Ludwigshafen Schiller als Mannschaftssport

Bunt und spannend verspricht Claudia Bauers „Maria Stuart“-Inszenierung am Nationaltheater zu werden – und „knackig“: Sie soll h
Bunt und spannend verspricht Claudia Bauers »Maria Stuart«-Inszenierung am Nationaltheater zu werden – und »knackig«: Sie soll höchstens zwei Stunden dauern.

Lili ist immer dabei. Der acht Jahre alte Pinscher-Chihuahua-Mix kommt gerade mit Frauchen von der Probe und liegt desinteressiert beim Kantinen-Interview unterm Tisch. Auf die Schauspieler wirke Lili beruhigend, meint Claudia Bauer. Und wenn es dem Hundchen bei den Proben zu langweilig werde, apportiere sie demonstrativ ihr Gummitier. Ein sicheres Zeichen, dass das Geschehen auf der Bühne mehr Spannung brauche. Vermutlich muss Lili eher selten eingreifen, Bauers Regiearbeiten zeichnen sich durchaus durch Spannung und Aktion aus. Am Nationaltheater konnte man 2015 ihren „Tartuffe“ erleben, in dem sie Molières heuchlerischen Moralapostel auf eine sinnentleerte Bürgerwelt losließ, dabei schrilles Outfit und viel Slapstick zum Einsatz brachte. Das Gastspiel des damals wegen Sanierungsarbeiten obdachlosen Stuttgarter Schauspiels wurde zum glanzvollen Saisonhöhepunkt. Nun ist die 53-Jährige nach Mannheim zurückgekehrt und inszeniert im Auftrag des Nationaltheaters Schillers „Maria Stuart“. „Das wird ein knackiger Abend“, verspricht die Regisseurin, nicht länger als zwei Stunden soll es dauern. Werktreue Ausführlichkeit strebt sie nicht an. „Ich möchte diesen Politthriller so erzählen, dass man versteht, dass hier alles auf Messers Schneide steht.“ Es geht ums Kräftemessen zweier Parteien: Eine ist bereit, für Amt und Position alles zu opfern, auch das Privatleben. Die andere will ihre Leidenschaften ausleben, lässt sich von Hass und Liebe leiten. Das mit den Parteien meint Bauer wörtlich. Nicht eine Elisabeth und eine Maria werden auf der Bühne stehen, sondern jeweils bis zu vier. Elisabeth, Königin von England, und Maria Stuart, Schottlands vertriebene Monarchin, die nach der Ermordung ihres Gatten Zuflucht bei ihrer Verwandten sucht und von ihr zum Tode verurteilt wird, sind für Claudia Bauer „Ikonen, die ins Übermenschliche gewachsen sind“. Zwei Personen seien viel zu wenig, um sie darzustellen. Vier Männern und vier Frauen treten in zwei Mannschaften gegeneinander an. Dabei geht es gendermäßig durcheinander. „Geschlecht ist eine Behauptung“, sagt Bauer, die schon mehrfach „gegengeschlechtlich“ besetzt hat, weil auf der Bühne „Geschlechterklischees besonders leicht gebrochen werden können“. Als Beitrag zur Genderdebatte möchte die Regisseurin dies nicht unbedingt verstanden wissen. Die Einführung einer Frauenquote beim Berliner Theatertreffen, bei dem sie zweimal vertreten war, sieht sie kritisch. Schillers Drama dekonstruieren will sie auch nicht. „Schiller ist ein Storyteller, der uns das Räderwerk des dramatischen Geschehens zeigen will.“ Das möchte Bauer auch: „Die Geschichte wird erzählt, auf ungewöhnliche Weise, aber sie wird erzählt.“ Für Tagespolitik ist kein Platz, Merkel-Zitate wird es nicht geben. Geboren in Landshut, hat sie 1991 in Berlin an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ ein Regiestudium begonnen. „Das war der erste Studiengang mit Wessis, genau paritätisch besetzt: vier Ossis, vier Wessis, vier Männer, vier Frauen. Das gab’s nie wieder.“ In einer besetzten Wohnung im Ostteil der Stadt hat sie gewohnt. „Ostberlin war nicht cool, dafür kommunikativer, mit dieser Hassliebe aufs eigene Land.“ Auch dass es auf den Bühnen im Osten politischer zuging, gefiel ihr. Die „Deftigkeit, Direktheit“ der Menschen erinnerte sie an ihre bayerische Heimat. Ihre erste Regie nach dem Studium machte sie dann auch im Osten, in Cottbus. Es folgte Aachen ganz weit im Westen. So ging es bis heute weiter im steten Wechsel von Ost und West, von Bühnen in der Provinz und in den Metropolen. In Mannheim wird sie in der kommenden Spielzeit „Krankheit oder moderne Frauen“ von Elfriede Jelinek inszenieren. Termin Die Premiere von „Maria Stuart“ ist morgen um 18 Uhr im Schauspielhaus, weitere Vorstellungen sind am 26. und 30. Juni, 19.30 Uhr. Kartentelefon: 0621/1680-150.

Claudia Bauer, die Regisseurin.
Claudia Bauer, die Regisseurin.
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