Ludwigshafen Schön destruktiv

Bühne in Pink: Die Band Bilderbuch in Mannheim.
Bühne in Pink: Die Band Bilderbuch in Mannheim.

Die österreichische Band Bilderbuch machte aus der ausverkauften Alten Feuerwache in Mannheim mit experimentellen Extravaganzen und viel Non-Konformismus eine Indie-Disco. Das Konzert wurde ein Live-Spektakel mit Tendenzen zum Gesamtkunstwerks, auf jeden Fall eine herrlich schräge und verschrobene Angelegenheit.

Licht aus, kreisch. So beginnen alle Konzerte. In Mannheim traf dann ein komplett in Pink getauchtes Set auf ein exzessives Percussions-Intro, das wie audiovisuelles LSD daher kam. Das Besondere an Bilderbuch ist die Ästhetik des Artwork, der ureigene Bilderbuch-Kosmos, der sogleich Gefühle evoziert und das Publikum in Bann zu schlagen scheint. Mit treibenden Drums und wabernden Gitarrenriffs ist das Quartett um den Sänger Maurice Ernst irgendwo zwischen Punk, Rock und Pop anzusiedeln. 2005 startete Ernst mit drei weiteren Klostergymnasiasten das kühne Projekt. Aus der Vertonung von Märchen, woraus sich auch der Bandname begründen soll, wurde ein Internet-Hype. Inzwischen haben die Niederösterreicher vier Alben und die EP „Feinste Seide“ vorzuweisen. 2013, nach zwei Alben, legte die Band eine Komplettverwandlung hin. Als der RnB-Schlagzeuger Philipp Scheibl in die Band eintritt, brachte er eine Portion Lässigkeit mit. Der Sound verdichtete sich, es schien, als wären mehrere Tonspuren übereinander, deren Facetten beim erstmaligen Hören kaum greifbar sind. Bei „Bungalow“ konnte man sich fragen, ob da nicht Irish Folk durchblitzte. Mit „Magic Life“ (2016) lieferten sie ein Soundbild aus Art, Punk, Progressiv Rock und HipHop, eine Musik, die trashig war, sperrig und mutwillig destruktiver als bisher. Dies war in Mannheim unüberhörbar bei Stücken wie „Superfunkypartytime“ oder „Sneakers4free“, denen der Fluss fehlt und deren Klangbild in viele Einzelteile auseinanderfällt. Die 18 Songs des Abends setzten sich gleichermaßen aus den Alben „Schick Schock“ und „Magic Life“ zusammen, wobei die Songs „Spliff“, „Maschin“ oder „OM“ vom Publikum am meisten gefeiert wurden. Mit „Mister Refrigerator“ und „Megaplex“ ließen die Jungs zwei neue Songs vom Stapel, die sich schwer nach der Fortsetzung des experimentellen Stils des letzten Albums anhören. Und mit „Sweetlove“ verirrte sich sogar eine Ballade in die rasanten Up-Tempo-Fahrten. Als das Publikum die Handys aufleuchten ließ, schlich sich ein Hauch Romantik in die streng artifizielle Atmosphäre. Doch bei Bilderbuch kommt selbst ein Liebeslied als digitaler Gitarrensong daher.

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