen, und Joachim Schürrle, Vater des Fußball-Nationalspielers André Schürrle. Gleich sieben Ludwigshafener porträtiert Lokalredakteurin Nicole Heß, darunter den Herzchirurgen Falk-Udo Sack und die Prinzipalin des Theaters Hemshofschachtel Marie-Louise Mott. Das Buch ist reich bebildert. Zwischen den vielen Fotografien fallen die Zeichnungen von Markus Vater auf. Der in London lebende Künstler, der auch schon im Wilhelm-Hack-Museum ausgestellt hat, lässt unter anderem Ernst Bloch einer Mauer Märchen erzählen. Und den Himmel über Ludwigshafen, wie ihn der Einband des Buches verspricht, holt die in Thessaloniki aufgewachsene und jetzt in München lebende Olga Tsitiridou in ihrem Beitrag auf die Erde herab. „Ich blicke nach oben und träume von dem, was hier entstehen kann. Ludwigshafen, Stadt am Rhein.“

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