Ludwigshafen Viel Kritik am Zustand der City

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Leerstände in der Innenstadt, das Metropol-Hochhausprojekt am Berliner Platz, Sauberkeit und ungepflegte Grünflächen – das sind einige der Themen, die gestern Leser bei der Redaktion vor Ort auf dem Wochenmarkt am Friedrich-Wilhelm-Wagner-Platz in der Stadtmitte angesprochen haben.

„Das Metropol wird ein Flop“, ist Karin Lang überzeugt und zeigt auf die Baustelle, die nur einen Steinwurf vom Wochenmarkt entfernt liegt. Man brauche sich bloß die Leerstände in der Innenstadt und den Zustand der Walzmühle anzusehen, dann sei klar, dass das Hochhaus-Projekt auf dem Berliner Platz ein Reinfall werde. Auch architektonisch gefällt der 56-jährigen Mundenheimerin das Metropol nicht. Beim Bau des halbmondförmigen Faktor-Hauses habe man sich an der „Tortenschachtel“ und der restlichen Bebauung des Platzes orientiert. „Der Metropol-Investor kann jetzt machen, was er will“, findet Lang. Mit dem Zustand der Innenstadt ist sie generell nicht zufrieden. „Es hängt an vielen Ecken und Enden, zum Beispiel bei der Sauberkeit.“ Das findet auch die 76-jährige Rheingönheimerin, die ihren Namen aber nicht in der Zeitung lesen will. Sie vermisst auch mehr Grün in der Stadt. „Die Oberbürgermeisterin weiht gerne neue Gebäude ein, sie sollte mal mehr nach ihrer Stadt sehen“, sagt die Seniorin. Sie vermisst außerdem Respekt und Anstand im Umgang der Menschen miteinander. Neulich habe sie Kinder in der Straßenbahn ermahnt, nicht auf den Sitzen zu stehen und sei dafür von deren Mutter übel beschimpft worden. Die Zuwanderung und auch die vielen Flüchtlinge beunruhigen die 76-Jährige. „Ich glaube nicht, dass wir das schaffen“, sagt sie zum Zitat von Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Es wird einfach nicht besser“, klagt eine Bewohnerin aus dem Stadtteil Nord, die aus Angst vor Anfeindungen ebenfalls anonym bleiben will, über die Zustände am Hemshofpark. Hauptproblem sei der Bolzplatz dort. Er würde nicht nur tagsüber, sondern auch bis in die Nachtstunden genutzt, Anwohner hätten unter dem Lärm zu leiden. Dazu kämen herausgerissenen Pflastersteine, Graffitischmierereien und Müll. Schon mehrfach habe sie den Kommunalen Vollzugsdienst angerufen, jedoch ohne Erfolg. „Er ist häufig überlastet.“ Auch Briefe an die Stadt und Unterschriftensammlungen hätten nichts an der Situation verbessert. Allerdings will und kann sie ihre Bemühungen nicht aufgeben, auch weil sie von Mieteinnahmen von Wohnungen abhängig ist, die an den Platz grenzen. Es sei mittlerweile schwierig, Mieter zu finden. Zum geplanten Metropol auf dem Berliner Platz hat sie auch eine Meinung. „Ich finde, man hätte eine große Grünfläche draus machen sollen.“ Bernhard Gabauer ist aus dem Stadtteil Mundenheim zur Redaktion vor Ort gekommen. Er hat sich vor allem über die Berichterstattung über die ständig kaputte Rolltreppe am S-Bahnhof Mitte gefreut. „Die steht wirklich ständig still.“ Gabauer vermutet Vandalismus, obwohl er selbst noch nichts beobachtet hat. „Ich habe nichts zu schimpfen, sondern eine schöne Geschichte“, sagt Anna Maria Brock (81) aus dem Stadtteil Süd. Sie hatte unlängst einen Behördengang wegen Ratten auf ihrem Grundstück beim Ordnungsamt zu erledigen, doch im Stadthaus Süd sei der Aufzug kaputt gewesen. Mit ihrem Einkaufstrolley hätte die 81-Jährige eine Treppe bewältigen müssen – eine fast unmögliche Herausforderung. Eine hilfsbereite Verwaltungsangestellte habe ihr einen Stuhl herunter gebracht und gleich noch dazu den zuständigen Sachbearbeiter geholt. „Ich bin sehr gut, freundlich und zuvorkommend behandelt worden“, lobt sie die städtischen Mitarbeiter. Und auch für die RHEINPFALZ hat die Seniorin ein freundliches Wort: „Ohne Zeitung gibt es keinen Morgen.“ Lieselotte Weber (80) hatte auch Spannendes zu berichten: Ihr Mann Egon war Kripo-Chef in Ludwigshafen und ermittelte unter anderem gegen die Kimmel-Bande. Und eines Tages klingelte bei Webers das Telefon und Bernhard Kimmel, der „Al Capone der Pfalz“, war höchstselbst am Apparat. „Ich bin nicht erschrocken“, sagt die rüstige Seniorin. Sie ist verwitwet und wohnt seit mittlerweile 56 Jahren im Stadtteil Süd. Über einen Kriminalroman hat sich Günter Kick gefreut. Der Ruchheimer hat bei einem Rate-Krimi vom „Marktplatz Lu“ den neuen Palzki-Fall gewonnen. „Das hat mich gefreut“, sagt er. Leidenschaftliche Zeitungsleser sind auch Peter und Doris Joa aus dem Stadtteil Süd. „Ich brauche eine Stunde, um morgens die Zeitung zu lesen – und mein Mann darf erst nach mir“, sagt die 73-Jährige und ihr 76-jähriger Mann lacht. Auf einen Sprung sind Bettina und Peter Bellmann aus der Gartenstadt vorbeigekommen. Auf dem Wochenmarkt haben sie Oppauer Dampfnudeln gekauft. „Die schmecken wie hausgemacht“, schwärmt die 54-Jährige und spendiert gleich ein Hefeteigkloß zum Probieren. Marktfrau Regina Wahl gibt noch eine Runde Obst aus. Peter Bellmann (61) ist Läufer in seiner Freizeit, nimmt regelmäßig an der RHEINPFALZ-Joggingtour teil und trainiert gerade für einen Halbmarathon in Karlsruhe. Das Paar arbeitet in Mannheim und sorgt sich wegen des Hochstraßenabrisses. „Das wird noch was“, meint Peter Pellmann, der überlegt, während der Bauzeit aufs Auto beim Weg zur Arbeit zu verzichten und auf Rad oder Straßenbahn auszuweichen.

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