Ludwigshafen Schunkeln im Schneegestöber

„Mannheim! Hier gibt es das schönste Publikum“, will André Rieu den Zuschauern mit schelmischem Grinsen weismachen und sorgt dam
»Mannheim! Hier gibt es das schönste Publikum«, will André Rieu den Zuschauern mit schelmischem Grinsen weismachen und sorgt damit für Erheiterung. Die Solisten sind eher für das Ernste und Emotionale zuständig.

„Egal, wo ich auf der Welt bin – nach jedem Konzert, kann ich nur an eine Sache denken: Mannheim! Hier gibt es das schönste Publikum“, erzählt André Rieu mit einem schelmischen Grinsen und erntet tosenden Applaus. „Seid ihr auch das musikalischste Publikum?“ „Jaaa!“ Aber als 69-Jährige wissen will, wer von den Anwesenden tatsächlich aus Mannheim kommt, melden sich kaum Leute. Der Niederländer wundert sich. „Und woher kommt der Rest?“ „Aus der Pfalz!“, tönt es. Das Schäkern mit den Leuten in der Arena beherrscht der Geigenspieler und Orchesterleiter perfekt: Wirkungsvoll zieht er dabei eine Augenbraue hoch, was in Nahaufnahme auf die große LED-Wand im Bühnenhintergrund projiziert wird. Dort werden auch die – teils zum Schreien komischen – Reaktionen der Zuhörer in Großformat gezeigt: zwei ältere Damen, die in enger Umarmung schunkeln. Leute mit Wurstbrötchen während der Pause. Wie der Refrain des italienischen Lieds „Volare“ aus 4000 Kehlen mitgesungen wird. Bei „An der blauen Donau“ von Johann Strauß verlassen unzählige Paare ihre Sitze, um in den Gängen Wiener Walzer zu tanzen. Über 14 Millionen verkaufte Tonträger, Konzerte rund um den Globus und allein 700.000 Konzertbesucher im vergangenen Jahr: Der niederländische Violinist, Orchesterleiter und Musikproduzent André Rieu gehört zu den Größen des klassischen Musikgenres. Und nun geht er also wieder auf Tournee, 90 Konzerte weltweit, davon 17 in deutschen Städten. Klassische Musik ist vielleicht nicht jedermanns Geschmack. Doch André Rieu präsentiert mit seinem Johann-Strauß-Orchester alles von Volksliedern über Oldies bis hin zu Pop-Balladen. Die Damen tragen opulente Ballroben im Barock-Stil, die Herren Frack und Fliege. Dazu kommen die vielen Überraschungseffekte: In einem Moment fallen Luftballons von der Decke, im anderen beginnt es zu schneien, allerdings nur Kunstschnee auf den mittleren Zuschauerblock, der am Schluss voll bedeckt ist – sehr zum Amüsement des restlichen „schneefreien“ Publikums. Bei aller Ausgelassenheit erzeugen vor allem die Solisten eine ernste und emotionale Stimmung, etwa mit ihrer Interpretation der Pop-Lieder „You Raise Me Up“ und „Halleluja“. Ein professioneller Glockenspieler gibt seine Künste zum Besten, es tritt das russische Trio „St. Petersburg“ auf, und es werden Stücke mit Akkordeon oder der Panflöte gespielt. Im Finale intoniert das gesamte Orchester plus Solisten schließlich „Alle Menschen werden Brüder“ von Ludwig van Beethoven. „In der Welt geht es viel um Grenzen. Doch die Musik wird niemals Grenzen kennen. Sie bringt Menschen zusammen“, sagt André Rieu zum Publikum, das ihm lautstark zustimmt. Und weil die Zuschauer gar nicht genug bekommen, gibt es eine 30-minütige Zugabe, bei der nicht nur der sprichwörtliche Bär im Publikum, sondern tatsächlich auch die Pianistin auf dem Flügel steppt.

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