Ludwigshafen Nicht so nett

Erbarmungslos sarkastisch: Gerd Knebel in Mannheim.
Erbarmungslos sarkastisch: Gerd Knebel in Mannheim.

Wie ein Rockmusiker fragt er eingangs sein Publikum: „Seid ihr gut druff?“ Als es freudig bejaht, meint er: „Des krieg’ ich weg!“ Gerd Knebel, die glatzköpfige Hälfte des hessischen Comedy-Duos Badesalz, ist auf Solo-Tournee unterwegs. Der sarkastische Humorist gastierte mit seinem neuen Programm „Weggugge“ im Mannheimer Capitol.

„Es gibt zwei bei Badesalz“, erklärte er gleich mal all jenen, die vielleicht nicht ganz so vertraut sind mit der Materie. „Da gibt es einen, der hat Haare. Der ist nett“, charakterisiert er den Kollegen Henni Nachtsheim. „Und es gibt den, der keine Haare hat. Der ist nicht so nett. Und das bin ich.“ „Nicht so nett“ ist noch untertrieben. Gerd Knebel stellt mit Vorliebe die bösen Buben dar. Political Correctness lässt er nicht gelten und auch keine Zurückhaltung walten, wenn er Kriminelle und Gewalttäter oder, in seinen Worten, „Drecksäcke“ spielt. Im Gegenteil, er setzt immer noch eins und oben noch eins drauf, um die Problematik eindringlich kenntlich zu machen und die Figuren, die er da verkörpert, karikierend der Lächerlichkeit preiszugeben. Die liebende Mutter des norwegischen Attentäters Anders Breivik bringt er auf diese Weise auf die Bühne, den Milizenführer Ignace Murwanashyaka, der von Mannheim aus eine brutale Rebellentruppe im Kongo steuerte, oder Frauenärzte („Vagina-Knipser“), die heimlich Fotos ihrer entblößten Patientinnen schießen. Übergriffige Personen, die andere unterdrücken, „Faschos“, wie er sagt, oder diejenigen, die geflissentlich weggucken, um nicht mit Leid und Elend konfrontiert zu werden, findet Knebel überall: in der großen Politik genauso wie im Kino oder an der Supermarktkasse. „Meine Fresse, der Knebel muss mir immer Angst machen!“ nimmt der Comedian eine mögliche Reaktion der Zuschauer vorweg, zeigt aber keine Gnade. Wer sich an einer heilen Welt ergötzen möchte, soll doch zu den Amigos gehen, findet Knebel und traktiert sein Publikum sogleich erbarmungslos mit ein paar Takten der unfassbar biederen, aber erfolgsverwöhnten Schlagerbrüder, die wie er aus Hessen stammen. „Schweigen ist Gold, aber Babbeln macht Spaß“, besage ein hessisches Sprichwort, verkündet Knebel und eilt entsprechend rast- und ruhelos durch eine Vielzahl von Themen, die er mal platt, mal clever, manchmal zynisch, oftmals sarkastisch, immer aber mit deftiger Direktheit anspricht. Er babbelt wie der redensartliche Wasserfall, scheint keinen Punkt und kein Komma zu kennen und schlüpft in hohem, gelegentlich auch zu hohem Tempo in die unterschiedlichsten Rollen. Sobald er gleich zwei Dialogpartner auf einmal verkörpert, blitzschnell von einer Figur in die andere springt und sich dazu flink hin und her wendet wie ein Zuschauer beim Tennis, wähnt man sich als Zuschauer fast beim Duo Badesalz. Zur eifrig geforderten Zugabe bringt er eine Gitarre mit auf die Bühne und schrubbt eine aberwitzig hart angeschlagene Version von „Gimme Some Lovin`“ von der Spencer Davis Group. Er schließt mit „Gérard Depardieu“, einem parodistischen Liebeslied, in dem eine gewöhnliche Frau besonders attraktiven französischen Berühmtheiten gegenübergestellt wird, bis es heißt: „Du hast auch nichts von Mireille Mathieu / Nein, du bist wie Gérard Depardieu / Deshalb sag’ ich dir auch jetzt Adieu!“

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