Ludwigshafen Vom Unterricht in den Plenarsaal

Gruppenbild mit Lehrer: die Klasse 10c im Plenarsaal des Mainzer Landtags.
Gruppenbild mit Lehrer: die Klasse 10c im Plenarsaal des Mainzer Landtags.

Einmal selbst Politiker spielen – diese Gelegenheit hat vergangene Woche die Klasse 10c der Integrierten Gesamtschule (IGS) Edigheim genutzt und beim 33. Schüler-Landtag in Rheinland-Pfalz über Anträge diskutiert und abgestimmt. Ein Schüler aus dieser Gruppe wird am Montag noch einmal nach Mainz fahren und die Gelegenheit haben, den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zu treffen.

Am Dienstag vor einer Woche war im Plenarsaal des Mainzer Landtags einiges anders als sonst. Nicht Landtagspräsident Hendrik Hering eröffnete die Sitzung, sondern die Schülerin Merle Tomm. Felix Blaufuß, der den Antrag seiner Fraktion „Schule 4.0“ zur Digitalisierung an rheinland-pfälzischen Schulen erläuterte, sitzt normalerweise auch nicht in den Reihen der Abgeordneten, sondern im Unterricht der 10c an der IGS Edigheim. Die Klasse war als eine von vieren in Rheinland-Pfalz ausgewählt worden, an der 33. Ausgabe des „Schüler-Landtags“ teilzunehmen. Die anderen drei Klassen oder vielmehr „Fraktionen“ kamen aus Trier, Koblenz und Ramstein-Miesenbach. Beworben hatten sich die Edigheimer Schüler mit ihrem Gemeinschaftslehre-Lehrer Christoph Schneider schon kurz nach den Sommerferien. Seit der Zusage hatten sie sich auf das Projekt intensiv vorbereitet. Zum Beispiel hatten sie die den beiden größten Fraktion von SPD und CDU angehörenden hiesigen Abgeordneten, Heike Scharfenberger und Marion Schneid, in den Unterricht eingeladen und über Landespolitik mit ihnen diskutiert. Sie hatten ein Vorbereitungstreffen in Mainz absolviert. Und sie hatten den Antrag ausgearbeitet, in dem sie Forderungen stellten: die Einführung eines Pflichtfachs „Medienkompetenz“ in den fünften und sechsten Klassen, die Möglichkeit, ab der siebten Klasse das Fach Informatik wählen zu können, und die Veröffentlichung digitaler Versionen von Schulbüchern, die jeder Schüler auf einem Tablet haben solle. Grundsätzlich solle die mediale Ausstattung an Schulen im Land verbessert werden. Während der Antrag im Plenum des Schüler-Landtags intensiv diskutiert und schließlich – trotz anfänglicher Skepsis bei einer anderen Schülerfraktion – mit großer Zustimmung angenommen wurde, fand sich Schneider in einer für einen Lehrer gewöhnungsbedürftigen Rolle wieder: Er durfte nicht eingreifen. „Die Schüler haben das sehr selbstständig gemacht“, sagt der 35-Jährige. „Es ist eine Klasse, die politisch sehr interessiert ist.“ Und die jetzt gespannt verfolgen wird, wie es mit ihrem Antrag weitergeht. Den wird nämlich der echte Bildungsausschuss beraten. In der vorangegangenen Runde des Schüler-Landtags war ein Thema auf der Tagesordnung, das Schneiders Arbeit konkret betrifft: Eine Schülerfraktion hatte die Abschaffung des Fachs Gemeinschaftslehre an Integrierten Gesamtschulen und die Rückkehr zu den Einzelfächern Geschichte, Erdkunde und Sozialkunde gefordert. Der Ausschuss lehnte den Vorschlag am Ende allerdings ab. Wie funktioniert Politik? Wie kann man selbst Politik gestalten? Und wie laufen politische Entscheidungsprozesse wirklich ab, jenseits dessen, was man im Fernsehen sieht? Das sind Fragen, auf die der Schüler-Landtag Antworten bieten möchte. Den nächsten Termin in Mainz haben Schneider und der „Fraktionsvorsitzende“ Felix Blaufuß schon am Montag: Wenn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Landtag seine Grundsatzrede halten wird, dürfen sie nicht nur dabei sein. Blaufuß wird auch Teil einer vierköpfigen Schülergruppe sein, die mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer in Steinmeiers Anwesenheit über Politik und Demokratie diskutiert.

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