Ludwigshafen Spiel mit Stereotypen

Auswärtstrikot: Götz Alsmann auf der Seebühne in Mannheim.
Auswärtstrikot: Götz Alsmann auf der Seebühne in Mannheim.

Eine äußerst passende Umgebung bildete die Seebühne im Mannheimer Luisenpark für ein stimmungsvolles Konzert von Götz Alsmann & Band. Der versierte Musiker und Entertainer mit der Haartolle präsentierte sein aktuelles Album „... in Rom“.

In der ersten Hälfte des Konzerts, das italienische Canzoni und jazzmusikalische mediterrane Schlager mit deutschen Texten bot, agierten die fünf Musiker noch unter eigens aufgestellten Pavillons, die den Blick auf die Akteure doch beträchtlich einschränkten. „Vorsichtshalber“, wie Götz Alsmann am Flügel bedauerte, „weil irgendeine Wetter-App behauptet, es wird noch regnen“. Tatsächlich regnete es nicht, und so konnten die nutzlosen Baldachine, die im Dreiviertelrund der kleinen Arena besonders den oberen Rängen die Sicht genommen hatten, in der Pause wieder abgebaut werden. Der taubengraue Himmel über dem Luisenpark und das grün-trübe Wasser des Kutzerweihers, auf dem die Seebühne schwimmt, hätten freilich blauer und klarer sein können, im Idealfall so blau wie das Leuchten des Wassers in der Grotte auf Capri, doch mit der einsetzenden Dämmerung wurde die Stimmung zunehmend faszinierender ... und italienischer. Als die farbigen Lichter sich im schwarzen See zu spiegeln begannen, schienen die lauen Temperaturen des Abends und die Gondolettas, die hinter der Bühne im Wasser standen, das andächtig-vorwitzige Spiel mit den Stereotypen Italiens, das Alsmann und Band darbrachten, nurmehr zu bestätigen und zu unterstützen. „Schau dir den Mond an“ („Guarda che luna“), zupfte Alsmann Italiens Nationalinstrument numero uno, die Mandoline, passend zum Nachthimmel, oder sang „Azzurro, so ist der Himmel für Verliebte, denn Azzurro heißt blau“ nach Adriano Celentanos Hit von 1968. Natürlich machte er es sich leicht, wenn er auf Evergreens wie diesen zurückgriff, doch gewann er sein Publikum damit bereits vom Eröffnungslied „Quando Quando Quando“ an. Alsmann vermochte es aber auch, sich die alten Schlager durch Neu-Interpretationen und ungehörte, mal swingende, mal balladeske Arrangements individuell anzuverwandeln und den an sich schon abgenudelten Canzoni ureigene ironisch-humoristische bis verrucht laszive Noten hinzuzufügen. Seiner Band gestattete der umsichtige Leader auf die gleiche Weise immer wieder luftige Ausflüge an den Instrumenten. Bossa Nova, Cha Cha Cha, Mambo, Klezmer und wenigstens ein Anflug von Rock ’n’ Roll ließen keinerlei Langeweile aufkommen und öffneten die Ohren auch für die unbekannteren, leichten, heiteren und gefühlvollen Lieder, die Alsmann ausgegraben hatte und frisch und liebevoll poliert präsentierte. Das Prinzip blieb dabei das gleiche wie bei den beiden Vorgänger-Alben „In Paris“ und „Am Broadway“. Nach den französischen Chansons und ausgewählten Titeln des Great American Songbook bildet „... in Rom“ den abschließenden Teil einer Reisetrilogie, die stets augenzwinkernd die Klischees landestypischer Eigenheiten bedient, ohne im musikalischen Anspruch das Geringste schuldig zu bleiben. Wie zuvor nach New York und Paris, begaben sich Alsmann, Altfrid Maria Sicking (Trompete), Ingo Senst (Kontrabass), Markus Paßlick (Percussion) und Rudi Marhold (Schlagzeug) für ihre jüngste CD nach Rom, in das von Filmkomponist Ennio Morricone vor einem halben Jahrhundert mitbegründete Forum Music Village-Studio in den Katakomben unter einer Basilika und selbst „eine Kathedrale der Tonkunst“, wie Alsmann gewohnt pathetisch formulierte. „Im Keller werden sündige Lieder gesungen und darüber die Heilige Messe gelesen.“ In gewagt violett und schwarz längs gestreiften Sakkos spielten Alsmann & Band am Ende auch zwei deutsche Schlager, die von Italiensehnsucht zeugten: „Ja, für eine Fahrt ans Mittelmeer“ von Friedel Hensch und den Cyprys (in jüngeren Jahren in „Wenn ich ein Turnschuh wär“ auch von den Goldenen Zitronen wieder aufgegriffen) sowie, gleichsam unvermeidlich, Rudi Schurickes „Capri-Fischer“. Sie kündeten von einer deutsch-italienischen Freundschaft wie von einer Überzeugung, die Alsmann so formulierte: „Italien ist Musik und Musik ist Italien.“

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