Ludwigshafen „Aus Schaden wird man klug“

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Nach dem Großbrand am 3. Oktober im Backhaus der Bäckerei Görtz in Rheingönheim kehrt dort der Alltag ein. Dennoch dauert es noch, bis das komplette Sortiment wieder hergestellt werden kann. Über die Folgen des Feuers haben wir mit Geschäftsleiter Peter Görtz (46) gesprochen.


Herr Görtz, wie geht’s dem verletzten Mitarbeiter?

Es geht ihm gut, er hatte zum Glück nach dem Brandausbruch beim Löschen nur eine kleinere Verletzung am Finger erlitten. Ohnehin sind wir froh, dass keine weiteren Mitarbeiter verletzt worden sind. Ihr besonnenes Handeln hat wesentlich dazu beigetragen, dass der Schaden nicht noch größer geworden ist. Dazu trug sicherlich auch die Brandmelde- und Sprinkleranlage bei. Die Technik hat bestens funktioniert. Dazu kam, dass die Ludwigshafener Berufsfeuerwehr einen tollen Job gemacht und den Brand sehr schnell unter Kontrolle gebracht hat. Dafür sind wir den städtischen Bediensteten sehr dankbar. Aber an eine vollständige Produktion ist derzeit noch nicht zu denken? Das ist richtig, wir sind seit dem vergangenen Wochenende bei knapp 70 Prozent unseres normalen Sortiments und werden uns in den nächsten Tagen und Wochen weiter steigern. Die Kunden werden das nicht stark spüren, denn wir haben das durch interne Verlagerungen geregelt, so dass wir alle über 120 Filialen nahezu mit dem kompletten Sortiment beliefern können. Dennoch kann nicht überall im Backhaus gearbeitet werden. Warum? Das liegt daran, dass wir einige Bereiche wie die Brotherstellung sofort nach dem Brand mit Wänden abgetrennt haben, um dort eine fachgerechte Reinigung und Sanierung zu ermöglichen, da zum einen der Neuaufbau der zerstörten Brotbacköfen und Kühlungen läuft und zusätzlich noch über 100 Beschäftigte der Brandschadensanierung im Gebäude sind, die jedes kleinste Teil noch säubern. Das wird noch eine Weile andauern. Wir backen nur in den hygienisch einwandfreien Teilbereichen, die wir auch unmittelbar nach dem Brand mit über 200 Mitarbeitern gereinigt hatten. War das auch der Grund, dass fast eine Woche ein Teil des Brots bei anderen Betrieben gebacken wurde? Zwei von befreundeten Familien geführte Bäckereien, die seit Jahren mit uns sehr verbunden sind, haben uns in dieser Phase ihre Hilfe angeboten, so dass wir Mitarbeiter zur Bäckerei Lohner in Polch und zur Bäckerei Eifler in Frankfurt gesandt hatten, die nach unseren Rezepturen dort Brot für unsere Kunden gebacken haben. Unsere Kollegen und Freunde haben uns da toll unterstützt. Und sie haben bewiesen, dass wir im Bäckerhandwerk zusammenhalten. War die Existenz des Unternehmens gefährdet? Das wäre sicherlich etwas übertrieben. Zum Glück konnten wir zwei Tage nach dem Brand in den Teilbereichen mit der Produktion fortfahren. Das war vorwiegend im Bereich des Feingebäcks, der Konditorei und bei der Brötchenproduktion. Brot können wir seit diesem Wochenende wieder backen. Es freut uns, dass unsere Kunden sehr viel Verständnis für die Situation aufbrachten und uns dennoch die Treue gehalten haben. Wir als Familienunternehmen möchten uns da auch bei allen Mitarbeitern und Helfern für die Anteilnahme und Hilfe bedanken. Das ist nicht selbstverständlich. Herr Görtz, Sie sprachen vom totalen Ausfall der Brotproduktion. War das auch der Auslöser des Brands? Definitiv, wir hatten in unserem Brotbackofen etwas verbranntes Brot, das sich nach dem Ausbacken aus dem Ofen in Verbindung mit Sauerstoff entzündet hatte. Da das Brot dann ein Kunststoffband, wo es zum Abkühlen in den Versand transportiert wird, ebenfalls entzündet hatte, begann der Kunststoff zu brennen und tropfte auf darunter laufende Bänder. Da die Bänder nicht sofort gestoppt werden konnten, verteilte sich der Brandherd so über zirka 30 Meter Länge. Dadurch entstand auch die starke Rauchentwicklung im Backhaus, so dass wir in der Nacht von Freitag auf Samstag nicht arbeiten konnten und deshalb unsere Filialen geschlossen bleiben mussten. Stattdessen haben wir in der Nacht noch mit der sofortigen Reinigung des Gebäudes begonnen, da wir sonst mit weiteren Schäden hätten rechnen müssen. Warum? Durch einen Brand von Kunststoff wird Salzsäure freigesetzt, die Säure greift alle Metalle an und würde diese ohne spezielle Reinigung zum Rosten bringen. Das mussten wir auf jeden Fall verhindern, weshalb auch die ersten Brandschadensanierer noch in der Nacht mit der Arbeit begonnen haben, während die Berufsfeuerwehr das Löschwasser aus dem Keller gepumpt hat. Das Krisenmanagement, das Zusammenspiel mit allen Beteiligten wie den Firmen, aber auch mit der Stadt und den Technischen Werken hat vorbildlich funktioniert. Wie hoch ist der Schaden? Wir gehen von einem Schaden in siebenstelliger Höhe aus. Das lässt sich in der Tat aktuell noch nicht beziffern, weil zum Beispiel noch nicht geklärt werden konnte, ob der Brotbackofen noch repariert werden kann oder ob wir diesen ganz ersetzen müssen. Definitiv brauchen wir eine neue Brotförderanlage, aber auch ein neues Korbsystem. Welche Konsequenzen werden Sie aus dem Vorfall ziehen? Es gibt bekanntlich ein Sprichwort: Aus Schaden wird man klug. Das werden wir verinnerlichen. Wir werden uns sicherlich mit den Ingenieuren der Fördersysteme Gedanken machen, wie wir künftig ein Übergreifen der Flammen eines brennenden Brots auf die Anlage verhindern können und das Band nicht weiterläuft und dadurch weitere Teile entzündet.

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