Ludwigshafen Viel Lob, aber kein Lastenrad

„Muffins zum Mitnehmen“, „Dankeschön fürs Radfahren“ – mit diesen und anderen netten Worten bietet das Brückenkaffee-Sextett allen Radlern ein kleines Frühstück an. Nicht alle halten, weil sie es eilig haben. Aber die meisten bremsen, einige steigen sogar ab und lassen sich neben dem Gebäck auch einen Becher Kaffee reichen oder mit auf den Weg geben. Manche nehmen sich sogar Zeit für einen Plausch und greifen zu Bananen oder Mandarinen, die sich auf einem bunten Anhänger türmen. „Das ist eine tolle Aktion“, sagt eine Frau mit Helm, Brille, Radlerhose, Handschuhen und grellgelber Jacke, die nach Mannheim unterwegs ist. „Ich lege hier regelmäßig einen Stopp ein.“ Andere sind wohl auch deshalb zu einer kurzen Rast bereit, weil an diesem frischen und nebligen Morgen mehr los ist als sonst. Prominentester Gast kurz nach 7 Uhr ist OB Steinruck. Schnell ist sie umringt von Journalisten sowie Kameras und gibt ein Interview nach dem anderen. Während sich auf dem Brückenzubringer – wie üblich – der Verkehr staut, sich Stoßstange an den Stoßstange reiht, lobt Steinruck ausgiebig die Aktion, mit der Radfahrer bereits seit März vergangenen Jahres jeden zweiten Mittwoch im Monat ermuntert, motiviert und für den Verzicht aufs Autofahren belohnt werden. Auf die Belange der radelnden Zunft aufmerksam machen – das ist die Idee hinter dem Brückenkaffee. Im Schnitt 140 Muffins verteilen die Helfer aus Ludwigshafen, Mannheim und dem Rhein-Pfalz-Kreis mittlerweile. Gerade mal 25 waren es zu Beginn. „Das ist eine tolle Aktion für die Umwelt und Werbung fürs Radfahren“, sagt Steinruck. Auf dem Online-Portal „Hol die OB“ hatte sich die Gruppe für ein Treffen mit ihr beworben und mit über 70 Stimmen Rang zwei belegt. Mitgebracht hat sie „ein dickes Dankeschön“, aber eben nicht das von den fleißigen Radfreunden benötigte Lastenrad. „2000 bis 2500 Euro, das ist nicht drin in meinem Budget“, erklärt die OB dazu, steckt den Initiatoren aber drei Fuffis aus ihrem Geldbeutel zu und weist darauf hin, dass im Stadthaushalt eine Stelle für einen Fahrradbeauftragten eingeplant sei. Als Andenken erhält die Genossin von der Gruppe ein Kettenglied an einer roten Schleife. Weil es sich um eine lose Gruppe und keinen Verein handelt, sei es schwierig, Spenden zu sammeln, bedauert die OB. Unterstützen will sie das Projekt trotzdem und meint: „Ich hätte mir gewünscht, dass die Aktion auf ,Hol die OB’ Platz eins belegt.“ Unangefochten an der Spitze rangierten Ende Oktober die Anhänger der inzwischen abgesagten Autoshow „Drehmoment“ – mit zehnmal so vielen Stimmen (siehe Lokalseite 1). Die Forderungen des Brückenkaffee-Teams an die Politik liegen auf der Hand. Roland Epple beispielsweise wünscht sich von der Stadtverwaltung mehr Öffentlichkeitsarbeit fürs Radfahren. „Und wir warten auf den Radschnellweg“, sagt der 52-jährige Ludwigshafener zu dem in der Metropolregion angestoßenen, aber auf rheinland-pfälzischer Seite noch nicht allzu weit fortgeschrittenen Vorhaben. Er schlägt zudem eine Zählstelle für Radfahrer vor, um das Aufkommen vor Ort zu dokumentieren. Die neuen, sehr breiten und rot markierten Radwege rund um die vielbefahrene Heinigstraße im Zentrum seien schon mal ein gutes Zeichen. Immer noch würden zu viele Pendler das Auto nutzen, statt aufs Rad umzusteigen, kritisiert Epples Mitstreiter Markus Schlegel und deutet auf die Blechlawine samt Abgaswolken. Der 29-jährige Sozialarbeiter aus Mannheim hat sich der Brückenkaffee-Truppe angeschlossen, „weil es einfach eine coole Aktion ist“. Gekommen ist auch Dieter Netter, der die Grünen im Ortsbeirat Nord vertritt. Der 59-Jährige ist Beisitzer beim Verkehrsclub Deutschland (VCD) in Ludwigshafen und hat einen Stammtisch gegründet, an dem auch die Brückenkaffee-Leute gerne Platz nehmen. „Super“, kommentiert er deren Einsatz. „So funktioniert Werbung fürs Radfahren, die Stadt tut ja nichts.“ In Ludwigshafen müssten für Radler weitaus mehr Einbahnstraßen in beide Richtungen geöffnet werden, fordert Netter. Die gesetzlichen Grundlagen dafür seien bereits 2009 geschaffen worden. „In Mannheim ist man da schon viel weiter.“ Termin Das nächste Brückenkaffee ist am Mittwoch, 12. Dezember, ab 7 Uhr.

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