Ludwigshafen Voll durchgezogen

„Der Mann mit dem besten Marihuana der Welt“: Rapper B-Real.
»Der Mann mit dem besten Marihuana der Welt«: Rapper B-Real.

„Rauchen verboten“ steht auf den Schildern, die überall im Zelt hängen. Von Kiffen hat keiner was gesagt. Nicht kleine Rauchschwaden, sondern mächtige Dampfwolken steigen überall im Publikum auf und versetzen die ohnehin schon heiße Luft mit einer süßlichen Note. „When the Shit goes down you better be ready“ skandiert dazu die Menge. Wer von Cypress Hill erzählt, kann von Marihuana nicht schweigen. Die Kalifornier sind bekennende Kiffer, geben in Interviews gerne Tipps für die beste Grassorte („Geht auch schon am frühen Morgen“) und setzen sich voller Leidenschaft für die Legalisierung von Cannabis ein. Unverblümt bejubeln sie in Songs wie „I wanna get high“, „Hits from the Bong“ oder „Everybody must get stoned“ ihr Hobby. Und sind damit seit 30 Jahren unglaublich erfolgreich. Millionen Platten haben die Herren vom Zypressenhügel aus South Gate bei Los Angeles seitdem verkauft. Die vier auf der Bühne gehören zu den ältesten, die sich im namengebenden Zelt des Festivals versammelt haben. B-Real ist mit 49 der jüngste von ihnen, seine Kollegen, Rapper Sen Dog, DJ Muggs und Perkussionist Eric Bobo haben die 50 schon überschritten. Von Ermüdungserscheinungen ist nicht im Geringsten etwas zu spüren. Das Konzert beginnt mit einem Set von DJ Muggs, der in zehn Minuten mehr Power verbreitet als David Guetta vor ein paar Jahren in der benachbarten Maimarkthalle in zwei Stunden (aber okay, das war auch wirklich ein Tiefpunkt). Seine Beats gehen direkt in die Beine, und die Fans feiern dazu. Manche dürften schon ziemlich breit sein, andere naturstoned. Es ist eine junge und ziemlich bunte Schar von Menschen, die sich hier versammelt hat, und alle feiern in einer sehr friedlichen und toleranten Stimmung. Der Typ mit der Fliegenklatsche und dem Anglerhut neben dem, der sein T-Shirt zu Hause vergessen hat, neben den Frauen im Bikini-Oberteil neben den Rastafaris und den Baseball-Fans. B-Real trägt bei einer Außentemperatur von über 30 Grad am frühen Abend Trainingsanzug und Palästinensertuch, natürlich nimmt er die Sonnenbrille nicht ab. Dass er in der Stunde, in der er ununterbrochen allerkrassesten Westcoast-Rap abliefert, schwitzen muss wie ein Schwein, kann man nur erahnen. Abgebrüht und ultracool liefert er die Show ab, die von ihm erwartet wird. Sein Kollege Sen Dog hat die meiste Zeit die Rolle des zweiten Mannes, tritt aber auch mal ins Scheinwerferlicht, als B-Real sich zu Eric Bobo an die Drums gesellt. Von dort und vom DJ-Pult kommt die ganze Zeit über ordentlich Druck. Dass im Gegensatz zu den Platten die Zwischentöne, die Intros und auch die Latin-Elemente der Musik zugunsten der fetten Party zurückstehen müssen – es ist vollkommen okay. Ein Zeichen dafür, dass Menschen ein Konzert richtig genießen, ist, wenn sie sich hüpfend zum Bierstand bewegen oder später zum Parkplatz tänzeln. Tatsächlich sind alle ununterbrochen in Bewegung, auf der Bühne und im Publikum. Keine Atempause. „Are you feeling good? Are you feeling crazy?“, fragen die Grandmaster des Hip-Hop regelmäßig in die Menge. Jubel ist die Antwort. Die Setliste besteht hauptsächlich aus Klassikern der Kalifornier. Fast entschuldigend kündigt B-Real zwischendurch ein paar Songs des im vergangenen Jahr erschienenen Albums „Elephants on Acid“ an. Die Menge ist mittlerweile so ausgelassen, dass sie die Songs genauso feiert wie die Klassiker, deren Reime sie auswendig skandieren kann. Wenigstens fast. Denn bei „How I could just kill a Man“, „Jump around“ oder dem Überhit „Insane in the Brain“ rasten nun wirklich alle komplett aus. „Do you feel the Energy? Do you feel the Crazyness?“, ruft B-Real noch mal ins Publikum, und die Antwort ist diesmal: Ja, und ich fühle, dass ich schon lange nicht mehr so geschwitzt habe und zu Hause direkt von der Haustür unter die Dusche gehen werde. Von seinem Kollegen Sen Dog wird B-Real am Ende als „der Mann mit dem besten Marihuana der Welt“ vorgestellt, und der bemerkt dazu, er sei außerdem Rapper. Ein anderer, ganz unironisch jetzt, schöner Moment ist, als alle im Publikum gemeinsam das Peace-Zeichen machen, was ja in diesen Zeiten wirklich nicht schaden kann. Dass nach einer guten Stunde schon alles zu Ende ist, überrascht die eingefleischten Fans nicht. Am Ausgang versperren Menschen den Weg, weil sie sich dringend in die Arme fallen müssen, vor Glück, dabeigewesen zu sein. Und noch etwas: Es hat zwar nur eine Stunde gedauert. Aber in dieser Stunde wurde so oft „fuck“ und „shit“ gesagt, dass es für den Rest des Jahres reicht.

x