Ludwigshafen Der Tod auf dem Meer

Geschichte einer Heldenreise: Susanne Wolff in Ludwigshafen.
Geschichte einer Heldenreise: Susanne Wolff in Ludwigshafen.

Gerade erst ist Susanne Wolff im Fernsehen in der Tragikomödie „Nichts zu verlieren“ zu sehen gewesen. Auf dem Festival des deutschen Films ist die gefeierte Theater- und Filmschauspielerin nun gleich mit zwei neuen Produktionen vertreten: „Unser Kind“ und „Styx“, ein Film, der die Tragödie der Bootsflüchtlinge, ihren Tod auf dem Meer und das Dilemma von Ohnmacht und unterlassener Hilfeleistung dem Zuschauer nahe bringt.

„,Styx` war in jeder Hinsicht die intensivste Erfahrung im Film, die ich je gemacht habe“, erklärt Wolff. Die Unberechenbarkeit des Wetters und des Meeres sowie anhaltende Seekrankheit bei den entkräftenden Dreharbeiten vor Malta hätten ihr schwer zu schaffen gemacht. „Irgendwann habe ich dann Pillen zu mir genommen.“ Der Film zeigt sie zu Beginn im Einsatz als Notärztin, bevor sie ihren Urlaub in Gibraltar antritt. Dort beginnt Rike eine lange Reise, die bis Ascension Island, eine kleine, tropische Insel im Südatlantik, führen soll. Rike möchte ihr Ziel ganz auf sich allein gestellt, als sogenannte Einhandseglerin auf ihrem Sportboot erreichen. Susanne Wolff, die in Bielefeld geboren und aufgewachsen ist, kam 1998 ans Thalia Theater in Hamburg und machte dort auf der Alster selbst einen internationalen Segelschein. „Aber ich bin nie zuvor auf so einem großen Boot gesegelt.“ Im Film beherrscht sie die Handhabung der elf Meter langen „Asa Grey“, bleibt frei von Unpässlichkeiten und meistert den wagemutigen Törn auf Hochsee, bis sie sich nach einem Sturm, irgendwo weit vor den Kapverden, in unmittelbarer Nachbarschaft eines übervoll besetzten und havarierten Fischerbootes wiederfindet. Dutzende Menschen, die zu ertrinken drohen, sehen in ihr die Rettung, winken herüber oder springen, ohne überhaupt schwimmen zu können, gleich ins Wasser, um irgendwie zu ihr zu gelangen. Rike rettet den Jungen Kingsley und fordert per Funk Unterstützung an, die jedoch ausbleibt. „Sie ist mittendrin in dem Geschehen, es gibt ja kein Zurück“, führt Susanne Wolff aus, die Rike völlig überzeugend spielt. Ihr Törn führte sie geradewegs in ein moralisches Dilemma. „Bitte greifen Sie nicht ein!“ fordert die Küstenwache, doch die Alleinseglerin, die überdies als Ärztin den hippokratischen Eid geleistet hat, sieht sich gezwungen, wenn auch nicht in der Lage zu helfen. „Ich weiß nicht, wer dazu fähig wäre, weiterzusegeln“, erklärt die 45-jährige Schauspielerin. „Ich glaube, es würde einen jeden Tag verfolgen. Für Rike steht es jedenfalls völlig außer Frage.“ „Styx“, benannt nach dem Fluss, der nach der griechischen Mythologie in der Unterwelt die Lebenden von den Toten trennt, erzählt in einer konzentrierten Geschichte und in klaren Bildern von einer Heldenreise, die abrupt endet. Eine sehenswert und anregend eindrückliche Parabel zur sogenannten Flüchtlingskrise und den Bootsflüchtlingen, denen sich beim Festival des deutschen Films auch die Schweizer Dokumentation „Eldorado“ widmet. So sehr „Styx“ ein Kino- und Abenteuerfilm ist, so eindeutig ist „Unser Kind“ ein Fernseh- und Problemfilm. Susanne Wolff spielt Ellen, die in gleichgeschlechtlicher Ehe mit Katharina verheiratet ist. Als sie sich ein Kind wünschen, hilft ein Freund aus. Nach der künstlichen Befruchtung bringt Katharina Baby Franz zur Welt. Später stirbt sie jedoch bei einem Verkehrsunfall. Ihre Frau ist zwar Vormund des kleinen Franz, das Sorgerecht hat sie, anders als in heterosexuellen Ehen, ohne Adoption aber nicht. Nicht nur der Samenspender und biologische Vater, sondern auch die Eltern der verstorbenen Katharina melden jetzt unerwartete Ansprüche an „ihr“ Kind an. „Ich war erschüttert, dass es immer noch so ist, dass der Samenspender mehr Rechte hat, als die Witwe der Mutter“, so Wolff. Weil es eben ein „Manifest-Film“ sei, habe sie sich als Schauspielerin etwas zurückgenommen. „Ich empfand es als Einschränkung, aber auch als Herausforderung, dass ich komplett der Geschichte diene und nicht versuche, meine Figur als etwas Besonderes darzustellen. Sonst laufe ich Gefahr, dass das Publikum mich verliert und sagt, na ja, also der Frau würde ich das Kind auch nicht geben. Das fand ich besonders, das habe ich so noch nicht erlebt.“ Termin „Styx“ am Samstag, 1. September, um 14 Uhr im Festivalkino 1

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