Rhein-Pfalz Kreis Viele Baustellen, viele Ziele

Nicole Julier
Nicole Julier

«Schifferstadt.» Die Stadt im Klimaschutz voranbringen: Mit diesem Auftrag hat Nicole Julier (31) vor etwas mehr als einem Jahr ihre Stelle im Schifferstadter Rathaus angetreten, die für zwei Jahre gefördert wird. Zeit für eine Zwischenbilanz: Was ist bereits umgesetzt, was läuft und wo hakt es noch?

„Die abschließbaren Fahrradboxen kommen jetzt. Ich hole gerade die Angebote dafür ein. Auftakt wird am Hauptbahnhof sein“, sagt Klimaschutzmanagerin Nicole Julier. Sie freut sich. Das Projekt hätte sie am liebsten längst verwirklicht, doch „es ging leider nicht so schnell, weil der Aufwand groß war“, sagt Julier. Da sie selbst mit gutem Beispiel vorangeht, auf das Auto verzichtet und jeden Morgen mit der Bahn aus ihrem Wohnort Neustadt nach Schifferstadt kommt und vom Bahnhof zum Rathaus radelt, wird sie auch selbst von dem Vorhaben profitieren. Denn: „Mir wurde schon zweimal das Fahrrad gestohlen“, erzählt sie. Als schön – unter anderem weil es Senioren mobiler macht – empfindet Julier die zunehmende Verbreitung von Pedelecs. Bei diesen Elektrofahrrädern unterstützt der Motor den Radfahrer beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von maximal 25 Stundenkilometern. Für solche Gefährte bereitet sie eine Ladestation vor. Unabhängig davon werde im Rathaus weiter am Mobilitätskonzept gefeilt. „Dabei möchte ich durchsetzen, dass Klimaschutz ganz weit oben steht“, erklärt sie. Nachdem die Stadt vor Kurzem dem Projekt „Biologische Vielfalt“ beigetreten ist, werde nun daran gearbeitet, städtische Flächen für Insekten aufzuwerten. „Wir hoffen auf das Verständnis der Bürger, dass deshalb manche weniger oft gemäht werden“, sagt Julier. Nachholbedarf sieht die erste Klimaschutzmanagerin der Stadt überhaupt beim Einsatz erneuerbarer Energien bei öffentlichen Gebäuden. Eine Idee, wie sich das ändern lässt, hat sie bereits: „Wir wollen vier Fotovoltaikanlagen auf den Dächern anbringen.“ Damit sollen die Grundschulen Nord und Süd sowie die Kindertagesstätten Großer Garten und Kinderburg ausgestattet werden – und für den Kita-Neubau im Waldspitzweg ist es ebenfalls geplant. Dabei hat sich Julier vom neuen Pachtmodell „Solar für Sie“ der Stadtwerke inspirieren lassen: „Ich dachte mir, das ist dann ja auch solar für uns.“ Überhaupt, die Stadtwerke: „Sie sind ein wichtiger, sehr motivierter Partner“, erklärt die 31-Jährige. So habe das Unternehmen schon vor ihrer Zeit bei der Stadtverwaltung in Zusammenarbeit mit der Hochschule Mainz das Neubaugebiet Großer Garten mit kalter Nahwärme versorgt. Gegenüber herkömmlicher Wärmeversorgung mit Vorlauftemperaturen von 70 und mehr Grad Celsius wird hierbei mit weniger als 30 Grad Celsius in den Leitungen gearbeitet, die Leitungsverluste sind gering. „Und das System ist autark von fossilen Brennstoffen“, hebt sie hervor. Aus dieser Zusammenarbeit sind laut Julier weitere Projekte hervorgegangenen, zum Beispiel das Nahwärmenetz im Schulzentrum und – ganz neu – das angestrebte Nahwärmenetz für die Innenstadt. „Dabei wollen wir im ersten Schritt öffentliche Liegenschaften wie Rathaus, Altes Rathaus, Grundschule Nord und Ochsen anschließen“, erläutert sie. Fördermittel vom Bund seien schon beantragt. Juliers Vorhabenliste ist noch länger. Zusammen mit dem Rhein-Pfalz-Kreis, Böhl-Iggelheim, der Verbandsgemeinde Römerberg-Dudenhofen und Haßloch hat Schifferstadt im April eine auf zwei Jahre angelegte Kampagne gestartet, die für den Austausch von Heizungspumpen wirbt. „Denn vor allem alte, ungeregelte sind richtige Stromfresser. Das wissen viele gar nicht“, sagt sie. Dabei soll die Kommune bei sich selbst anfangen: „Wir arbeiten daran, die Heizungsanlagen aller unserer Gebäude an die Stadtwerke zu übergeben.“ Nur so könne eine regelmäßige Überprüfung sichergestellt und ein optimaler Betrieb erreicht werden. Im Herbst sollen die Hausmeister geschult und unter anderem dafür sensibilisiert werden, die Zählerstände im Auge zu behalten und bei Auffälligkeiten sofort die Ursache zu prüfen. Intelligente Steuerungen sollen die Verbesserung vollenden. „Und zur Kontrolle möchte ich ein Klimamanagement einführen“, sagt Julier. Darüber hinaus wird in der Bauabteilung, in der ihre Stelle angesiedelt ist, momentan eifrig am Sanierungsfahrplan getüftelt, damit er möglichst bald dem Bau- und Verkehrsausschuss vorgestellt werden kann. Im städtischen Bauamt fühlt sich die Klimaschutzmanagerin wohl und gut aufgehoben. „Meine Chefin unterstützt mich, und ich lerne viel, zum Beispiel über Baurecht. Und mit einer grünen Bürgermeisterin flutscht sowieso alles“, erklärt Julier. Apropos flutschen: Im Sommer möchte sie die Refill-Aktion unterstützen, die zum Ziel hat, dem Plastikwahnsinn entgegenzuwirken. Indem etwas Wasserflaschen an Trinkwasser-Spendern aufgefüllt werden können. Zurzeit frage sie bei Schifferstadter Geschäften nach, ob sie mitmachen. Zudem soll es dieses Jahr endlich die Thermografie-Nachtwanderung geben, bei der energetische Schwachstellen an Gebäuden erkannt werden können. In den zwei Jahren, auf die ihre Stelle zunächst befristet ist, könne sie natürlich nicht sämtliche Immobilien der Stadt sanieren, räumt Julier ein. Zumal das stets auch eine Frage der Kosten sei. „Deshalb beginnen wir mit kleinen Projekten, die schon viel bewirken“, sagt sie. Trotz der erzielten Erfolge – auch die Klimabox an Kindergärten und Schulen sei prima angenommen worden –, klappe auch nicht immer alles. „Ich habe etwa versucht, Carsharing anzustoßen, aber dafür sind wir einfach zu ländlich.“

Dass erneuerbare Energien in der Stadt eingesetzt werden, will die Klimaschutzmanagerin fördern. So sollen etwa vier Fotovoltaik
Dass erneuerbare Energien in der Stadt eingesetzt werden, will die Klimaschutzmanagerin fördern. So sollen etwa vier Fotovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden installiert werden.
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