Rheinpfalz Seniorinnen um Vermögen gebracht

«Heidelberg.» Mehrere Seniorinnen sind auf falsche Polizisten hereingefallen. 13 Frauen aus Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Bayern wurden Opfer dieser Masche. Die Jugendkammer Heidelberg hat einen der Täter gestern zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt.

Der 21-jährige Türke arbeitete früher in einem Altersheim und gab vor Gericht an, alte Menschen zu lieben. Dennoch habe der Angeklagte zahlreiche Senioren „abgezockt“, so die Vorsitzende Richterin. Die Opfer hatten dem vermeintlichen Polizisten Geld und Schmuck „anvertraut“ in dem irrigen Glauben, dieser werde ihr Eigentum vor Einbrechern in Sicherheit bringen. Und später wieder zurückgeben. Was natürlich nicht geschehen ist. „Das Geld ist weg“, sagte die Vorsitzende. Darunter auch 15.000 Euro, die eine 78-Jährige aus Pfungstadt für ihre eigene Beerdigung zurückgelegt hatte. Auch den Schmuck werden die Opfer wohl nie wiedersehen. Darunter sind viele Erb- und Erinnerungsstücke, die an Hehler vertickt wurden. Der materielle Schaden beläuft sich auf mindestens 125.000 Euro. Weitaus schlimmer sind jedoch die psychischen Folgen für die Opfer. Eine Frau aus Heddesheim berichtete von Todesängsten in jener Nacht. Noch immer fürchte sie einen Einbruch und traue sich nicht aus dem Haus, so die Richterin. Es fühle sich an, als habe man ein Stück aus ihr herausgerissen, erzählte eine andere Frau vor Gericht. Die 64-Jährige aus dem Odenwald wurde um ihren Schmuck im Wert von rund 30.000 Euro gebracht. Außerdem hob der Angeklagte 2000 Euro mit ihrer EC-Karte ab. Eine 81-Jährige aus Bad Mergentheim wurde um rund 26.000 Euro geschädigt. Das älteste Opfer aus der Pfalz ist 83 Jahre alt und offenbar sehr dement. Der 21-jährige Verurteilte war Mitglied einer Betrügerbande, die von der Türkei aus operierte. Die Taten seien von dort aus gesteuert worden, sagte die Vorsitzende. Nachts seien gezielt ältere Damen angerufen und zum Teil aus dem Schlaf gerissen worden. Ausgesucht wurden sie wegen ihres altertümlichen Vornamens. Vermeintliche Polizisten behaupteten am Telefon, ein Einbruch stehe bevor. Man habe bei verhafteten Komplizen Zettel mit den Adressen der Frauen gefunden. Die Anrufer, sogenannte Keiler, haben die Opfer offenbar unter Druck gesetzt. Damit die Seniorinnen nicht die „richtige Polizei“ anriefen, sollten sie nicht auflegen. Ein Beamter werde vorbeikommen, um Geld und Wertsachen vorübergehend zu verwahren. In einem Fall wandten die Täter eine andere Masche an: Sie behaupteten, das Ersparte sei bei der Bank nicht sicher. Eine 74-Jährige hob daraufhin Geld ab und legte einen Umschlag mit 14.000 Euro vor ihre Wohnung, den der Angeklagte mitnahm. Der junge Mann hat als sogenannter Läufer wohl einen wesentlichen Tatbeitrag geleistet. Im Tatzeitraum von April bis Juli erbeutete die Bande Schmuck und Gold im Wert von etwa 65.000 Euro sowie 60.000 Euro Bargeld. Geschädigt wurden Frauen auch in Viernheim, Lampertheim, Worms, Miltenberg und Bad Windsheim. Von dem Geld behielt der Angeklagte zumeist 20 Prozent für sich und überwies den Rest an die Drahtzieher in der Türkei. Allein aus Baden-Württemberg sei 2018 auf diese Art ein zweistelliger Millionenbetrag in die Türkei geschafft worden, sagte die Richterin.

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