TV-Kritik Der „Tatort“ und ein Lügner in Ludwigshafen

Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) am Rathaus-Center.
Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) am Rathaus-Center.

Jeden zweiten Monat ein neuer „Tatort“ aus Ludwigshafen. Das gab es selten. Jetzt war es wieder so weit: Nach „Unter Wölfen“ im Dezember und „Hetzjagd“ im Februar lief am Sonntagabend „Der böse König“.

Ein Krimi aus der City, der mit Boule-Spielern begann, die ihre Kugeln dort platzierten, wo das eigentlich niemand tut. Auf dem Vordach des Rathaus-Centers, auf dem auch Kommissarin Lena Odenthal absichtslos spazieren ging, bis zwei Polizeiautos mit Blaulicht ihr den Weg weiter die Bismarckstraße hinauf wiesen, zum eigentlichen Tatort.

Im „LU 17“, in Wahrheit dem Kiosk Erbil in der Bismarckstraße, lag Sandro Esposito hinterm Tresen, der Pächter des kleinen Selbstbedienungsladens, der bis tief in die Nacht geöffnet hat. Vom „Späti“ war bald die Rede, wie, in Odenthals Worten, vom „Bismarck-Kiez“. Das sagt hier kein Mensch.

Irish Pub im Rampenlicht

Die ersten Ermittlungen führten in die nächste Umgebung. Ins Haus gegenüber und ins Irish Pub in der Bahnhofstraße, das im „Tatort“ den Namen „O’Sullivan’s“ führte. „Für alle, die Sehnsucht haben, lebt das Pub nächsten Sonntag wieder kurz auf“, warb der Drehort, das „Ireland’s Own“, in der vergangenen Woche auf seiner Facebook-Seite.

„Immer weniger Kunden mit Geld, immer mehr Penner, immer mehr Schnorrer“, klagt der Vorbesitzer des „LU 17“ über die Klientel des Ladens, die jetzt ins Visier der Polizei geriet. Frau Mankowicz, die die Beamten gerufen hatte, oder Herr Conrad, der mit Stöpseln in den Ohren eigentlich gar nichts mitbekommen hatte. Jannik Berg (Pit Bukowski), ein Stammgast des Irish Pub, der am fraglichen Abend mit einem Baseballschläger unterwegs war, und nicht zuletzt Anton Maler, der, überzeugend gespielt vom Österreicher Christopher Schärf, ein bisschen wie Johnny Depp aussah.

Jannik beschuldigte Anton, und der benahm sich so seltsam, dass es bald hieß: „Was ist denn das für ein Clown?“ Martin Eigler, der Autor und Regisseur dieses „Tatorts“ (und dreier weiterer Folgen aus Ludwigshafen), hat zuletzt auch in seinem Stuttgarter „Tatort: Der Mann, der lügt“ eine ähnliche Figur ins Zentrum gestellt.

Selfie vorm Präsidium

Sein Anton oder „Antoine“ Maler machte ein Selfie vorm Ludwigshafener Polizeipräsidium (gedreht in Baden-Baden), das hier mal aus einer anderen Perspektive zu sehen war. Mal war er böse, wie im Titel angedeutet, dann wieder, man kann es nicht anders sagen, scheißfreundlich.

Mit Blumen für Sekretärin Edith Keller (Annalena Schmidt) und schönen Worten für Kommissarin Johanna Stern (Lisa Bitter), der er bald immer näher und immer bedrohlicher auf die Pelle rückte. Bis vor und sogar hinein in ihr Privathaus, das sich nun offensichtlich nicht mehr, wie früher, in der „Kolonie“, der Werkssiedlung der BASF im Hemshof, befindet.

Stern zeigt Emotionen

Eigentlich wäre es für die „Tatort“-Fans und alle aufmerksamen Zuschauer doch schön, wenn so ein offensichtlicher Wohnortwechsel, wie ihn zuletzt auch Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) mitmachte, im Film wenigstens angesprochen würde. Die Kontinuität der fortlaufenden Episoden, sonst ein großes Plus der langlebigen Reihe, leidet einfach, wenn sich vertraute Komponenten scheinbar ohne Begründung ändern oder sogar verloren gehen.

Als Mann, der lügt, machte es Anton Maler Johanna Stern jedenfalls besonders schwer, die hier Emotionen zeigte, wie selten eine „Tatort“-Kommissarin zuvor. Die Ermittlungen kamen leider lange nicht von der Stelle, bis die letzte Viertelstunde die Spannung nachliefern konnte, die vorher gefehlt hatte. Der nächste „Tatort“ aus Ludwigshafen ist erst im nächsten Jahr zu erwarten.

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