Ludwigshafen Schicksal der Flüchtlinge

Ließ Migranten zu Wort kommen: Monika-Margret Steger.
Ließ Migranten zu Wort kommen: Monika-Margret Steger.

Begleitend zur Ausstellung „Kinder im Exil“ im Ludwigshafener Ernst-Bloch-Zentrum hat Monika-Margret Steger die szenische Lesung „I can hear your heartbeat“ gegeben. In einer berührenden Vorstellung zog die Mannheimer Schauspielerin Parallelen zwischen Migrantenschicksalen einst und heute.

„Die Montreal soll untergegangen sein.“ So beginnt Anna Seghers’ Roman „Transit“ über die Flucht aus dem von Nazi-Deutschland besetzten Frankreich im Jahr 1940, und so begann auch Monika-Margret Steger ihre Lesung. Selbstverständlich ließ der Satz über das Gerücht von einem Schiffsuntergang an den massenhaften Tod von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer heutzutage denken. Und selbstverständlich war diese Assoziation beabsichtigt, denn gleich darauf stellte die Schauspielerin, begleitet von einem zwischen Wut und Schmerz changierenden Schrei, fest, wie sich die Situationen im Laufe der Jahrhunderte doch gleichen. So ließ sie die Kinder von Künstlern und Intellektuellen, die auch in der Ausstellung vertreten sind, mit ihren Erinnerungen zu Wort kommen: Anna Seghers’ Sohn Pierre Radvanyi, George Wyland-Herzfelde mit seiner Autobiografie „Glück gehabt“ und Judith Kerr mit ihrem Buch „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“. Steger stellte aber auch recht überraschende Parallelen her. Etwa wenn sie Benjamin Franklin zitierte, der sich 1753 herablassend und aggressiv über deutsche Einwanderer in die englische Kronkolonie äußerte. „Die dümmsten ihrer Nation“ kämen in Scharen über den Ozean. Und besorgt meinte einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten, „die pfälzischen Bauerntrampel“ könnten „in kürzester Zeit so zahlreich werden, dass sie uns germanisieren, anstatt dass wir sie anglisieren“. Steger vergaß auch nicht, an den Grundgesetzartikel zu erinnern, den die Gründerväter der Bundesrepublik nach den Erfahrungen der Nazizeit in die Verfassung geschrieben haben: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Dem stellte sie Fälle aus der Mannheimer Abschiebehaft gegenüber, etwa den eines ehemaligen Kindersoldaten aus Sierra Leone, der einen Therapieplatz für Traumatisierte schon in der Tasche hatte, als er ausgewiesen wurde. Liebhaber von Statistiken kamen bei der Lesung ebenfalls auf ihre Kosten. Seit 2006 hat sich die Zahl der Flüchtlinge vor Krieg, Hunger und Menschenrechtsverletzungen verdreifacht, die Hälfte Kinder. Hauptaufnahmeländer sind die Türkei mit fast drei Millionen Flüchtlingen, gefolgt von Pakistan und dem Libanon, selbst keine reichen Nationen. Bei dem Gassenhauer „Irgendwo auf der Welt gibt’s ein kleines bisschen Glück“ und weiteren Liedern wurde Steger von der Gitarristin Christiane Schmied begleitet. Am Ende ihrer unter die Haut gehenden Vorstellung erinnerte die Schauspielerin daran, dass die Menschenrechte an keiner Grenze der Welt enden.

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