Ludwigshafen Singlebörse: Ludwigshafener erhält hohe Rechnung statt Liebesglück

Parship-Werbung in Ludwigshafen-West.
Parship-Werbung in Ludwigshafen-West.

„Alle elf Minuten verliebt sich ein Single auf Parship“: Damit wirbt die Singlebörse aus Hamburg auch in Ludwigshafen. Ist der Single mit seinem teuren Jahresabo nicht zufrieden und kündigt vorzeitig, muss er indes mit horrenden Forderungen des Unternehmens rechnen – ein Betroffener schildert seine Erfahrungen.

Kevin Schmitt* ist sauer. „Ich hatte mich für ein rund 570 Euro teures Jahresabo angemeldet“, erinnert er sich an den Wonnemonat Mai des Jahres 2018. Beeindruckt hatte den 32-jährigen Ingenieur aus der Pfingstweide vor allem die Vorstellung, „den idealen Partner“ zu finden. „Anfangs muss der Kunde einen ziemlich umfangreichen Fragebogen ausfüllen“, berichtet Schmitt, dass das Unternehmen private Gewohnheiten detailliert abfragt. Aufgrund dieser Datenbasis ermittelt ein Algorithmus dann eine Person, mit deren Angaben man selbst eine relativ hohe Überschneidung hat.

75 Prozent des Jahresabo-Preises trotz fristgerechter Kündigung

Die von Parship präsentierten Angebote hatten dem Ingenieur dennoch „nicht gefallen“. Deshalb kündigte er fristgerecht sein Abo. Die böse Überraschung: „Parship hat mir dann für die gegebene Leistung 432 Euro in Rechnung gestellt und von meiner Kreditkarte gebucht.“ Bis zu 75 Prozent des Jahresabo-Preises fordert Parship, auch wenn die Kündigung innerhalb der zweiwöchigen Widerrufsfrist erfolgt. Ähnlich läuft es nach Angaben der Stiftung Warentest auch bei anderen Singlebörsen wie „Elitepartner“. Zwar habe in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zum Thema Widerruf gestanden, dass Parship eine „angemessene Erstattung der Leistung“ fordern könne. „432 Euro für 14 Tage halte ich aber für unangemessen“, schimpft Schmitt, der sich schließlich einen Anwalt nahm. „Ich musste klagen.“ „Wertersatz“ lautet das juristische Zauberwort, das einem Online-Dienstleister die „angemessene Erstattung der Leistung“ gesetzlich garantiert, auch wenn der Kunde vorher aus einem Vertragsverhältnis aussteigt. Aber sind 75 Prozent des Jahresabo-Preises für weniger als 14 Tage Service-Leistung „angemessen“? Was sagt Parship dazu?

Wer Kontakt aufnimmt, zahlt Wertersatz

Nicht die Nutzungszeit, sondern die in dieser Zeit vermittelten Kontakte sind in der Logik der Firma Grundlage zur Berechnung des Forderung: „Wenn ein Kunde innerhalb der Widerrufsfrist Kontakt zu anderen Parship-Mitgliedern knüpft und sich dann entschließt, den Vertrag zu widerrufen, berechnen wir für diese Kontakte Wertersatz“, schreibt Parship-Managerin Jana Bogatz in einer Stellungnahme. Wer Premium-Mitglied wird, bekommt laut Bogatz von Parship eine Mindestanzahl an Kontakten garantiert. „Wir stellen sicher, dass jeder vorgeschlagene Kontakt im Hinblick auf seine partnerschaftsrelevanten Merkmale besonders gut zum jeweiligen Mitglied passt – also beste Chancen auf die große Liebe bestehen“, so Bogatz. Und weiter: „Das ist der Grund, weshalb wir für bereits entstandene Kontakte Wertersatz berechnen.“ Wenn ein Mitglied bis zum Widerruf keinen Kontakt knüpfe, „fordern wir natürlich keinen Wertersatz und erstatten den kompletten Preis für die Premium-Mitgliedschaft“, sagt sie. Ein laufzeitbezogener Wertersatz, wie ihn die Verbraucherzentrale Hamburg fordert, widerspreche nicht nur dem Geschäftsmodell von Parship, „sondern untergräbt auch das Vertrauen aller Mitglieder, die auf der Suche nach einer stabilen Beziehung und einem ernsthaften, langfristigen Austausch sind“, argumentiert die Parship-Managerin. Bestätigt sieht sie sich durch ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) vom 2. März 2017, das „zugunsten von Parship“ ausgefallen sei. Das OLG hat laut Bogatz „deutlich gemacht, dass es die von der Verbraucherschutzzentrale Hamburg geforderte laufzeitabhängige Berechnung des Wertersatzes für nicht richtig hält“.

Stiftung Warentest gibt Verbrauchern Rechtstipps

Die Stiftung Warentest hingegen bewertet das OLG-Urteil anders. So dürfe Parship zwar Verbraucher mit seiner Rechtsauffassung zum Wertersatz konfrontieren. „Keineswegs“ hätten die OLG-Richter damit aber geurteilt, dass Parship von Verbrauchern den hohen Wertersatz fordern darf. Im Gegenteil. In dem Urteil würden die OLG-Richter Parship deutlich kritisieren. Die Rechtsprechung des OLG Hamburg müsse verärgerte Kunden beim Klagen gegen „Parship“ oder „Elitepartner“ auf Erstattung des einbehaltenen Wertersatzes aber ohnehin nicht interessieren, schreibt Stiftung Warentest. Für Zahlungsklagen sei nämlich das Amtsgericht Hamburg zuständig. „Und das hat in der Vergangenheit ganz überwiegend zugunsten der Verbraucher entschieden“, erklärt die Stiftung Warentest auf ihrer Homepage. Im Internet gibt Stiftung Warentest konkrete Anleitungen, wie sich Verbraucher juristisch zur Wehr setzen können und listet auch Anwälte auf, die „Verbrauchern im Streit mit Parship oder Elitepartner bereits erfolgreich helfen konnten“.

Geld zurück - aber immer noch Single

„Etliche Beratungen zum Thema“ führt auch die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, bestätigt Referentin Julia Gerhards. „Die Frage des Wertersatzes bei Parship ist ein bekanntes Ärgernis“, sagt sie und verweist auf eine Liste von Urteilen. Kevin Schmitt hatte Glück – beziehungsweise den richtigen Anwalt. Ein darauf spezialisierter Jurist von Stiftung Warentest, der eigenen Angaben zufolge schon rund 300 ähnlich gelagerte Rechtsfälle durchgefochten hat, beschaffte dem Ludwigshafener sein Geld wieder. Single ist Schmitt aber immer noch. *Name von der Redaktion geändert

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