Ludwigshafen Darf ich bitten?!

Altrip. Vier Tänzer bereiten sich in der Tanzschule Groß in Altrip auf die Deutsche Tanzschulmeisterschaft vor, die am Wochenende in Mannheim stattfindet. Die Grundschüler Anna, Finn, Hubert und Vivien treten dort im Standardtanz an.

In der Ecke aufstellen und Haltung annehmen. Die beiden Tanzpaare stehen im Saal des Regino-Zentrums und warten, dass die ersten Takte der Musik einsetzen. Es ist ein Tango. Mit welchem Fuß geht der Tanz noch einmal los? Hubert überlegt kurz. Rechts? Nee, links! Und schon schwebt er mit seiner Partnerin Anna übers Parkett. Die hätte ihm auch falsche Schritte verziehen und sich einfach führen lassen. Eine Traumpartnerin für jeden Tänzer. Sie scheint schon im Voraus zu ahnen, was Hubert will. „Das muss ich ja, sonst trete ich ihm auf den Fuß“, sagt sie, als ob es selbstverständlich wäre. Finn und Vivien sind inzwischen flott unterwegs. Lange Schritte, kurze Schritte, Wiegeschritt. Sauber und im Takt. Es hört sich an wie eine ganz normale Tanzstunde, doch die vier sind viel jünger als die üblichen Tanzanfänger: Anna Vo und Hubert Kusnierz sind sieben, Finn Wittmann und Vivien Seibert acht Jahre alt, doch bei den Standardtänzen könnten sie mit den Größeren gut mithalten. Vor kurzem haben sie ihr erstes Turnier in Neu-Aspach im Taunus bestritten und abgesahnt: Hubert und Anna wurden erste, Finn und Vivien zweite. Das Üben hat sich gelohnt, auch wenn es manchmal zu ungewöhnlichen Zeiten erfolgte. Am Turniertag hat Finn seine Eltern früh um fünf mit Tanzmusik aufgeweckt, weil er die Schritte schnell noch einmal durchtanzen wollte. Nun bereiten die Paare sich auf die Deutsche Tanzschulmeisterschaft, die am 9. und 10. Juli in Mannheim stattfindet, vor. In Neu-Aspach waren sie die jüngsten Turnierteilnehmer, in Mannheim treffen sie wohl auf mehr gleichaltrige Paare. „In Deutschland ist es eher nicht üblich, dass so junge Kinder schon Standardtänze lernen und auf Turniere gehen. Das kennt man eher aus Russland oder der Ukraine“, sagt Tanzlehrer Wolfgang Presuhn, der sich zusammen mit seiner Frau Ursula und seinem Sohn Andreas um die Ausbildung der kleinen Tänzer kümmert. Doch Finn hat nicht locker gelassen. Er will unbedingt so gut tanzen können wie seine Mutter Monika. Die ist Deutsche Meisterin in der A-Klasse in den Standardtänzen und was sie da macht, sieht echt gut aus, findet Finn. Und da man Standardtänze nicht alleine tanzt, hat er erst mal seinen Freund Hubert mit ins Boot geholt. Die beiden haben dann Vivien gefragt, ob sie mitmachen möchte. Die wusste gar nicht so recht, was Paartanz eigentlich ist, aber probieren kann man es ja mal. Später kam noch Anna dazu. Hubert war am Anfang etwas skeptisch, aber seit dem Turniersieg ist für ihn klar: Er will weitertanzen! Standardtänze können auch Kindern Spaß machen, wenn man sie ihnen kindgerecht beibringt. „Da muss man schon ein bisschen umdenken. Wenn man sagt, macht mal vier Vierteldrehungen, dann können sie nicht viel damit anfangen“, sagt Wolfgang Presuhn. „Man muss die Kinder da abholen, wo sie sind, und den Unterricht spielerisch machen. Es gibt auch extra Tanzmusik für Kinder“, weiß Andreas Presuhn. Und ein bisschen erfinderisch sein, schadet auch nicht. Ein rotes Band um den Knöchel hilft prima, wenn man im Eifer des Gefechtes mal rechts und links vertauscht. Komplizierte Schrittkombinationen sind im Moment gar nicht das Ziel der Ausbildung. Es geht vor allem darum, ein sicheres Gefühl für Rhythmus, Tempo und Takt zu bekommen. Finn, Hubert und Vivien haben sich beim Kindertanzen in der Tanzschule Groß kennengelernt. Dort können Kinder ab zweieinhalb oder drei Jahren spielerisch tanzen lernen, allerdings keine Paartänze. Mit dem Wechsel in die Grundschule fingen sie mit dem Paartanz an. Anna kannten sie aus der Hip-Hop-AG in der Schule und konnten sie auch begeistern. Geübt wird einmal in der Woche im Regino-Zentrum. Vor der Deutschen Tanzschulmeisterschaft werden es zwei Termine in der Woche sein. Aber auch zu Hause packt die Kinder hin und wieder das Tanzfieber. Vivien liebäugelt schon mit einem Paar richtiger Tanzschuhe und die Herren halten gelegentlich WhatsApp-Konferenzen, wenn die Schrittfolge nicht klar ist. Wie die Großen eben.

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