Rheinpfalz Schlange stehen für 180 Sekunden Spannung

Nur wenige Besucher lassen an der Kleidung erkennen, wem sie die Daumen drücken. Aber beim 1:0 für Bayern kommen viele aus der D
Nur wenige Besucher lassen an der Kleidung erkennen, wem sie die Daumen drücken. Aber beim 1:0 für Bayern kommen viele aus der Deckung.

«Mannheim.» Endlich wieder ein spannendes Finale in der Fußball-Bundesliga. Am letzten Spieltag ist offen, wer Meister wird. Bayern München oder Borussia Dortmund? In der Mannheimer Sportsbar Whistle haben sich 180 Menschen zusammengefunden, um den Titelendspurt live mitzuerleben.

Auf den 20 Bildschirmen im Whistle läuft – Sport, was sonst. Das schwarz-weiß gekleidete Personal verrichtet am Samstagnachmittag Schwerstarbeit. Softdrinks und Biere stehen auf der Theke und wollen serviert werden. Das Publikum ist gemischt, die Frauenquote scheint erfüllt. An der Bar wird es eng, ein Platz für den Bruder, der noch kommt, wird verteidigt. „Keine Panik auf der Titanic“, sagt einer der jungen starken Männer vom Service und stellt einen zusätzlichen Barhocker auf. Nieselregen in Freiburg zeigt der Bezahlsender Sky, wegen dessen Konferenzschaltung die Fußballfans gekommen sind. Zu viele, denn drinnen sind alle Plätze besetzt und an der Eingangstür hat sich eine Schlange gebildet. „Wir mussten heute sicher schon 150 Leute wegschicken“, berichtet Restaurantleiterin Franziska Krack. Sie ist Fan von Eintracht Frankfurt, die bei den Münchner Bayern antreten muss und noch um einen Platz in der Europa League bangt. „Mir wär’s lieber gewesen, der Titelkampf wäre schon am vorletzten Spieltag entschieden gewesen. Dann hätten die Bayern der Eintracht den Sieg heute schenken können“, sagt sie. Aber Geschenke gibt`s im Profifußball nicht. Im Freiburger Schwarzwaldstadion beginnt seltsamerweise die Konferenzschaltung und nicht in der Münchner Allianz Arena und auch nicht im Borussia-Park in Mönchengladbach, wo die Dortmunder unbedingt gewinnen müssen, um ihre Titelchance zu wahren. Nach 1:59 Minuten Spielzeit wechselt die Schalte aber zu den beiden Borussias. Als dem Dortmunder Marco Reus im Vorwärtsgang ein Fehlpass unterläuft, geht ein Raunen durch den Raum. Wer wem die Daumen drückt, ist an der Kleidung nicht zu erkennen, denn nur ganz wenige tragen Fankleidung. Als es auf einmal heißt „Tor in München“, gehen die Bayernanhänger aber wenigstens akustisch aus der Deckung. „Jaaaa“, schreit einer auf, nachdem Kingsley Coman in der vierten Spielminute die Münchner mit 1:0 in Führung gebracht hat. Da den Bayern ein Unentschieden zur Titelverteidigung reicht, ist die Luft erst mal raus aus dem Titelrennen. Als es später heißt „Tor in Berlin“, herrscht gespenstische Stille. Auch der Ausruf „Tor in Wolfsburg“ weckt keine Emotionen. Ganz anders ist das, als der Satz „Tor in München“ erklingt. Serge Gnabry hat das 2:0 erzielt. Oder doch nicht? Alle im Whistle, die geklatscht und gejubelt haben, sinken enttäuscht in ihre Sessel zurück, als der Schiedsrichter nach Videostudium den Treffer zurücknimmt. Etwas mehr als eine Viertelstunde später machen sich die Dortmundfans bemerkbar, als Sancho das 1:0 erzielt. Aber auch sie müssen bangen, denn Reus’ Hereingabe könnte im Aus gewesen sein. Aber der Treffer zählt – wenn auch für manche Dortmundfans überraschend. Ein Bayernanhänger quittiert die Entscheidung mit Kopfschütteln und sitzt mit offenem Mund da, als Frankfurts Sebastien Haller den Ausgleich erzielt. Nur drei Minuten später jubelt er wieder – 2:1 für die Bayern durch David Alaba. Nur 180 Sekunden lang war der Titelkampf wirklich spannend. Als Renato Sanches nach 58 Minuten auf 3:1 erhöht, lassen die Borussiafans die Köpfe hängen. Dass Reus zwischenzeitlich auf 2:0 erhöht hat, interessiert nicht mehr. Hoffenheim-Fans gibt es übrigens nicht viele im Whistle. Als der FSV Mainz 05 nach 0:2-Rückstand noch zurückkommt, mit 4:2 gegen die TSG gewinnt und damit Eintracht Frankfurt doch noch in die Europa League schießt, jubeln alle im Raum. Am Ende gewinnt der FC Bayern München 5:1 und wird wieder einmal deutscher Meister. Dem BVB bleibt trotz des 2:0-Sieges nur Platz zwei. Beifall für beide im Whistle, wo der Mannheimer Bayernfan Mark Riemensberger auf seine Kosten gekommen ist: „So war`s gut. Beide haben stark gespielt. Schön, dass Ribery und Robben in ihrem letzten Spiel in München noch getroffen haben.“

Das Interesse am letzten Bundesligatag war riesig.
Das Interesse am letzten Bundesligatag war riesig.
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