Ludwigshafen Monatelange Ermittlungen zu erwarten

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Nach dem versuchten Nagelbombenanschlag eines Zwölfjährigen auf den Ludwigshafener Weihnachtsmarkt dauert die Suche nach Hintermännern an. Die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe rechnet damit, dass sich die Ermittlungen noch einige Monate hinziehen werden.

„Wir sind an der Sache dran und versuchen sehr intensiv, die Hintergründe aufzuklären“, sagte Staatsanwalt Stefan Biehl gestern der RHEINPFALZ. Nähere Details wollte er aus „ermittlungstaktischen Gründen“ nicht mitteilen. Doch klar ist, dass die auf Terrorbekämpfung spezialisierten Beamten derzeit Hinweisen nachgehen, wonach der zwölfjährige Deutsch-Iraker über das Internet radikalisiert wurde. Das Kind soll einschlägige islamistische Seiten im Netz besucht haben, wie aus Polizei- und Justizkreisen zu hören ist. Der Junge, der 2004 in Ludwigshafen geboren wurde, soll ferner Kontakte zum radikalen Milieu über den bei Jugendlichen beliebten elektronischen Mitteilungsdienst Telegram gehabt haben. Die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe wollte sich wegen der laufenden Ermittlungen dazu vorerst nicht äußern. Staatsanwalt Biehl räumte aber ein, dass bei vielen Verfahren gegen Islamisten Messengerdienste und soziale Netzwerke eine Rolle spielten. Die Bundesanwaltschaft habe in diesem Bereich mittlerweile einige Erfahrung. Die Chancen stünden recht gut, Verdächtige im Internet zu identifizieren. Das gelte auch für den Ludwigshafener Fall. „Wir schauen uns das genauer an“, meinte der Staatsanwalt. Die Ermittlungen könnten einige Monate dauern. Gegen den Zwölfjährigen selbst wird aufgrund seines Alters nicht ermittelt, denn Jugendliche sind erst ab 14 Jahren strafmündig. Das Jugendamt Ludwigshafen hat die Vormundschaft über den Jungen übernommen. Seine Eltern, die nach dem Golfkrieg aus dem Irak geflohen waren, haben ihn nach Polizeiangaben freiwillig in die Obhut der Behörde übergeben. Der Junge befindet sich seit Dezember in einer geschlossenen Einrichtung. „Daran hat sich nichts geändert. Von ihm geht keine Gefahr mehr aus“, sagte eine Sprecherin der Stadt. Der Junge soll nach RHEINPFALZ-Informationen allein gehandelt haben, als er im November ein Konservenglas mit Pulver aus Feuerwerkskörpern und Wunderkerzen füllte sowie mit einem Klebeband Nägel an dem Behältnis befestigte. Nach Ermittlungen des Landeskriminalamts war das Pulvergemisch brennbar, hätte aber keine Explosion herbeigeführt. Laut einem Hinweisgeber soll der Junge versucht haben, den selbstgebastelten Sprengsatz Ende November auf dem Ludwigshafener Weihnachtsmarkt hochgehen zu lassen. Nach dem missglückten Anschlag soll er das Glas in einer Tasche neben einem Abfallcontainer im Warenhof des Rathaus-Centers versteckt haben. Dort wurde es von der Polizei am 5. Dezember sichergestellt. Der Fall hat aufgrund des Alters des Kindes bundesweit für Aufsehen gesorgt. Und auch Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU) thematisierte ihn bei ihrer Neujahrsrede am Mittwoch. Mit dem Anschlagsversuch eines Kindes sei „die Bedrohung durch den islamistisch motivierten Terror auch in unserer Stadt erschreckend real geworden.“

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