Ludwigshafen „Die Nationalmannschaft ist nicht mehr mein Lebensziel“

Ludwigshafen. Lea Müller ist das wohl größte weibliche Handball-Talent der Region. Sie spielt in der kommenden Saison, ihrer ersten im Aktivenbereich, für den Drittligisten SG Mainz/Bretzenheim. Im Interview spricht die 18-Jährige aus Edigheim über die Erste Liga, Erfolgswände und schöne Traurigkeit.

Frau Müller, Sie haben beim Final Four um die deutsche A-Jugend-Meisterschaft mit der HSG Bensheim/Auerbach Rang drei belegt. Enttäuscht?

Ja, weil das Finale zum Greifen nahe war. Wir waren so gut eingestellt, wussten, was wir zu tun haben. Und dann haben wir einfach keine Tore geworfen. Nur vier im ersten Durchgang. Wir haben das Halbfinale gegen Leverkusen aufgrund unserer eigenen Dusseligkeit verloren. Es ist halt schon krass, wenn man erst nach 19:58 Minuten erstmals trifft. Haben Sie so etwas schon mal erlebt? Noch nie. Ich habe aber noch nie so eine gute Torhüterin erlebt, auch wenn wir es ihr zu einfach gemacht haben. Sie haben selbst zwei Siebenmeter verworfen. Ja (lacht). Obwohl beide eigentlich gut geworfen waren. Wie bitter ist denn so eine Niederlage, wenn man sich wochenlang auf das Spiel vorbereitet hat? Sehr bitter. Wir haben fünf Wochen Videos vom Gegner angeschaut. Bis zum Erbrechen. Im Finale zu stehen, ist so ein unbeschreibliches Gefühl, da wird dann vor der Partie die Nationalhymne gespielt. Es ist schon enttäuschend, das zu verpassen, weil im Angriff die Bälle nicht rein wollen. Das folgende Spiel um Platz drei, ein 22:21-Sieg gegen Bad Schwartau, war Ihre letzte Partie in der Jugend. Nimmt man so etwas vor dem Spiel wahr? Der Trainer hat extra noch einmal darauf hingewiesen, dass es für einige Spielerinnen das letzte Jugendspiel ist. Ich bin dann in Gedanken durchgegangen, was ich alles erlebt habe. Mit einer Mitspielerin habe ich vor dem Anpfiff ein paar Worte an das Team gerichtet, da sind mir dann schon ein paar Tränen rausgelaufen. Nach dem Spiel haben wir dann alle den Tränen freien Lauf gelassen. Es war schon traurig. Aber schön traurig. Sie sind in der Jugend deutsche Meisterin in der B-Jugend und nun Dritte in der A-Jugend geworden. Sie dürften mit dem Karriereabschnitt recht zufrieden sein. Auf jeden Fall. Wenn ich die eine Wand in meinem Zimmer anschaue und sehe, was ich alles erleben durfte. Sie haben eine Wand mit Ihren Erfolgen „tapeziert“? Ja. Was hängt da so? Die Medaillen von den deutschen Meisterschaften, der Spielberichtsbogen vom Endspiel mit der B-Jugend, die Eintrittskarten meiner Eltern zu den Spielen, Hallenhefte, Fotos von Erlebnissen. Das hilft sicherlich auch in Phasen, in denen es mal nicht so gut läuft. Ja, ich denke gerne daran, das hilft mir immer, weiterzumachen. Sind Sie eigentlich enttäuscht, nie in der Jugend-Nationalmannschaft gespielt zu haben? Mittlerweile ist mir das egal, ich ärgere mich nicht mehr darüber. Irgendwann ist es nicht mehr relevant, wer in der Jugend-Nationalmannschaft gespielt hat. Man kann sich auch über die Dritte und Zweite Liga hocharbeiten und etablieren. Die Nationalmannschaft ist nicht mehr mein Lebensziel. In der Ersten und Zweiten Liga gibt es auch Titel zu gewinnen. Sie sind also nicht enttäuscht, die U20-WM in Russland im Juli zu verpassen? Nein, das finde ich nicht schlimm. In der kommenden Saison spielen Sie mit der SG Mainz/Bretzenheim in der Dritten Liga. Ein großer Schritt? Nein, weil ich schon seit drei Jahren in der Oberliga spiele, auch wenn die Leistungen in Liga drei besser und die Anforderungen höher sind. Respekt habe ich, denn ich habe noch nie Dritte Liga gespielt. Und in der Spielkasse sind schon ein paar Granaten dabei. Sie haben noch knapp ein Jahr bis zum Abitur. Bleiben Sie in Mannheim auf der Schule? Ja, ich pendle dreimal die Woche zum Training nach Mainz. Das finde ich nicht so problematisch. Das Training ist immer erst um 19.30 Uhr, da sind die Straßen leer. Das werden dann aber kurze Nächte. Ja, aber ich habe kein Problem mit dem frühen Aufstehen. Haben Sie einen Plan für die kommenden Jahre, was Sie erreichen wollen? Ich habe keinen Plan, wann ich in der Zweiten Liga sein will. Aber ich würde es gerne in die Erste Liga schaffen.

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