Ludwigshafen „Von deutschen Texten fühlt man sich sofort angesprochen“

Vor vier Jahren hat er noch gekellnert, jetzt stürmt er die Hitparaden: Wincent Weiss.
Vor vier Jahren hat er noch gekellnert, jetzt stürmt er die Hitparaden: Wincent Weiss.

Mit seinen Singles „Musik sein“ und „Feuerwerk“ hat sich der 24-jährige Singer/Songwriter Wincent Weiss in die erste Riege einer neuen Generation deutscher Pop-Poeten katapultiert. Im August ist die dritte Single-Auskopplung „Frische Luft“ aus dem Debütalbum „Irgendwas gegen die Stille“ erschienen. Den Song hat er in Mannheim geschrieben. Dahin kommt er nun für einen Auftritt im Capitol zurück.

Hallo Wincent! 2013 bist du bei „Deutschland sucht den Superstar“ vergleichsweise früh ausgeschieden. Das hat dich nicht abgehalten, weiter Musik zu machen?

Ja, ich habe einfach weiter gemacht und bin neben meinem Abi oft übers Wochenende nach München geflogen, weil ich dort meinen Manager kennengelernt hatte und Songs geschrieben habe. Nach dem Abi bin ich dann von Eutin nach München gezogen, hab in einem Restaurant gekellnert und weiter an der Musik gearbeitet. Und ja – jeden Tag einfach weiter gearbeitet, bis es irgendwann zu dem Plattendeal gekommen ist. Du hast dann deinen ersten festen Job gekündigt? Wie hat dein Umfeld darauf reagiert? Ich habe in einem Restaurant in München als Filialleiter gearbeitet. Als der Plattenvertrag kam, habe ich sofort am nächsten Tag gekündigt und meinem damaligen Chef gesagt, dass ich jetzt Musik mache. Wenn man zu Hause sagt: „Ich habe meinen Job gekündigt“, kommt das nicht so gut an. (lacht etwas) Aber die verstehen das mittlerweile auch, dass das mehr ist als nur ein Hobby. Warum sollte es die Musik sein? Musik machen war immer mein Traum, habe aber nie geglaubt, dass es beruflich so weit gehen könnte, wie es jetzt gerade ist. Das ist wie bei einem Profifußballer, der vielleicht am Anfang auch nicht damit gerechnet hat. Es war aber immer klar: Wenn es mal dazu kommt, dass ich das als Profi machen kann, werde ich die Chance ergreifen. Das Internet verhalf dir zum Erfolg. Eine Coverversion von Elif Demirezers „Unter meiner Haut“ auf YouTube brachte den Durchbruch. Genau. Ich habe da ein Cover hochgeladen als Akustik-Version, und im Sommer 2014 haben das dann die DJs Gestört aber Geil und Koby Funk geremixt und auf einem Festival gespielt. 2015 kam das auf CD raus und kam in die Charts. Das war völlig verrückt. Mit der Single „Musik sein“ hast du im letzten Jahr die Charts gestürmt. Dein Debüt „Irgendwas gegen die Stille“ folgte Anfang des Jahres. Es erweckt den Eindruck, dass du darin die Gefühlswelt deiner Generation besingst. Was bewegt euch? (überlegt kurz) Ich singe eigentlich gar nicht so wirklich über meine Generation, sondern über mich selbst. Ich habe ganz viele Themen bearbeitet, die mich persönlich bewegt haben, Sachen, die meine Jugend geprägt haben. Ich erzähle über meine Familie, meine Schwester, meine besten Freunde, meine Heimat, meine Beziehungen. Ich denke jeder der das Album hört, wird mich ein Stück besser kennenlernen können. Und ich hoffe natürlich, dass sich viele auch mit den Texten identifizieren können. Du bist über Heavy Metal zur Musik gekommen und nun beim Deutsch-Pop gelandet. Wie kam das? Also ich höre privat viel Metal, ich stehe auf den Sound. Ich kann aber besser auf deutsch schreiben, kann mich auf deutsch super ausdrücken. Von daher war es immer klar, wenn ich Musik mache, mache ich es auf deutsch, also Deutsch-Pop. Warum singen auf einmal wieder so viele auf deutsch. Mit der Globalisierung rückte ja eigentlich das Englische in den Fokus? Also ich glaube, dass die Leute bei uns die deutschsprachige Musik gut finden, weil man die Texte sofort versteht, sich angesprochen fühlt. Bei englischen Texten ist es ja meistens so, selbst wenn man englisch spricht, dass man bei den meisten neuen Songs, die man hört, zunächst nur die Key-Zeilen versteht. Dein Album heißt „Irgendwas gegen die Stille“. Was ist damit gemeint? Bezieht sich das metaphorisch auf das Musikmachen als Gegenpol zur Stille? Das Album bietet natürlich „Irgendwas gegen die Stille“. Aber ich hoffe, dass es mehr als irgendwas sein kann, und der Hörer für jede Art von Moment einen Song darauf findet. Auf deiner Tour kommst du ja auch nach Mannheim. Verbindet dich etwas mit der Stadt? Ich war immer mal für zwei Tage zum Arbeiten in Mannheim. Unser Tontechniker Friedrich lebt in Mannheim und hat an der Popakademie studiert. Außerdem haben wir den Song „Frische Luft“ in Mannheim geschrieben. Ich habe leider weder dort studiert noch für länger dort gelebt. Wo siehst du dich in fünf Jahren? Hast du einen Plan B oder plagen dich Zukunftsängste? Bei mir ist so etwas kein Thema. Ich habe nie Sicherheit im Leben gebraucht. Ich habe auch keinerlei Zukunftsängste. Ich genieße es so lange es geht, und wenn es nicht mehr geht, mache ich etwas anderes. In fünf Jahren? Ich würde schon gerne noch Musik machen. Vor 30 möchte ich noch zwei Kinder haben, da muss ich noch daran arbeiten (lacht). So weit plane ich meine Zukunft nicht. Jüngst wurde in den Medien kritisiert, dass längst nicht alle Pop-Poeten ihre Texte alleine schreiben, dies aber so vermarkten. Schreibst du deine Texte alleine? Wie stehst du zu der Sache? Nein, ich schreibe nicht alleine, hab ich aber auch noch nie behauptet. Mein Produzent ist unter anderem mit dabei, es ist noch jemand dabei, der Instrumente beherrscht. Und am Ende ist man zu viert oder zu fünft an dem Song beteiligt. Beim Echo 2017 bist du mit deinen Deutschpop-Kollegen Max Giesinger und Tim Bendzko aufgetreten. Das erinnerte schon stark an die Boygroup-Zeiten der 1990er. Habt ihr mal darüber nachgedacht? (lacht herzlich). Nee, auf keinen Fall. Wir sind alles Solo-Künstler und das wird auch so bleiben. Termin Wincent Weiss am Montag, 20. November, 19.30 Uhr, im Mannheimer Capitol.

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