Rheinpfalz Wähler und Migranten unter der Forscherlupe

Porträt Marc Debus

Mannheim. Es ist nach eigenen Angaben die größte sozialwissenschaftliche Forschungseinrichtung einer deutschen Universität: das Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES). In den kommenden drei Jahren steht Marc Debus an der Spitze des Instituts.

Der Ausgang der Landtagswahl im Saarland am vergangenen Wochenende wurde auch in Mannheim aufmerksam registriert. Denn nun gilt es zu untersuchen, ob und wie sich das Ergebnis, das viele Beobachter als Dämpfer für die Welle der Begeisterung um SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz werten, auf die Wahlabsicht der Bevölkerung mit Blick auf die Bundestagswahl auswirkt. Einfließen werden solche Erkenntnisse in die „German Longitudinal Election Study“, die umfassendste Studie zu Wahlen in Deutschland. Anders als bei Momentaufnahmen in Form von Wahlumfragen – „Wen würden Sie wählen, wenn am kommenden Sonntag Wahl wäre?“ – wird hier in regelmäßigen Abständen die immer gleiche Personengruppe befragt. Für die Studie werden zudem Medienberichte ausgewertet und die für die Wahl antretenden Kandidaten befragt. Maßgeblich beteiligt an dieser Untersuchung, die die Bundestagswahlen 2009, 2013 und 2017 in den Blick nimmt, ist das MZES. Dessen Direktor ist für die kommenden drei Jahre Marc Debus. Der 38-Jährige stammt aus der Nähe von Marburg und ist Professor für Politikwissenschaft. Dafür, dass sich die Demoskopen offenbar zunehmend schwer tun, den Ausgang von Wahlen zu prognostizieren, sieht Debus mehrere Gründe. Dazu zählt, dass die Bindung bestimmter sozialer Gruppen an eine Partei zurückgehe. Auch das Auftauchen neuer Parteien wie der AfD erschwere die Arbeit der Demoskopen. Hinzu komme, dass viele Menschen für telefonische Befragungen nur noch sehr schwer zu erreichen seien, weil sie keinen Festnetzanschluss mehr haben. Die Wahlstudie ist nur eine von vielen wissenschaftlichen Untersuchungen, an denen rund 80 Forscher des zur Universität Mannheim gehörenden Instituts arbeiten. „Wir machen keine aktive Politikberatung“, in erster Linie gehe es um langfristig angelegte Projekte, beschreibt Marc Debus Aufgabe und Zielsetzung des MZES. Um solche aufwendigen Untersuchungen wie die Wahlstudie durchführen zu können, sind erhebliche finanzielle Mittel notwendig. 4,3 Millionen Euro warb das MZES im vergangenen Jahr an sogenannten Drittmitteln ein. Der Löwenanteil, nämlich über 83 Prozent, steuerte die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bei. Mit DFG-Mitteln finanziert wird auch eine seit 2009 laufende Studie, die angesichts der vielen nach Deutschland und Europa kommenden Flüchtlinge von aktuellem gesellschaftspolitischem Interesse ist. Ziel der Untersuchung ist es herauszufinden, wie Migranten der zweiten Generation, die also hierzulande geboren sind, integriert sind. Dazu werden über mehrere Jahre insgesamt 20.000 Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund unter die Lupe genommen, werden deren Eltern und Lehrer befragt. Zur besseren Einordnung und Vergleichbarkeit der Ergebnisse beschränkt sich diese Studie nicht nur auf Deutschland, sondern umfasst auch die Niederlande, Schweden und Großbritannien.

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