Ludwigshafen „Die Stadt ist besser als ihr Ruf“

Sie lebt zwar erst seit August in Friesenheim, doch ihr Urteil über die Stadt hat (23) schon gefällt: „Sehr nett, sehr grün“, sagt die aus der Millionenmetropole Kasan stammende Russin, die mit ihrem Mann Pawel, 37, und ihrem vier Wochen alten Sohn Andrej in den Pfalzbau gekommen ist. In ihrer Heimat hat sie Fremdsprachen studiert, an der Uni Mannheim hat sie auf BWL umgesattelt. Dem Nachwuchs zuliebe legt sie derzeit ein Urlaubssemester ein. Dem Mann zuliebe, Betriebswirt bei der BASF, ist sie von Brühl in die Pfalz gezogen. Nach Deutschland ist die junge Blondine vor zwei Jahren gekommen, „um neue Erfahrungen zu sammeln“. In Friesenheim ist sie schnell heimisch geworden. „Hier ist es sehr kompakt, man bekommt fast alles in der Umgebung“, sagt sie. „Im Sommer haben wir viel Zeit am Willersinnweiher und beim WSV verbracht. Dort haben wir auch unsere Hochzeit gefeiert.“ Im September geht’s für die 23-Jährige wieder an die Uni, Klein-Andrej wird dann in der BASF-Kita „LuKids“ betreut. 13 Jahre schon lebt (40) in Deutschland, seit Juni in Lu-Süd mit ihrem Mann (39). Sie stammt aus Kamerun, er aus Speyer. Kennengelernt hat sich das Paar während der Fußball-WM 2010 in Mannheim, wo es dann in der Schwetzingerstadt gelebt, aber keine bezahlbare größere Wohnung gefunden hat. Die alte war zu klein geworden, weil Tochter Nala, jetzt vier Monate alt, im Anmarsch war. Nun leben sie auf 100 Quadratmetern in der Nähe des Amtsgerichts. Das BASF-Wohnungsunternehmen Luwoge hat den beiden Anilinern bei der Suche geholfen. Und, fühlen sie sich wohl hier? „Auf jeden Fall“, sagen beide. Vor allem die Nähe zur Parkinsel schätzen sie. „Es ist sehr ruhig hier“, sagt die Diplom-Anglistin und -Romanistin, der ein Stipendium einst eine Perspektive in einem neuen Land ermöglichte. Dass Ludwigshafen „ein negatives Image hat“, wie Holger Janz sagt, stört beide kein bisschen. „Hier stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis“, meint er mir Blick auf das neue Zuhause. Die Stadt Ludwigshafen sei viel besser als ihr Ruf. „Das bemerkt man erst, wenn man hier lebt.“ Bezahlbaren Wohnraum in netter Umgebung haben auch (24) und ihr Freund (28) gefunden. Im Oktober haben sie im Musikerviertel in Süd eine 75-Quadratmeter-Bleibe bezogen. „Von der Lage her ist das super“, sagt Rosenfeld, die in Heidelberg studiert. In Mannheim haben sie lange vergeblich gesucht. „In der Neckarstadt-Ost hätten wir dreimal so viel für eine Wohnung dieser Größe bezahlt“, erzählt Töws, der aus Niedersachsen stammt, und jetzt an der Ludwigshafener Hochschule im Bereich Finanzwesen eingeschrieben ist. Beide schätzen an der Stadt die guten S-Bahn-Verbindungen als Sprungbrett in die Pfalz. Sie hat ihre Skepsis („Ich habe mich lange geweigert, nach Lu zu ziehen“) längst überwunden: „Jetzt freuen wir uns auf den Sommer, das Filmfestival auf der Parkinsel und auf die vielen Weinfeste im Umland.“ In Ludwigshafen einen Neustart wagen will . Er stammt aus Punjab im Norden Indiens und lebt nun mit seiner Familie in West. Sein Sohn (11) besucht das Böll-Gymnasium, seine Tochter (14) die Anne-Frank-Realschule. Beide sind in Deutschland geboren, wie der Papa besitzen sie den deutschen Pass. Ihr Vater würde hier gerne ein indisches Lokal eröffnen, ab 1986 hatte er in Bensheim an der Bergstraße ein Restaurant geführt. Aus unterschiedlichsten Gründen musste er es aufgeben. Jetzt sucht der 54-Jährige geeignete Räume in Ludwigshafen. Ein wenig Heimweh nach Bensheim hat er schon, wie er sagt, sieht sich aber in Ludwigshafen gut integriert. „Wir fühlen uns wohl.“ Als Vorsitzender des Indischen Vereins in Mannheim kennt er auch die Nachbarstadt. Kontakte zu den etwa 20 indischen Familien in Ludwigshafen erleichtern ihm die Eingewöhnung. „So warmherzig sind wir nirgendwo begrüßt worden“, sagt der Hüne mit Bart und Turban über die Veranstaltung im Pfalzbau. Ein Heimspiel war der Umzug nach Ludwigshafen für (29). Sein Weg führte von Obersülzen im Kreis Bad Dürkheim nach Edigheim. Weilacher ist Fan des Fußball-Rekordmeisters FC Bayern und des Handball-Zweitligisten TSG Friesenheim, bei dem er sich als Ordner engagiert. Neben dem Sport war es der Beruf, der ihn nach Ludwigshafen zog. Er arbeitet bei der Baufirma Scherer & Kohl. „In Edigheim lebt’s sich hervorragend“, sagt Weilacher. Seine positive Einstellung zur Stadt ist kaum verwunderlich – seine Frau ist bei der Marketinggesellschaft Lukom tätig. Von Berlin nach Ruchheim umgesiedelt sind . Er stammt aus Karlsruhe und kennt Ludwigshafen, weil er hier vor über 30 Jahren in der BASF seine berufliche Karriere startete, die ihn auch nach Köln und eben Berlin führte. Der 63-Jährige ist nun im Ruhestand und hat sich als Wahlheimat bewusst für die Pfalz entschieden: „Ich bin eigentlich kein Stadtmensch. Köln hat mir gar nicht gefallen. Berlin war in Ordnung, aber dort ist der Sommer vier Wochen kürzer.“ Auf Ruchheim fiel die Wahl, weil es dort dörflich ist und man schnell im Pfälzerwald oder in der Stadt ist. Auch ein Straßenbahnanschluss ist vorhanden, zählt Axel Anderlohr einen weiteren Vorteil auf. Seine Frau hat einen Job beim Tüv in Ludwigshafen gefunden. „Die Pfalz ist wunderschön. Und die Pfälzer sind ein sehr liebenswertes Völkchen“, sagt sie. (Fotos: Kunz)

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