Ludwigshafen Sehnsucht nach Harmonie

Die Amerikanerin Fatima Farheen Mirza stellt ihren Roman „Worauf wir hoffen“ in der Buchhandlung Thalia auf den Mannheimer Plank
Die Amerikanerin Fatima Farheen Mirza stellt ihren Roman »Worauf wir hoffen« in der Buchhandlung Thalia auf den Mannheimer Planken vor.

An was für einem Ort möchten wir leben? Die Amerikanerin Fatima Farheen Mirza hat sich diese Frage gestellt und einen Roman geschrieben, in den ihre eigene Familiengeschichte als Tochter indisch-muslimischer Einwanderer eingegangen ist. In der Buchhandlung Thalia auf den Mannheimer Planken hat die junge Autorin ihr Buch „Worauf wir hoffen“ vorgestellt.

Drei Jahre nachdem er ausgerissen ist, begegnet Amar, jüngster Sohn einer indisch-muslimischen Familie, seinen Eltern und Geschwistern nur deshalb wieder, weil seine älteste Schwester ihn zu ihrer Hochzeit eingeladen hat. Ob die Familie diese Chance nutzt, wieder zusammenzufinden? Und wovor ist Amar eigentlichdavongelaufen? Ausgehend von dieser Eingangssituation, beschreibt die 28-jährige Autorin Fatima Farheen Mirza in ihrem Roman „Worauf wir hoffen“ das alltägliche Leben einer muslimischen Familie in den USA. Sie schreibt über Liebe und Familie, Glaube und Werte, Moral, Spiritualität und ihre Ablehnung, über Reue und Vergebung, über Feiertage und den Alltag. In der Thalia-Buchhandlung auf den Mannheimer Planken hat sie nun nicht nur davon erzählt, wie ihr Buch entstanden ist, sondern ihre Zuhörer auch ein wenig teilhaben lassen an ihrem Leben, das für Fatima Mirza gerade eine Menge Premieren bereithält. Erst einen Tag vor der Lesung ist Fatima Farheen Mirza in Frankfurt aus dem Flugzeug gestiegen. Die Lesung in Mannheim ist die erste Lesung der US-Amerikanerin in Deutschland. Zum ersten Mal erlebt sie hier in Mannheim, wie ein Schauspieler ihren Text in einer für sie fremden Sprache vorträgt. Also fühlt sie sich hinein in den Text, erspürt aufgrund des Vortrags die Textstellen, die Raphael Gehrmann liest. Dem Schauspieler vom Theater in Heidelberg gelingt es, die subtile Spannung, die dem Text innewohnt, so gut zu transportieren, dass Fatima Mirza genau weiß, an welcher Stelle des Buches er sich gerade befindet. Nach einem ersten Textvortrag fragt sie Moderator Manfred Loimeier, selbst Autor und Dozent, wieso sie ihren Roman unlängst in einem Interview als einen Liebesbrief an ihr Leben in der Zeit vor dem Roman bezeichnet hat. Fatima Mirza erklärt, dass natürlich eigene Erfahrungen in den Roman eingeflossen seien, auch, weil es eines ihrer Ziele gewesen sei, den muslimischen Familienalltag so realistisch wie möglich zu beschreiben. Mit Hadia hat sie deshalb eine junge Frau in den Mittelpunkt gestellt, die ihre Schwester sein könnte. Und sie hat ihr Eltern gegeben, die in den eigenen Traditionen und dem überlieferten Glauben fest verwurzelt sind. Mit Amar aber hat sie auch der Auflehnung eine Stimme gegeben. Denn während sich die Mädchen den Anordnungen des Vaters fügen, ist Amar derjenige, der aufbegehrt und immer wieder aneckt. Realistisch und zugleich einfühlsam beschreibt Fatima Farheen Mirza, wie es sich anfühlt, ständig zwischen zwei Stühlen zu sitzen; wie die Generation der Kinder die Elterngeneration vor Herausforderungen stellt; und dass sich das Anpassen an die Wünsche der Eltern auch wie ein Verrat an den eigenen Wünschen und Träumen anfühlen kann. Und zur Erklärung des englischen Originaltitels „A Place for Us“ erklärt sie, dass der Ort ihrer Träume kein physischer Ort sei, sondern ein Ort der Harmonie. So erzählt Fatima Mirza von ihrer acht Jahre dauernden Arbeit an dem Buch, von ihrem Wunsch, den muslimischen Alltag näherzubringen und eine Stimme zu erheben, die nicht von Ressentiments und Ablehnung geprägt ist. Und sie erzählt davon, dass an ihrem Traumort Menschen leben, die bereit sind, die Grenzen des ihnen Vertrauten auszudehnen, um sich ihrem Gegenüber anzunähern, weil es mehr als nur den einen Weg gibt, eine gute Tochter, ein guter Sohn zu sein. So fordert ihr Roman jedermann dazu auf, den Blickwinkel zu erweitern und das Herz zu weiten. Lesezeichen Fatima Farheen Mirza: „Worauf wir hoffen“. Aus dem Amerikanischen von Sabine Hübner. 480 Seiten, 24 Euro. München 2019.

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